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ENERGIE/1382: Alternativer Energiegipfel - 100% Erneuerbare bis 2050 machbar (Klima-Allianz)


Die Klima-Allianz - 16. September 2010

Alternativer Energiegipfel zeigt: 100 Prozent Erneuerbare bis 2050 sind ohne Kohle und Atom machbar


Berlin, 16.09.2010. Auf Einladung der Klima-Allianz diskutierten gestern führende Vertreter der Umweltverbände und der Politik verschiedene Konzepte für eine Energiewende Richtung 100 Prozent Erneuerbare bis 2050. Über 130 Teilnehmer aus der Energiewirtschaft, den NGOs und der Politik kamen zu dem Alternativen Energiegipfel nach Berlin.

In seiner Eröffnungsrede machte Klaus Seitz von der Entwicklungsorganisation Brot für die Welt darauf aufmerksam, dass bereits vor 30 Jahren vom Öko-Institut eine Studie erstellt wurde, die den Weg ins regenerative Zeitalter aufzeigte. "Die Politik könnte schon viel weiter sein, wenn die Zeit nicht mit sinnlosen Kohle- und Atomplänen vertan worden wäre", so Seitz.

Jochen Homann, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, erklärte, dass die Laufzeitverlängerung für AKW nur einer der insgesamt 60 Punkte im Energiekonzept der Bundesregierung sei. Die Zusatzvereinbarung mit den Atomkonzernen zunächst geheim zu halten, hielt jedoch auch er für falsch. Er sprach sich dafür aus, dass dieses Papier sofort hätte veröffentlicht werden sollen, um eine Mythenbildung gar nicht erst aufgekommen zu lassen.

Zur erhofften Diskussion mit Homann kam es dann nicht, da er aufgrund der laufenden Sitzungswoche direkt nach seiner Rede die Veranstaltung verlassen musste. So entgingen dem Energieexperten des BMWi die auf dem Gipfel vorgestellten Studien, die angesichts des Festhaltens der Bundesregierung an Kohle und Atom aktueller sind als je zuvor. Denn sowohl der Sachverständigenrat für Umweltfragen, der WWF, das Umweltbundesamt, Greenpeace als auch Germanwatch kommen in ihren Szenarien zu dem Ergebnis: eine Vollversorgung Deutschlands mit Erneuerbaren Energien bis 2050 ist ohne Kohle- und Atom als "Brückentechnologien" möglich. Die dafür notwendige massive Erweiterung der Speicherkapazitäten und des Netzausbaus mahnte Thomas Duveau, Klimaexperte des WWF, an: "Wir sprechen hier von einem radikalen Systemumbau im Energiesektor. Die vorliegende Liste von freiwilligen Verpflichtungen und Marktanreizen muss durch verbindliche Ziele in den Bereichen Klimaschutz, Energieeffizienz, Erneuerbare Energien und Infrastrukturausbau ergänzt werden.'

Jan Burck von der Nord-Süd-Inititive Germanwatch wies darauf hin, dass man in den Energieszenarien der Bundesregierung von sinkenden Steinkohlepreisen ausgehe. "Selbst die deutsche Steinkohleindustrie findet diese Annahme etwas seltsam. Insgesamt geht die Bundesregierung bei den Preisen für einzelne Energieträger von Annahmen aus, die teilweise nur schwer nachzuvollziehen sind. Das bringt eine Schieflage in die Energieszenarien. Die fossilen Energien stehen teilweise so besser da als die Erneuerbaren Energien, obwohl ein frühzeitiger Umstieg auf diese große volkswirtschaftliche Vorteile verspricht", so Burck. Germanwatch wird am 23. September 2010 die neue Kampagne "100% Zukunft" der Öffentlichkeit vorstellen. Mehr Infos unter www.100prozentzukunft.de

Michael Gehrmann vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) und Leif Miller vom Naturschutzbund (NABU) machten deutlich, dass sowohl der Verkehrs- als auch der Wärme- und Gebäudesektor im Energiekonzept der Bundesregierung nicht ausreichend berücksichtigt werde. Der NABU fordert deshalb von der Koalition, dass die Fördergelder für die energetische Gebäudesanierung wieder mindestens auf das Niveau von 2009 gebracht werden. "Dies wären mindestens zwei Milliarden Euro. Im Moment sind im Bundeshaushalt dafür nur 440 Millionen Euro, also gerade mal ein Fünftel der Summe des Vorjahres, vorgesehen", rechnete Miller vor.

Zum direkten Schlagabtausch zwischen Politik, Energiewirtschaft und Umweltverbänden kam es dann auf der anschließenden Podiumsdiskussion. Dietmar Schütz, Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) betonte, dass es bei einem Ausstieg aus der Kernenergie keine Stromlücke gebe. "Die Erneuerbaren können die Anteile der Kernenergie komplett übernehmen. Dies ist selbst in den zu Jahresbeginn vorgelegten Energieszenarien des BMU nie angezweifelt worden", so Schütz. Martin Rocholl, Policy Director der European Climate Foundation mahnte an, die Energiepolitik nicht mehr nur national zu denken: "Wir müssen den Ausbau der Erneuerbaren europäisch denken", lautete seine Forderung. Angesichts der rasant ansteigenden Anteile der Erneuerbaren am Strommix forderte Roger Kohlmann, Mitglied der BDEW-Geschäftsführung, das Hauptaugenmerk auf die Netzstabilität und Netzsicherheit zu legen. Wie das mit unflexiblen Atommeilern zu schaffen ist, vermochten jedoch weder er noch der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer zu beantworten. "Wir haben jetzt schon stundenweise Zeiten mit 100 Prozent Solar- und Windstrom im Netz", sagte Rainer Baake, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). "Bei der gesetzlich festgeschriebenen Vorfahrtsregelung für Ökostrom heißt das, man muss Kapazitäten abschalten. Und genau dies geht mit Gaskraftwerken recht gut, mit Kohlekraftwerken schon viel schwieriger aber mit Atomkraftwerken geht es überhaupt nicht", so Baakes eindringliche Warnung an die Adresse der Politik und Energiewirtschaft.

BUND-Vorsitzender Hubert Weiger warnte deshalb in der abschließenden Rede die Politik davor, den im EEG festgelegten Vorrang für Strom aus Erneuerbaren Energien in Frage zu stellen. Dies werde die Klima-Allianz und ihre Mitgliedsverbände nicht zulassen und gegebenenfalls dagegen mit der ganzen gesellschaftlichen Breite des Bündnisses protestieren.


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Quelle:
Die Klima-Allianz
Pressemitteilung, 16.09.2010
Marienstr. 19-20, 10117 Berlin
Tel.: 030/678 1775-90, Fax: 030/2363 2889
Internet: www.die-klima-allianz.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. September 2010