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WALD/077: Verbändeplattform Wald - Fachdialog soll Nutzungsdruck auf Wälder mindern (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 2/2013 Ziele(n) für nachhaltige Entwicklung - Wer hat noch Pfeile im Köcher?

Verbändeplattform Wald
Fachdialog soll Nutzungsdruck auf Wälder mindern

von László Maráz



Im Mai hat das Forum Umwelt und Entwicklung ein neues Verbändeprojekt zur Waldpolitik gestartet, mit dem vor allem der Nutzungsdruck auf unsere Wälder verringert werden soll. Die Verbände- und Dialogplattform »Waldbiodiversität lebensraumtypisch erhalten, fördern, entwickeln und vernetzen« wird vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) gefördert und will in den kommenden zwei Jahren dazu beitragen, negative Auswirkungen des Nutzungsdruckes auf die biologische Vielfalt und Leistungsfähigkeit der Wälder zu mindern und ihre Funktion als CO2-Senke und ihre Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel zu stärken.


Das Projekt will mit der Erstellung von Kurzstudien und der Diskussion der aktuellen Erkenntnisse im Rahmen von Fachgesprächen und Workshops zur Klärung wichtiger und umstrittener Fragestellungen beitragen. Beteiligt werden Akteure der verschiedenen gesellschaftlichen Interessengruppen (Umweltverbände, Verbände aus Forst- und Holzwirtschaft, Bürger, Wissenschaft, Politik), um kontraproduktive Elemente innerhalb verschiedener Strategien (zum Beispiel Biomasseaktionsplan) zu identifizieren und sich über Setzung von Prioritäten besser verständigen zu können. In konstruktivem Dialog sollen sich die Beteiligten auf Fachtagungen und Exkursionen austauschen um Lösungsstrategien und -schritte auf dem Weg zu mehr Naturnähe und Naturschutz im Wald zu entwickeln. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Analyse von Zielkonflikten zwischen energiepolitischen Zielen und Biodiversitätszielen, sowie die Förderung der Kongruenz verschiedener (teils sektoraler) Strategien der EU, des Bundes und der Länder.

Auf Deutsch: Die Nachfrage nach dem nachwachsenden Rohstoff Holz nimmt seit einigen Jahren deutlich zu. Wichtige Treiber dieser Entwicklung sind unter anderen die Aktionspläne zur Förderung Erneuerbarer Energien (Biomasseaktionsplan für Deutschland, Erneuerbare Energien Gesetz, Marktanreizprogramm). Für Holz wird ein hohes Nutzungspotenzial insbesondere für die energetische Verwertung gesehen. Zunehmende Nachfrage gibt es auch bei der stofflichen Nutzung, bei der - ausgehend vom ohnehin hohen Verbrauch (beispielsweise für Papier) - nicht nur der Einsatz von Holz als Baustoff gefördert werden soll (unter anderen Charta für Holz, Aktionsplan Stoffliche Nutzung), sondern auch andere Holzbestandteile stärkere Verwendung finden dürften (Zellstoff, Lignin).

Ein zu hoher Holzverbrauch kann durch eine nachhaltige Waldnutzung in Deutschland nicht mehr gedeckt werden. Schon heute wirkt sich beispielsweise der Energieholzboom an vielen Stellen negativ auf die Struktur, Gesundheit und Fruchtbarkeit der Waldböden aus. Der Wald braucht aber das Reisig, Äste und ein Mindestmaß an kleinen und großen abgestorbenen Bäumen, damit ausreichend Nährstoffe für das Wachstum der Pflanzen verfügbar bleiben. Die waldtypische biologische Vielfalt wiederum besteht zu großen Anteilen aus Lebewesen, die sich von lebenden und abgestorbenen Pflanzenteilen ernähren. So sind Pilz- und Käferarten, deren Larven sich im Holz ernähren, inzwischen so selten geworden, dass sie nur noch an wenigen Stellen im Wald vorkommen. Manche Arten sind inzwischen häufiger in Parkanlagen zu finden, weil im Wirtschaftswald die allermeisten Bäume frühzeitig gefällt werden und daher nicht alt werden und verrotten dürfen, sodass der Lebensraum für viele Arten schlichtweg fehlt.


Konstruktive Diskussion - eine Herausforderung
Von der Angebotsseite her ist beispielsweise zu diskutieren, wie die Waldbewirtschaftung dazu beitragen kann, die Ziele beim Klimaschutz und beim Schutz der Biologischen Vielfalt möglichst gut zu erfüllen und gleichzeitig möglichst gutes Holz zu erzeugen. Bezüglich der Nachfrageseite sind hingegen Maßnahmen zur Verringerung des Ressourcenverbrauchs notwendig, um den Druck auf die Wälder zu senken. Dies betrifft vor allem den Verbrauch von kurzlebigen Holzprodukten (zum Beispiel Papier, Verpackungen). Es gilt, sorgsam mit dem knappen Rohstoff Holz umzugehen.

Das Projekt steht nun vor der Aufgabe, Interessengruppen einzubinden, die teilweise gegenteilige Ansichten vertreten und deren Interesse an einer Verbrauchssenkung eher gering ist. Im Gegenteil: Im Zuge der Diskussionen um die Ausweisung neuer Waldnationalparks etwa im Schwarzwald haben einige Akteure den Pfad der sachlichen Auseinandersetzung verlassen und Naturschutzverbände wurden mit teilweise beleidigenden Vorwürfen angegriffen. Da wird das Schreckgespenst von angeblichen 40.000 Arbeitsplätzen heraufbeschworen, die durch den Verlust an Ernteholz zerstört würden. Verbänden und Institutionen die Schutzgebiete einrichten wollen, wird vorgeworfen sie wollten mit dem Waldbäumen »Disneyland« spielen. Das Projekt wird sich indes vorrangig um die Beteiligung derjenigen Akteure bemühen, die eine faire, konstruktive Debatte wünschen und die anderen dazu anregen, sich am offenen Diskurs zu beteiligen.

Um den Schutz der biologischen Vielfalt von und in Wäldern zu fördern, wird auch die Positionierung von Umweltverbänden zu ökologischen Leitplanken von Nutzungsstrategien für Wälder und Holzprodukte gefördert. Auch die Öffentlichkeit soll für die Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt im Waldbereich gewonnen werden.

Letztlich geht es bei unserem Umgang mit Wäldern und ihren Rohstoffen um die zentrale Frage, ob wir unsere Ansprüche an das anpassen, was uns die Natur geben kann, ohne Schaden zu nehmen. Das Problem ist auch 3 Jahrhunderte nachdem die Forstwirtschaft die Nachhaltigkeit für sich entdeckte nicht neu: Der griechische Philosoph Epikur prägte bereits 3 Jahrhunderte vor Christus den Grundsatz: Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug.


Autor László Maráz koordiniert die Verbände- und Dialogplattform »Waldbiodiversität lebensraumtypisch erhalten, fördern, entwickeln und vernetzen« beim Forum Umwelt und Entwicklung.


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V.

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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 2/2013, S. 24-25
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
Marienstr. 19-20, 10117 Berlin
Telefon: 030/678 1775 93, Fax: 030/678 1775 80
E-Mail: info@forumue.de
Internet: www.forumue.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. August 2013