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RECHT/123: Fehmarnbeltquerung - BUND legt EU-Beschwerde ein (BUND SH)


BUND Landesverband Schleswig-Holstein e.V. - Kiel / Berlin, 25. Mai 2009

Fehmarnbeltquerung: BUND legt EU-Beschwerde ein


Wegen "gravierender Verletzung des europäischen Naturschutzrechtes und weiterer Verfahrensmängel" hat der BUND Landesverband Schleswig-Holstein, unterstützt durch den BUND-Bundesverband, vor der für den 28. Mai angesetzten Beschlussfassung des Deutschen Bundestages zum Ratifizierungsgesetz für den Staatsvertrag über die Feste Fehmarnbeltquerung Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingereicht.

So bemängelt der BUND, dass für den Staatsvertrag keine Strategische Umweltprüfung (SUP) durchgeführt wurde. Dabei wurde das Instrument der SUP eigens geschaffen, damit auch Grundsatzentscheidungen, die den eigentlichen Projektgenehmigungen vorangehen, unter förmlicher Beteiligung der Öffentlichkeit auf ihre Umweltverträglichkeit hin untersucht werden. Dies gilt insbesondere für grenzüberschreitende Vorhaben. Der BUND macht weiterhin Verstöße gegen drei wichtige Umweltrichtlinien (Vogelschutz, Habitatschutz, Meeresschutz) geltend.

"Der BUND hat im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens bei allen zuständigen Stellen auf die Notwendigkeit einer Strategischen Umweltprüfung hingewiesen und diese eingefordert!" betont die schleswig-holsteinische BUND-Landesvorsitzende Sybille Macht-Baumgarten. "Obwohl das Vorhaben Umweltprobleme ersten Ranges aufwirft, sind wir bei Politik und Behörden nur auf taube Ohren gestoßen. Jetzt muss die EU dem Naturschutz zu seiner Berücksichtigung verhelfen."

Die Naturschutzbelange seien bei der Planung im Hinblick auf die Größenordnung und zu erwartenden Auswirkungen des Projektes völlig unzureichend gewürdigt worden. Der Fehmarnbelt ist fachlich unbestritten als die "Vogelfluglinie" von Millionen von Vögeln für den internationalen Vogelzug von europäischer Spitzenbedeutung, sogar globaler Bedeutung. Der von den Vertragsparteien favorisierte Bau einer Brücke würde hier irreversible Schäden verursachen. Daneben würden der notwendige Wasseraustausch gestört und wichtige Fischgründe beeinträchtigt. Auch im Hinterland seien mehrfach sogenannte prioritäre Lebensräume, also Lebensräume mit dem höchsten rechtlichen Schutz nach europäischem Naturschutzrecht betroffen: Zumindest wäre eine Stellungnahme der Europäischen Kommission zum Staatsvertrag einzuholen gewesen.

Für die juristische Abfassung der Beschwerde hat der BUND sich mit dem Pinneberger Anwalt Dr. Wilhelm Mecklenburg anwaltlichen Beistands bedient. Dieser legt in dem Beschwerdeschreiben an die Kommission weiterhin dar, dass die Planung des Staatsvertrages jedenfalls auf deutscher Seite mit der vielfach beschworenen Planung der Transeuropäischen Netze (TEN) praktisch nichts zu tun habe. Das europäische TEN-Vorhaben Nr. 20 sei ausdrücklich als "Eisenbahnachse Fehmarnbelt" benannt und sei vor allem auch genau das, was der Name sage, nämlich ein Eisenbahnvorhaben. Die Anbindungen in Deutschland seien dort als zweigleisige Hochgeschwindigkeitstrassen ausgewiesen und reichten bis nach Bremen und Hannover. Im Gegensatz dazu sehe der Staatsvertrag lediglich eine konventionelle, mittelfristig zudem weitgehend eingleisig bleibende Eisenbahnstrecke bis nach Lübeck vor. Die vom Land Schleswig-Holstein vorrangig geplante Maßnahme, der Straßenausbau der B207, komme im TEN-Vorhabensprogramm überhaupt nicht vor.

Obwohl die Planungsgrundsätze der Transeuropäischen Netze die Beseitigung von Engpässen vorschreiben, sei als Folge des völlig unzureichenden Schienenausbaus das Entstehen neuer Engpässe in Hamburg und Lübeck gerade in Bezug auf die wichtigen Hafenanbindungen vorprogrammiert.

"Die TEN-Vorgaben sind schlicht missachtet worden, damit wird eine Mitfinanzierung aus EU-Mitteln unzulässig." stellt Sybille Macht-Baumgarten fest. "Auch das Ignorieren der maßgeblichen Umweltvorschriften, hier werden gerade die Regelungen zur Strategischen Umweltprüfung genannt, ist nach den TEN-Vorschriften ein Ausschlussgrund für eine EU-Mitfinanzierung."

Der BUND befindet sich mit seiner Argumentation in bester Gesellschaft, denn auch der Bundesrechnungshof hat in seinem Bericht vom 30. April 2009 an den Deutschen Bundestag auf der Grundlage teilweise ganz ähnlicher Argumente auf erhebliche Risiken bei der Einwerbung von EU-Fördermitteln für das Vorhaben hingewiesen.

Der BUND hat deshalb die Europäische Kommission gebeten, dafür zu sorgen, dass die EU das derzeit mit dem Staatsvertrag geplante Vorhaben nicht mitfinanziert. Darüber hinaus würde das Ratifzierungsgesetz, sollte es so vom Deutschen Bundestag beschlossen werden, gegen europäisches Recht, insbesondere das Naturschutzrecht verstoßen. Der BUND erwartet, dass die Europäische Kommission den Fall affirmativ aufgreift und, wenn nötig, vor den Europäischen Gerichtshof bringt.


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Quelle:
Presseinformation Nr. 26, 25.05.2009
Herausgeber: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Landesverband Schleswig-Holstein
Lerchenstr. 22, 24103 Kiel
Tel.: 0431/66060-0, Fax: 0431/66060-33
E-mail: bund-sh@bund-sh.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Mai 2009