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VERBAND/564: Für mehr Naturschutz... Kernforderungen zur Kommunalwahl in Hessen (NABU HE)


NABU Landesverband Hessen - 11. Februar 2016

Zehn Punkte für mehr Naturschutz

NABU stellt Kernforderungen zur Kommunalwahl in Hessen vor


Wetzlar - Bei den hessischen Kommunalwahlen am 6. März steht auch der Schutz von Natur um Umwelt zur Wahl. Mit zehn Kernforderungen für mehr Naturschutz setzt sich der NABU Hessen für die Stärkung der nachhaltigen Entwicklung in der Region ein. "Städte und Dörfer spielen für den Erhalt der biologischen Vielfalt eine immer größere Rolle. In den politischen Entscheidungen von Landkreisen und Kommunen fehlen aber oft noch entsprechende Weichenstellungen", erklärt NABU-Landesvorsitzender Gerhard Eppler. So erfolge die Pflege von öffentlichen Grünflächen viel zu selten nach aktuellen ökologischen Standards. "Wir brauchen mehr blühende Wiesen, Brutmöglichkeiten für Vögel und Quartiere für Fledermäuse", so Eppler. Bei der Gehölzpflege an Straßen und Wegen sei immer öfter eine "Tabula-rasa-Mentalität zu beobachten, bei der Hecken und Bäume oft auf große Strecken brutal abgeholzt werden, anstatt mit behutsamen und abschnittsweisen Rückschnitten auf eine allmähliche Verjüngung hinzuarbeiten. Kommunalpolitiker stünden in der Verantwortung, sich für mehr Naturschutz auf den gemeindeeigenen Flächen einzusetzen.

Die Defizite im kommunalen Naturschutz zeigten sich auch im ländlichen Bereich. "Wir beobachten hessenweit, dass gemeindeeigene Ränder von Wegeparzellen von Landwirten unrechtmäßig unter den Pflug genommen werden, ohne dass etwas passiert. Auch feuchte Senken - wertvolle Lebensräume für Amphibien und Rastbiotope für Zugvögel - werden vielfach mit Aushub verfüllt. Dadurch gehen wertvolle Lebensräume für seltene Tiere und Pflanzen verloren", so der Biologe Eppler.

Vielfach werde auch unterschätzt, wie groß der Handlungsspielraum von Städten und Gemeinden sei, die biologische Vielfalt zu schützen. "Ob bei der ökologischen Zertifizierung des kommunalen Waldes, der Ausweisung von Gewässer-Entwicklungsstreifen an Bächen und Flüssen, einer besseren Kontrolle von Ausgleichsmaßnahmen oder der Förderung einer naturnahen Landwirtschaft - die Kommunen können an vielen Stellen tätig werden", erläutert Eppler. Mit den zehn Kernforderungen für mehr Naturschutz zeige der NABU auf, wie die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Hessen vor Ort konkret umgesetzt werden könne. In den Wahlprogrammen der Parteien gebe es hier zum Teil noch erheblichen Nachholbedarf. Der NABU Hessen appelliert an die Mitbürger, ihren Kandidaten in Sachen Naturschutz vor der Kommunalwahl einmal "auf den Zahn zu fühlen". "Fragen Sie Ihre Kandidatinnen und Kandidaten, wie sie es mit dem Schutz von Natur und Umwelt halten", fordert Eppler zum demokratischen Mitgestalten auf.


Zehn NABU-Forderungen zur Kommunalwahl
1. Artenschutz vor Ort

Der Artenschutz kann von Kommunen auf verschiedene Weise gefördert werden. So sollte die Pflege von öffentlichen Grünflächen nach ökologischen Standards erfolgen. Hierzu gehören das Pflanzen von heimischen Blumen auf Rabatten, der Verzicht auf Gifteinsatz, das Wachsenlassen von Blühwiesen, das Liegenlassen von Laub auf Beeten und das Einrichten von "wilden Ecken". Für die Pflege städtischer Grünflächen sollten Bürgerpatenschaften angeboten werden. Bei Bau und Sanierung von öffentlichen Gebäuden ist auf den Artenschutz zu achten. Hierbei spielen Nisthilfen für Vögel und der Fledermaussschutz eine besondere Rolle.

2. Gehölze im Siedlungsraum

Der Erhalt alter Baumstrukturen ist für den Schutz der biologischen Vielfalt von großer Bedeutung. Deshalb muss die Gehölzpflege auf kommunalen Flächen nach naturschutzfachlichen Grundsätzen erfolgen. Es gilt, den öffentlichen Baumbestand sowie Hecken und andere Gehölze in ihren Qualitäten zu erhalten und weiter zu entwickeln. Dazu sollte es in jeder Siedlung Pflegepläne geben, die dem Schutz der biologischen Vielfalt verpflichtet sind. Innerstädtische Begrünung und das Freihalten von Frischluftschneisen in der Bebauung sind zudem wirksame Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel mit einer Zunahme sommerlicher Hitzetage.

3. Naturschutz im Wald

Da naturnahe Wälder ein wichtiger Lebensraum für viele gefährdete Tiere und Pflanzen sind, müssen kommunale Wälder mit einem Öko-Siegel wie FSC oder Naturland zertifiziert werden. Hierzu gehören der Erhalt von wertvollen Altholzinseln und die Ausweisung von zehn Prozent Naturwaldgebieten. Im Mittelpunkt der Neuanlage von Wald sollte das Pflanzen von vielfältigen Laubholzwäldern mit Edellaubhölzern stehen. Die Jagd ist nach ökologischen Kriterien auszurichten und mit einem naturschutzfachlichen Wildtiermanagement zu verknüpfen.

