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STADT/386: Berliner schätzen ihr Stadtgrün. Inwiefern entscheiden dabei Alter und Wohnort (idw)


Gesellschaft für Ökologie e.V. - 26.08.2015

Berliner schätzen ihr Stadtgrün. Inwiefern entscheiden dabei Alter und Wohnort


Jüngere Hauptstädter in dicht besiedelten Ballungsräumen schätzen Parks als Orte für soziale Interaktionen, während ältere Städter in dünner besiedelten Randgebieten oft Wälder besuchen, um die Natur als Inspirationsquelle und Bildungsort zu erleben. Dies zeigen Studien der Göttinger Humanökologin Maraja Riechers. Am 31. August 2015 stellt sie ihre Ergebnisse auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie in Göttingen vor. Ihre Studien sind relevant für eine sozial und ökologisch nachhaltige Stadtplanung.

Berlin im Spätsommer. Vor dem Bahnhof Potsdamer Platz sitzen junge Leute auf einer Grünfläche und unterhalten sich, essen Eis oder spielen Frisbee. Maraja Riechers von der Georg-August-Universität Göttingen ist unterwegs, um Berliner in verschiedenen Bezirken zu interviewen. Die Humanökologin untersucht, wie die Hauptstädter urbane Grünflächen nutzen und welche demografischen Faktoren dabei eine Rolle spielen. "Gerade in Zeiten zunehmender Urbanisierung sollte die Stadtplanung sozial und ökologisch nachhaltig sein", erklärt Maraja Riechers. "Darum ist es wichtig zu wissen, welche Ansprüche verschiedene Menschen an das Stadtgrün haben." Dafür hat die Forscherin insgesamt etwa 40 Interviews geführt und zusammen mit ihren Kollegen 550 Fragebögen ausgewertet. Die Studie ist im Juni dieses Jahres erstmals als Diskussionspapier der Georg-August-Universität Göttingen erschienen; aktuelle Ergebnisse stellt sie nun auf der 45. Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie in Göttingen vor. Unter dem Motto "Ecology for a sustainable future" treffen sich hier rund 600 Ökologen aus 38 Ländern.

Ob Naherholungsgebiet Wannsee, Tierpark oder urbane Gärten am ehemaligen Flughafen Tempelhof - die Berliner legen großen Wert auf ihr Stadtgrün, wie die Befragungen der Humanökologin zeigen. Das betrifft Junge wie Alte, Reiche wie Arme und Berliner mit oder ohne Migrationshintergrund. Was genau sie am Stadtgrün schätzen, hängt jedoch vom Alter der Befragten ab - und von der Einwohnerdichte in ihrem Wohnbezirk. Jüngere Städter in dicht besiedelten Ballungsräumen wie Berlin Mitte schätzen vor allem die sozialen Interaktionen in Parks und auf offenen Grünflächen. Auch die kulturelle Vielfalt bewerten sie positiv. Ältere Städter in weniger dicht besiedelten Randgebieten wie Reinickendorf besuchen oft die umliegenden Wälder und schätzen es, die Natur bewusst zu erleben, sich inspirieren zu lassen und sich und ihre Kinder in der Natur zu bilden. Als Treffpunkt ist ihnen das Stadtgrün dabei weniger wichtig.

Ebenfalls relevant für eine nachhaltige Stadtplanung ist die Lage der urbanen Grünflächen. Das öffentliche Stadtgrün in dicht besiedelten Ballungsräumen erleben die Einwohner häufig als überlaufen. Um sich nach Feierabend auf weniger frequentierten Grünflächen zu erholen, seien diese jedoch zu umständlich zu erreichen. "Es gibt einen hohen Bedarf an Stadtgrün in den dicht besiedelten Gebieten", folgert Maraja Riechers. "Hier ist die Konkurrenz durch kommerzielle Nutzung allerdings hoch". Die Humanökologin, die eng mit Agrarökologen und Agrarökonomen zusammenarbeitet, betont insbesondere die Nachhaltigkeit des Stadtgrüns: "Die Grünflächen kühlen die Städte im Sommer, verbessern die Luftqualität und steigern die biologische Vielfalt." Auch die Hauptstädter zeigen sich umsichtig in puncto Nachhaltigkeit: Als wichtigsten Grund für den Naturschutz gaben sie in den Befragungen nicht die eigene Erholung an, sondern die Erhaltung der Natur für zukünftige Generationen und die biologische Vielfalt.

Originalveröffentlichungen

Riechers M, Barkmann J, Tscharntke T (2015): Contrasting demands on urban green providing cultural ecosystem service in Berlin. In: Gesellschaft für Ökologie e.V. (Hrsg.): Verhandlungen der Gesellschaft für Ökologie, Band 45. Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie, 31. Aug. - 4. Sep. 2015 in Göttingen. Görich&Weiershäuser, Marburg, S. 268-269

Riechers M, Barkmann J, Tscharntke T (2015): Bewertung kultureller Ökosystemleistungen von Berliner Stadtgrün entlang eines urbanen-periurbanen Gradienten. Diskussionspapiere der Georg-August-Universität Göttingen, Diskussionsbeitrag 1507, ISSN 1865-2697


Weitere Informationen finden Sie unter

45. Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie in Göttingen (Programm, wissenschaftliche Kurztexte zu allen Beiträgen)
http://www.gfoe-2015.de/

Presseinformationen der Gesellschaft für Ökologie (Presseprogramm, Pressemitteilungen, Kurzinformation zur Gesellschaft)
http://gfoe.org/de/pressemitteilungen

Internetseite der Gesellschaft für Ökologie
http://gfoe.org

Termin beim idw (weitere Informationen zur Teilnahme)
http://idw-online.de/de/event51645

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder unter:
http://idw-online.de/de/news636433
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1971

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Gesellschaft für Ökologie e.V., Dr. Eva Diehl, 26.08.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. August 2015

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