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VERBAND/615: NABU fordert mehr Geld für den Natur- und Wasserschutz in Niedersachsen (NABU NI)


NABU Landesverband Niedersachsen - 15. September 2018

NABU fordert mehr Geld für den Natur- und Wasserschutz in Niedersachsen

Vertreterinnen und Vertreter von 98.000 NABU-Mitgliedern in Niedersachsen tagten in Bad Bentheim


Bad Bentheim, Hannover - Der NABU Niedersachsen bekräftigte, angesichts hoher drohender EU-Strafzahlungen ab dem Jahr 2019, seine Forderung nach einer erheblichen Erhöhung der finanziellen Ausstattung für den Natur- und Wasserschutz in Niedersachsen. Anlässlich der Landesvertreterversammlung am Samstag (15. September) in Bad Bentheim wurde vor den über 250 Anwesenden aus rund 190 NABU-Gruppen mit aktuell rund 98.000 Mitgliedern in Niedersachsen diskutiert sowie der NABU-Jahresbericht 2017 präsentiert.

Alarmiert zeigt sich der NABU Niedersachsen dahingehend, dass Niedersachsen im bundesweiten Vergleich weiterhin das Schlusslicht bei der Finanzierung im Naturschutz darstellt. Während für viele Umweltthemen die europäische und die Bundesebene vorrangig zuständig sind, ist der Naturschutz die Aufgabe der Bundesländer. Mit der Fauna-Flora-Habitat- (FFH) und der Vogelschutzrichtlinie der EU hat sich Deutschland und damit auch Niedersachsen rechtlich verpflichtet, die wichtigsten Arten und Lebensraumtypen wieder in einen guten Erhaltungszustand zu bringen. Niedersachsen wird als einziges Bundesland die EU-Vorgaben bei der Ausweisung von FFH-Gebieten für das Schutzgebietsnetz Natura 2000 nicht erfüllen.

Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen zeigt sich besorgt: "Bisher ist immer noch fast die Hälfte der gemeldeten FFH-Gebiete nicht in eine nationale Schutzgebietskategorie überführt worden, obwohl dies bis 2014 hätte geschehen müssen. Zudem ist die Gebietskulisse für Natura 2000 nicht ausreichend, da nicht alle fachlich notwendigen Flächen gemeldet wurden. Es fehlen beispielsweise die Leda-Jümme-Niederung als faktisches Vogelschutzgebiet genauso wie die Obernkirchener Sandsteinbrüche als faktisches FFH-Gebiet für die Gelbbauchunke in den Gebietsmeldungen."

Angesichts hoher drohender EU-Strafzahlungen ab dem Jahr 2019 fordert Dr. Holger Buschmann die Regierung zum sofortigen Handeln auf: "Wir als NABU fordern eine ausreichende finanzielle Ausstattung des Fachbereichs Naturschutz im Niedersächsischen Umweltministerium. Der Naturschutz-Etat muss von derzeit unter 0,25 Prozent des Landeshaushaltes umgehend auf 0,5 Prozent und dann schrittweise auf 1 Prozent erhöht werden. Weiterhin müssen zusätzliche Gelder für weitere Programme, Ökologische Stationen, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen etc. in Höhe von 86 Millionen unmittelbar bereit gestellt werden. Dadurch kann man den bereits laufenden und drohenden EU-Vertragsverletzungsverfahren effektiv entgegen wirken."

Derweil befinden sich die Erhaltungszustände der wertgebenden Arten und Lebensräume in Niedersachsen in einem weiteren Abwärtstrend. In erster Linie wird versucht, dem mit Vertragsnaturschutzmitteln entgegenzuwirken, was nachweislich nur ausnahmsweise fruchtet, da die Gesamtförderfläche nicht ausreichend ist. Das beste Beispiel dafür sind die Feld- und Wiesenvögel, die in den letzten Jahren teilweise bis zu 90 Prozent abgenommen haben und für die Niedersachsen eine besondere Verantwortung trägt.

Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, die einen guten ökologischen Zustand der Gewässer vorschreibt, hätte bis 2014 umgesetzt werden müssen. Niedersachsen hat allerdings eine Verlängerung bekommen. Dr. Holger Buschmann bemängelt: "Wer gedacht hätte, dass sich daraufhin das Land besonders Mühe geben würde, sieht sich getäuscht. Bis heute sind nur zwei Prozent der Gewässer in einem entsprechenden Zustand und es gibt kein Programm, das eine Umsetzung erheblich voranbringen würde."

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HINTERGRUND: NABU-Forderungen

Der NABU Niedersachsen fordert daher

eine ausreichende finanzielle Ausstattung des Fachbereichs Naturschutz im Niedersächsischen Umweltministerium. Der Naturschutz-Etat muss von unter 0,25 Prozent des Landeshaushaltes (knapp 70 Mio. EUR) umgehend auf 0,5 Prozent (155 Mio. EUR) und dann schrittweise auf 1 Prozent erhöht werden, wodurch Strafzahlungen der EU in weit höherem Ausmaß verhindert werden könnten. Insbesondere werden zusätzliche jährliche Gelder in folgenden Bereichen akut benötigt:

1. Für ein Schutzprogramm für artenreiches Grünland und Wiesenvogelschutz, das im ersten Schritt auf allen landeseigenen Flächen und im zweiten durch Flächenkauf und eine intensive Betreuung vor Ort umgesetzt wird. à 8 Mio. Euro

2. Für einen schrittweisen Aufbau neuer Ökologischer Stationen, um damit die Schutzgebietsbetreuung und die Naturschutzberatung in Niedersachsen landesweit zu stärken. à 5 Mio. Euro

3. Die Einrichtung von Landschaftspflege- und Naturschutzbauernhöfen in ganz Niedersachsen für die praktische Umsetzung von Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen. à 8 Mio. Euro

4. Ein bei weitem besser finanziell ausgestattetes Gewässerprogramm, das Fließ- und stehende Gewässer sowohl chemisch als auch ökologisch strukturell deutlich verbessert. à 8 Mio. Euro

5. Für Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen in den Schutzgebieten und die dringend notwendige Managementplanung müssen deutlich mehr Landesmittel zur Verfügung stehen. à 30 Mio. Euro

6. Die Naturschutzbehörden, die in der Vergangenheit deutlich im Personal verkleinert wurden und vollkommen unterbesetzt sind, müssen mit weiterem, fachlich qualifiziertem Personal ausgestattet werden, damit sie ihren Aufgaben gerecht werden können. Dies gilt für die Unteren Naturschutzbehörden genauso wie für den Fachbereich Naturschutz im Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und den Naturschutzreferaten im Umweltministerium. à 12 Mio. Euro

7. Ein Erschwernisausgleich für Eigentümer, Landwirte und Forstwirte in Schutzgebieten, wenn ein Nutzungsverzicht oder eine Nutzungsänderung über die Gesetzeslage hinaus notwendig wird. à10 Mio. Euro

8. Eine Ko- und Zwischenfinanzierung sowie Antragsunterstützung von LIFE-, Bundesprogramm Biologische Vielfalt-, Insektenförderprogramm des Bundes und Blaues Band-Projekten. à 4 Mio. Euro

9. Monitoring und Berichtspflichten der Erhaltungszustände der Arten und Lebensräume inklusive eines digitalen Artenerfassungssystems. à 1 Mio. Euro

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 146/17, 15.09.2018
Naturschutz aktuell - NABU Pressedienst
Herausgeber:
Naturschutzbund Deutschland (NABU)
Landesverband Niedersachsen e.V.
Alleestr. 36, 30167 Hannover
Tel.: 0511/911 05-27, Fax: 0511/911 05-40
E-Mail: Info@NABU-Niedersachsen.de
Internet: www.NABU-Niedersachsen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. September 2018

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