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VERBRAUCHER/053: Nutzen statt besitzen - Unser Konsum muss intelligenter werden (Naturschutz heute)


NATURSCHUTZ heute - Heft 2/12
Mitgliedermagazin des Naturschutzbundes (NABU) e.V.

Nutzen statt besitzen
Unser Konsum muss intelligenter werden

Von Helge May



Sind das alles Schnorrer? Oder gewinnt am Ende der Kommunismus doch noch? Jedenfalls hat es nach den Deutschen nun auch die Amerikaner erwischt: Nur eine Minderheit der jungen Menschen legt noch Wert auf ein eigenes Auto, und das in zwei so sprichwörtlichen Autofahrer-Nationen.

"Eigentum? Ach, ist nicht so wichtig", heißt es in Umfragen immer öfter. Hauptsache, die Nutzung funktioniert, und das bitte möglichst flexibel. Hier wächst also keine hohlwangige Generation von Asketen heran und auch Umweltaspekte stehen nicht unbedingt im Vordergrund. Intelligenter Konsum ist gefragt und dabei spielen die durchs Internet eröffneten Möglichkeiten und veränderten Gewohnheiten eine prägende Rolle. Wer keine CDs mehr kauft, sondern die Musik herunterlädt und mit anderen teilt, wer seine Daten statt auf der Festplatte in der "Cloud" ablegt, hat gelernt, dass man nicht unbedingt besitzen muss, um zu nutzen.

Teilen und leihen

Ganz neu ist der Gedanke des Gemeinbesitzes, des Teilens oder Leihens natürlich nicht. Öffentliche Bibliotheken sind uns so selbstverständlich wie öffentliche Bäder und Verkehrsunternehmen. Ganz ähnlich setzen die Maschinenringe und Beregnungsgemeinschaften der Landwirte auf Lastenteilung. Noch vor wenigen Jahrzehnten waren auf dem Dorf auch gemeinsame Waschhäuser oder Kühlhäuser üblich. Doch mit wachsendem Wohlstand wollte jeder seine eigene Waschmaschine oder Gefriertruhe haben. Eigentum, sich etwas leisten können, wurde zum Wert an sich.

Aus Umweltsicht gilt es heute dringend gegenzusteuern, denn unser Lebensstil beansprucht mehr Ressourcen, als die Erde auf Dauer hergibt. Eigentlich ist es gar nicht so schwer, sein Leben "ressourcenleicht" umzugestalten. Viele Unternehmen sind da schon weiter als die Privathaushalte. Nicht weil sie alle Umweltengel wären, sondern weil sie kühl rechnen. Kopiergeräte werden einschließlich Wartungsvertrag ebenso gemietet wie Einrichtungen und Teppiche, bei vielen Geschäftsfahrzeugen ist Leasing Standard.

Professionelle Angebote

Damit sich "nutzen statt besitzen" auch für Otto Normalverbraucher lohnt, müssen bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sein. So hat jeder Baumarkt, der etwas auf sich hält, heute eine Mietstation, bei der Hobbyhandwerker Bohrmaschinen, Rüttler, Generatoren oder Fliesenschneider leihen können. Das Angebot kommt gut an dank dichtem Verleihnetz, gut gewarteten Geräten, professionellem Service samt Versicherung und weil der Preisvorteil bei den selten genutzten Werkzeugen hoch ist.

Professionelle Angebote reichen vom Handwerker- und Gartenbedarf über Computer und Zubehör, bis zu Musikinstrumenten, Spielen, Partyausstattungen, Sportgeräten und natürlich Carsharing sowie Fahrradverleih. Abgesehen vom finanziellen Vorteil für den Verbraucher kann die Umweltentlastung sehr unterschiedlich ausfallen. Sind zum Beispiel lange Transportwege nötig, bleibt für die Umwelt nicht mehr viel übrig. Beim klassischen Geräteverleih wurden Ressourceneinsparungen von 25 bis 75 Prozent berechnet, Mietskier haben eine mehr als anderthalb mal höhere Nutzungsintensität wie Kaufskier und beim Carsharing ersetzt ein Fahrzeug im Durchschnitt vier bis acht Privat-Pkw.

Verleihnix war gestern

Wer sich nicht auf kommerzielle Angebote beschränken möchte, kann auch selbst aktiv werden. Organisationshilfe bieten Internetplattformen wie www.dieborger.de oder www.teilo.de. Die Registrierung ist kostenlos, vermittelt werden Spiele, Musik und Kleidung ebenso wie Haushalts- und Sportgeräte. Die Leihgebühren beginnen bei einem Euro pro Tag, niedrigpreisige Güter gibt es bei längerer Leihdauer sogar umsonst.

Nicht zu unterschätzender Nebeneffekt: Leihen und Ausleihen ist immer auch ein sozialer Akt, man lernt Menschen kennen, meist aus der näheren Umgebung, und kann so ein soziales Netzwerk aufbauen. Noch stärker trifft das auf selbstorganisierte Tauschringe, Nachbarschafts-Tauschbörsen oder die gemeinschaftliche Nutzung von Waschmaschinen oder Gartengeräten in Mehrfamilienhäusern zu. Bei "nutzen statt besitzen" geht es auch um die Wiederentdeckung eines vertrauensvollen sozialen Miteinanders.

Zum Nachlesen: "Raus aus der Nische" zum Thema Carsharing in Heft 1/12 und "Gebe Fahrrad für Rasenmäher" über Internet-Tauschbörsen in Heft 2/11.

Zum Anklicken
- Fahrräder: www.nextbike.de, calla-bike-interaktiv.de
- Spiele: www.deutsche.ludotheken.de
- Werkzeuge: www.rentas, www.mietfix, www.mietprofi
- Windeldienst: www.babydienst.de
- Wohnungen: www.wohnungstausch.de

Eine ausführliche Anbieter-Linkliste gibt es in unserer Online-Ausgabe.

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Quelle:
Naturschutz heute - Heft 2/12, S. 36-37
Verlag: Naturschutz heute, 10108 Berlin
Tel.: 030/284984-1500, Fax: 030/284984-2500
Hausanschrift: Charitéstraße 3, 10117 Berlin
E-Mail: naturschutz.heute@nabu.de
Internet: www.naturschutz-heute.de
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Internet: www.NABU.de
 
"Naturschutz heute" ist das Mitgliedermagazin
des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) e.V.
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ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juli 2012