4. Natur- und Umweltbildung

Die Natur- und Umweltbildung spielt in Städten und Gemeinden eine wichtige Rolle, um Menschen für den Schutz einer vielfältigen Natur zu gewinnen. Deshalb sollten regionale Umweltbildungszentren finanziell gefördert und unterstützt werden. Bei Revierbetreuungs-Verträgen mit dem Landesbetrieb Hessen-Forst muss zudem die Verpflichtung zur Durchführung von Veranstaltungen zur Waldpädagogik kontrolliert werden. Auch in den Programmen der Volkshochschulen sollten die Themen verstärkt aufgegriffen werden.

5. Ausgleichsmaßnahmen

Bei zahlreichen Bauplanungen in Städten und Gemeinden ist zu beobachten, dass nach Naturschutz- und Baugesetz rechtlich vorgeschriebene Ausgleichsmaßnahmen zum Wohle der Natur oft nur unzureichend umgesetzt und kaum kontrolliert werden. Kommunen haben die Durchführung und Pflege der Ausgleichsflächen künftig langfristig sicherzustellen.

6. Nachhaltiger Lebensstil

Ein nachhaltiger Lebensstil, der nicht weiter Unmengen an wertvollen Ressourcen verbraucht, gehört zu den wichtigsten Anforderungen an eine zukunftsfähige Gesellschaft. Im Rahmen eines Aktionsplans "Nachhaltige Kommune" gilt es, den Einsatz von Regional-, Bio- und Transfair-Produkten zu forcieren, in allen Einrichtungen auf umweltfreundliche Produkte umzusteigen und den materiellen Verbrauch zu senken. Mit der Förderung des öffentlichen Nahverkehrs - z.B. durch die Einrichtung von Bürgerbussen -, des Ausbaus von Radwegen und dem Einrichten von E-Bike-Stationen sollte der Umstieg der Mitbürger auf umweltfreundliche Verkehrsmittel unterstützt werden.

7. Grüne Landwirtschaft

Um dem grassierenden Artenschwund auf landwirtschaftlichen Flächen entgegenzuwirken, können Städte und Gemeinden eine ganze Reihe an Maßnahmen ergreifen. So sollte darauf geachtet werden, dass Wegränder in kommunalem Eigentum in voller Breite erhalten bleiben und nicht unter den Pflug geraten. Auch der Umbruch von Graswegen zu Äckern muss unterbunden werden. Zudem sollten die Mahdtermine auf den gemeindeeigenen Grünflächen zum Schutz von Tieren und Pflanzen in Staffelmahd oder erst später im Jahr erfolgen. Jede Kommune hat darüber hinaus ein Konzept zur Biotopvernetzung zu erstellen und umzusetzen. Hierzu zählen auch Aktionen im Rahmen des Vertragsnaturschutzes wie das Anlegen von Lerchenfenstern und Acker-Blühstreifen. Die Landwirtschaft auf kommunalen Flächen ist vertragsmäßig auf ökologischen Landbau und gentechnikfreies Saatgut umzustellen.

8. Energiewende

Die Energiewende sollte vor Ort in Bürgerhand liegen und naturnah ausgestaltet werden. So sind die Bürger bei der Energiewende z.B. in Form kommunaler Windräder und Genossenschaften für Solarenergie und Stromnetze zu beteiligen. Die Wertschöpfung muss in der Region bleiben. Energieanlagen dürfen zum Schutz von gefährdeten Tieren allerdings nur in den landesweit dafür vorgesehenen Vorranggebieten errichtet und betrieben werden. Der kommunale Klimaschutz sollte mit Energiesparprogrammen, Solarenergie auf öffentlichen Gebäuden sowie der Wärmedämmung von öffentlichen Gebäuden optimiert werden.

9. Gewässerschutz

Die Renaturierung von Fließgewässern spielt eine große Rolle bei der Sicherung der biologischen Vielfalt. Die Kommunen sind aufgefordert, die europäische Wasserrahmenrichtlinie konsequent und zeitnah umzusetzen. Mit der Einrichtung von Gewässer-Entwicklungsstreifen sollten Städte und Gemeinden den Bächen und Flüssen wieder verstärkt freien Lauf lassen. Unverbaute Auengebiete helfen auch beim Schutz vor Hochwasser. Darüber hinaus müssen aber auch Teiche, Tümpel und feuchte Senken in der Landschaft als Lebensräume erhalten bleiben.

10. Naturschutz als Partner

Ein wichtiges Wahlkriterium ist die Anerkennung und Wertschätzung des ehrenamtlichen Naturschutzes als wichtiger Gesprächspartner von Kommunalpolitik und Verwaltung. Dazu gehören die Offenheit für Verbesserungsvorschläge, eine transparentere Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltungsgremien und die konsequente Beachtung des Umweltinformationsgesetzes. Auch die örtlichen Naturschutzbeiräte sollten dauerhaft erhalten und gestärkt werden.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 03/16, 11.02.2016
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Hessen
Friedenstraße 26, 35578 Wetzlar
Tel. 06441/67904-0, Fax 06441/67904-29
E-Mail: Info@NABU-Hessen.de
Internet: www.NABU-Hessen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Februar 2016

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