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CHEMIE/238: Schöne bunte Plastikwelt - Plastiktüte, Problem mit Tragweite (ROBIN WOOD-Magazin)


ROBIN WOOD-Magazin Nr. 104/1.2010
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie

titel
Problem mit Tragweite


Die Plastiktüte ist wohl einer der populärsten Gebrauchsgegenstände unserer Zeit: vom hauchdünnen Tütchen an der Obst- und Gemüsetheke des Supermarktes bis zum extrastarken Müllbeutel reicht das Sortiment. Weltweit werden jährlich mehr als 600 Milliarden davon hergestellt, in Deutschland verbrauchen wir alle vom Baby bis zum Greis durchschnittlich 65 Plastiktüten pro Jahr.

Produziert werden sie mit hohem Energieaufwand fast ausschließlich auf der Basis von Erdöl - einem sehr begrenzt verfügbaren, nicht- regenerativen Rohstoff. Der Aufwand für die Herstellung steht in keinem Verhältnis zur Nutzungsdauer: Die durchschnittliche Einsatzzeit einer Plastiktüte beträgt lediglich 25 Minuten. Das macht sie zum Symbol unserer Wegwerfgesellschaft schlechthin. Nicht einmal die Hälfte wird recyclet. Der größte Teil landet im Müll oder wird achtlos in die Natur geworfen.

Bei der unkontrollierten Entsorgung in die Landschaft stellt die Widerstandsfähigkeit und Langlebigkeit des Materials eine große Belastung dar. Je nach Plastiksorte dauert der Zersetzungsprozess zwischen 100 und 500 Jahren. Über den gesamten Zeitraum werden giftige Inhaltsstoffe in Böden und Gewässer abgegeben. Warum es zulässig ist, dass ein Gegenstand mit einem so geringen Nutzwert wie die Plastiktüte die Umwelt dermaßen stark belastet, mag man sich fragen. Sogar in der Sahara sind weite Landstriche mit Plastiktütenmüll verschandelt. Und nicht nur dort ersticken Tiere qualvoll daran.

Einige Staaten haben Plastiktüten inzwischen verboten. Zuerst wagten Entwicklungsländer diesen Schritt, gezwungen nicht nur durch die extreme Abfallproblematik, sondern auch durch hohe Erdölpreise. Seit dem Jahr 2002 sind Plastiktüten in Bangladesch komplett verboten - mit der Begründung, dass der Tütenmüll die Abwasserkanäle blockiert und so zu Flutkatastrophen beiträgt. Auf Sansibar wird die Einfuhr und Verbreitung von Plastiktüten mit einer saftigen Geldstrafe bis zu umgerechnet 1.500 Euro belegt, Tansania, Nachbarstaat Ruanda und weitere afrikanische Staaten haben Plastiktüten verboten. Sie wurden derart massenhaft "entsorgt", dass sie das Pflanzenwachstum beeinträchtigten, die Mägen der Rinder verstopften und Brutstätten für Moskitos bildeten.

Seit Juni 2009 sind in China alle dünnwandigen Plastiktüten verboten, für dickere wurde eine Abgabegebühr vorgeschrieben. Australien erließ ein Totalverbot für Plastiktüten, genau wie die Stadt San Francisco. In Europa hat Irland mit einer Steuer den Verbrauch von Plastiktüten um 95% gesenkt. Auf den Philippinen, in Kanada, Neuseeland, Taiwan, England, Italien und Frankreich existieren Pläne für die Abschaffung oder Besteuerung von Plastiktüten. Nur in Deutschland traut sich niemand über ein solches Verbot nachzudenken. Dabei gehört die Plastiktüte nicht auf den Müll, sondern schleunigst auf den Müllhaufen der Geschichte.

Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
- Einige Staaten haben Plastiktüten inzwischen verboten
- Plastik belastet die Umwelt bis zu 500 Jahren


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Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 104/1.2010, S. 9
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2010