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VERKEHR/963: Macht die deutsche Autolobby Europas Gesetze? (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände
EU-Koordination

EU-News - Donnerstag, 31. Oktober 2013 / Politik & Recht

Macht die deutsche Autolobby Europas Gesetze?



Die EU-Gesetzgebung zur PKW-Energieverbrauchskennzeichnung wurde 2011 größtenteils von der deutschen Autoindustrie und nicht von der Bundesregierung initiiert und in Deutschland umgesetzt. Zu diesem Schluss kommt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nach Akteneinsicht beim Wirtschaftsministerium (BMWi).

Erst nach einem Urteil des Gerichtshofs der EU in Luxemburg im Juli 2013 gewährte das BMWi der DUH Einsicht interner Akten zum Zustandekommen einer Novelle der Energiekennzeichnung von Pkw. Schwere Spritschlucker werden durch die von Umweltverbänden kritisierte Verordnung bevorzugt, da diese den CO2-Ausstoß in Relation zum Fahrzeuggewicht setzt.

"Die Akten belegen erschreckend klar das Selbstverständnis der deutschen Automobilkonzerne und des Verbands der Automobilindustrie, die ungeniert die schwarz-gelbe Bundesregierung als Handlanger ihrer Interessen benutzten. Neu in der an Skandalen nicht armen Geschichte der Verquickung von Politik und Autoindustrie ist die Tatsache, dass die Autolobby nicht nur für das BMWi die Grundzüge der Rechtsverordnung verfasst hat, sondern auch noch die Ressortabstimmung zwischen den Ministerien selbst betrieb", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch nach einer ersten Analyse der Akten. In den entscheidenden Monaten vorher seien zudem Großspenden aus der Autoindustrie bzw. von BMW-Hauptanteilseignern in der Rekordhöhe von knapp 800.000 Euro bei den drei Regierungsparteien CDU, CSU und FDP eingegangen.

Diesen Oktober wurde bekannt, dass die CDU von Mitgliedern der Familie Quandt, maßgeblichen Anteilseigentümern von BMW, Parteispenden von insgesamt 690.000 Euro erhalten hatte. Einen Zusammenhang mit der Blockadehaltung Deutschlands bei der EU-Gesetzgebung zu Abgasgrenzwerten von Neuwagen bestreiten sowohl die Spender als auch die CDU.

Die DUH stellte nun den "Kompromissvorschlag" Litauens zu CO2-Grenzwerten für Pkw in Frage. Die Deutsche Autolobby steuere offenbar aus Politiker in Litauen, heißt es in einer Pressemitteilung der DUH. "Was Litauen nun präsentiert, entspricht im Ergebnis dem jüngsten Vorschlag aus Deutschland... Litauens Entwurf käme einer Abschwächung des Grenzwerts auf 104 Gramm CO2 pro Kilometer für das Jahr 2020 gleich. Der geplante Grenzwert von 95 Gramm würde dann erst 2024 gelten", erklärte Resch. Deutschland hatte Anfang Oktober Deutschland hat es zum dritten Mal geschafft, die Abstimmung in der EU über den vereinbarten Kompromiss für CO2-Obergrenzen von Neuwagen zu verschieben. Auf der letzten Abstimmung Anfang Oktober konnte keine qualifizierte Mehrheit zugunsten des Kompromisses erzielt werden, den EU-Parlament, EU-Kommission und EU-Rat bereits im Juni getroffen hatten. (EU-Umweltnews 7.10.2013)[1]

In Brüssel kämpfen Lobbycontrol und die Allianz für Lobby-Transparenz und ethische Regeln (ALTER-EU) seit Jahren für ein verpflichtendes Lobbyverzeichnis und für mehr Transparenz. Bis zum 11.11. haben die Verbände einer Petition zum verpflichtenden Lobbyverzeichnis (Petition) "Verborgene Lobbyarbeit in EU beenden" geschaltet. [bv]

Petition Lobbycontrol
https://www.lobbycontrol.de/2013/10/aktion-verborgene-lobbyarbeit-in-der-eu-beenden/

PM DUH Akteneinsicht Autolobby
http://duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=3202

DUH PM Autolobby Litauen
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=3204

[1] http://eu-koordination.de/umweltnews/news/verkehr/2308-deutschland-blockiert-abstimmug-ueber-co2-obergrenzen-weiterhin-erfolgreich

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Quelle:
EU-News, 31.10.2013
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. November 2013