Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → FAKTEN

SCHADSTOFFE/239: Schleichende Vergiftung mit dem Totalherbizid Glyphosat (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 353 - März 2012
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Schleichende Vergiftung
Glyphosat im Urin

von Marcus Nürnberger



Was man bei mit dem Wirkstoff öfter in Kontakt kommenden Landwirten schon als Warnzeichen betrachten müsste schockiert bei Menschen, die keinen direkten Kontakt zu dem Wirkstoff haben. Glyphosat im Urin! Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung der Universität Leipzig. Die Wissenschaftler um Frau Prof. Krüger forschen an einer Methode zum sicheren Nachweis von Glyphosat. Bisher gibt es hierfür noch kein abschließendes Analyseverfahren. Auf der Suche nach einer Nullprobe haben die Wissenschaftler der Universität Leipzig eine Berliner Bevölkerungsgruppe, die keinen Umgang mit Glyphosatpräparaten hatten, gewählt. Von den Angestellten, Journalisten und Anwälten aus Berlin wurden im Dezember vergangenen Jahres Urinproben untersucht. Die Wissenschaftler konnten ausschließen, dass einer der Betroffenen direkten Kontakt mit der Landwirtschaft hatte. Das Überraschende: In allen Proben wurde Glyphosat nachgewiesen. Die Werte schwankten von 0,5 bis 2 ng Glyphosat pro ml Urin (Trinkwassergrenzwert: 0,1 ng/ml).

Über die Herkunft der Glyphosatbelastungen machen die Wissenschaftler keine Angaben. Nach den Angaben des Herstellers Monsanto und der auch in Fachkreisen weitverbreiteten Einschätzung Glyphosat würde schnell abgebaut, hätten die Ergebnisse erwartungsgemäß negativ ausfallen müssen.

Allerdings muss man auch feststellen, dass Glyphosat immer mehr zur Allzweckwaffe wird. Ob im großstädtischen Ballungsraum zur Unkrautbekämpfung auf Gehwegen und Rasenkanten, im Kleingarten, wo viel schon immer viel half, oder auf den Gleisanlagen der Bahn. Überall hilft das in jedem Baumarkt erhältliche Totalherbizid. Dass die Probanden den Bürgersteig ableckten, um das bei ihnen nachgewiesene Glyphosat aufzunehmen, darf getrost ausgeschlossen werden. Mit einiger Sicherheit kann festgestellt werden, dass sie es über die Nahrung aufgenommen haben.


Unklare Herkunft

Spätestens ab hier aber muss man derzeit über die genaue Herkunft spekulieren. Eine nicht unwahrscheinliche Möglichkeit ist die in den vergangenen Jahren immer beliebter gewordene Sikkation: Das gezielte zur Ernte eingesetzte Totspritzen eines ganzen Bestandes. Die Vorteile für das Ernteverfahren liegen auf der Hand. Selbst verunkrautete oder ungleich abreifende Getreidebestände bieten nach dem Spritzen ein homogenes Bild. Die Druschleistung erhöht sich durch den Wegfall des Fremdbesatzes und die Feuchtigkeit des Getreides sinkt.

Auch in Kartoffeln kommt das Verfahren zur Anwendung. Die Gabe von 2,5 l/ha, kurz vor der Ernte soll die Festigkeit der Schalen, die Anfälligkeit für Knollenfäule und Keimfähigkeit der Kartoffeln reduzieren und damit die Lagerfähigkeit verbessern. Wieviel des von der Pflanze aufgenommenen Wirkstoffs in der Kartoffel oder dem Getreidekorn eingelagert wird und welche Abbaureaktionen hier stattfinden, ist unbekannt. Dennoch scheint es nicht unwahrscheinlich, dass das Pflanzengift oder dessen Abbauprodukte im Körper der Konsumenten ankommen. Die Funde der Universität Leipzig machen den dringenden Forschungsbedarf deutlich. Insbesondere vor dem Hintergrund der Studie des französischen Wissenschaftlers Prof. Gilles Seralini, der mit seinem Team von der Universität Caen 2009 nachgewiesen hat, dass bereits geringe Mengen von Roundup zum Absterben menschlicher Zellkulturen führen.


Zuverlässige Methoden entwickeln

In einem nächsten Schritt will die Universität Leipzig die Analysemethode verifizieren. Hierzu wurden inzwischen 100 Proben von Probanten inklusive eines Protokolls über deren Ernährung vor dem Probenahmenzeitraum genommen. Diese werden derzeit von zwei unterschiedlichen Laboren mit drei unterschiedlichen Methoden analysiert, um eine verlässliche Methodik zum Glyphosatnachweis zu finden.

*

Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 353 - März 2012, S. 17
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft -
Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
Telefon: 02381/49 22 20, Fax: 02381/49 22 21
E-Mail: redaktion@bauernstimme.de
Internet: www.bauernstimme.de
 
Erscheinungsweise: monatlich (11 x jährlich)
Einzelausgabe: 3,00 Euro
Abonnementpreis: 36,00 Euro jährlich
(verbilligt auf Antrag 26,00 Euro jährlich)


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. April 2012