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RECHT/188: BUND reicht beim Bundesverwaltungsgericht Klage gegen Weservertiefung ein (BUND NI)


BUND Landesverband Niedersachsen e.V. - Hannover, 23. September 2011

BUND reicht beim Bundesverwaltungsgericht Klage gegen Weservertiefung ein


Gestern hat die von der BUND-Klagegemeinschaft beauftragte Hamburger Kanzlei "Mohr Rechtsanwälte" (Anwälte Rüdiger Nebelsieck und Raphael Weyland) beim Bundesverwaltungsgericht Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest (WSD) für die Vertiefung der Außenweser, der Unterweser und der hafenbezogenen Wendestelle eingereicht. Zugleich beantragte die Kanzlei die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, da die Ausbaggerung andernfalls laut Wasser- und Schifffahrtsamt Bremerhaven bereits Anfang Oktober beginnen könnte. Mitglieder der vom BUND Bundesverband angeführten Klagegemeinschaft sind die BUND Landesverbände Bremen und Niedersachsen sowie der bremische Gesamtverband Natur-und Umweltschutz Unterweser e.V.

Die an das Bundesverwaltungsgericht übermittelten Schriftsätze umfassen bereits weit mehr als 100 Seiten. Der BUND zeigt darin zahlreiche formale und inhaltliche Mängel des über 1600-seitigen Planfeststellungsbeschlusses auf, die bereits einzeln, erst recht aber insgesamt geeignet sind, den Planfeststellungsbeschluss zu kippen. Laut BUND hat die WSD vor allem schwerwiegende Abwägungsfehler bei der Begründung der Ausbauvorhaben, bei der unzulässig verengten Alternativenbetrachtung und der Betroffenheitsbewertung der europäischen Schutzgebiete vorgenommen. "Der Planfeststellungsbeschluss ist ein schriftlicher Beweis der Voreingenommenheit der WSD zugunsten der Weservertiefung, die von den ihr nachgeordneten Wasser- und Schifffahrtsämtern in Bremerhaven und Bremen geplant und beantragt wurde", kritisiert Martin Rode, Geschäftsführer des BUND Bremen. Außerdem werde der Planfeststellungsbeschluss in keiner Weise der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie gerecht.

Die Klagegemeinschaft bemängelt, dass alle Natura-2000-Schutzgebiete entlang der Weser und ihrer Nebenflüsse durch die Weservertiefung erheblich beeinträchtigt werden. Verursacht werde dies in erster Linie durch die weitere deutliche Verschlechterung der Strömungs- und Tideverhältnisse. Dies führe teilweise zu Verschlickung, teilweise werde verstärkte Sohl- und Ufererosion die Folge sein. Besonders betroffen sind laut BUND die Naturschutzgebiete an der unteren Wümme entlang des Bremer Blocklands, wo heute schon absehbar ist, dass nach einer weiteren Weservertiefung das Ufer mit Schüttsteinen befestigt werden muss und damit eine Zerstörung des naturnahen Flusslaufes droht. "Die Vertiefung wird auch dazu führen, dass sich die Brackwasserzone noch weiter flussaufwärts verschiebt. Auf Hunderten von Quadratkilometern Marschengrünland wird es deshalb künftig Versalzungsprobleme geben", erklärt Martin Rode.

Die Klagegemeinschaft kritisiert vor allem, dass die Weser vertieft werden soll, obwohl der Bedarf für die Containerschifffahrt nach Bremerhaven nach wie vor nicht belegt ist. Zudem gebe es zur Förderung des Schiffsverkehrs nach Bremen und Brake umweltschonende, voraussichtlich auch kostengünstigere Alternativen durch Änderung der erhobenen Gebühren. Die wenigen Massengutschiffe mit Tiefgangsrestriktionen auf der Unterweser könnten zum Teilabladen andere, nahe gelegene Häfen nutzen. "Es gibt faktisch keinen belastbaren Grund, die Weser weiter zu vertiefen", fasst Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler, Geschäftsführer des BUND Niedersachsen, zusammen. Schlimmer noch wiege, dass die WSD offenkundige Alternativen mit geringerer Ausbautiefe und die Möglichkeiten größerer Tiefgänge durch geringere Schiffsgeschwindigkeiten bzw. moderne Computerprogramme nicht einmal geprüft habe. "Hier werden fahrlässig das Gemeinwohl im Sinne von Küsten- und Naturschutz sowie die Interessen von Landwirtschaft, Fischerei und den Steuerzahlern hinter das Interesse der Hafenwirtschaft oder sogar nur einzelner Betriebe gestellt", sagt Bodenstein-Dresler.

Der BUND geht davon aus, dass es bald einen freiwilligen oder gerichtlich verordneten Baustopp geben wird, weil bereits mit der ersten Vertiefungsbaggerung eine irreversible Schädigung des Flussgebiets Weser entstehen würde.


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Quelle:
Presseinformation vom 23.09.2011
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Landesverband Niedersachsen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. September 2011