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ENERGIE/1439: Giftiger Segen. Fracking - Erdgas gegen verschmutztes Wasser? (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 977 vom 18. September 2011 - 30. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Giftiger Segen: Fracking - Erdgas gegen verschmutztes Wasser?


Nachdem in den USA immer mehr Folgen der umstrittenen unkonventionellen Erdgasfördermethode "Hydraulic Fracturing" (kurz: Fracking) bekannt werden, dringt dieses Thema langsam in den Blickpunkt der deutschen Politik. In Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ist der Energiekonzern ExxonMobil bereits auf der Suche nach "unkonventionellem" Erdgas.

Dichtes Schiefergestein gibt bei einer herkömmlichen Bohrung in ein unterirdisches Erdgasfeld nicht genügend Gas frei, um das Gas rentabel fördern zu können. Also wird unter hohem Druck ein Wasser-Sand-Chemikalien-Gemisch in den Boden gepresst, um den Untergrund aufzuspalten. Die damit erwirkte höhere Gas-Durchlässigkeit verspricht maximale Förderraten. Umweltverbände, Bürgerinitiativen und Wasserversorger äußern große Bedenken bezüglich des teilweise im Boden verbleibenden "Frac-Fluids": Die darin enthaltenen Chemikalien sowie entweichendes Methan könnten über Gesteinsrisse oder undichte Stellen an der Bohrung nach oben gelangen und das Grundwasser verschmutzen. Die Pressesprecherin des Erdgasexplorateurs ExxonMobil, Dr. Rita Westendorf-Lahouse gibt an, dass es sich bei dem verwendeten Gemisch um eine unbedenkliche Substanz handle. Die Flüssigkeit sei hochverdünnt und deshalb "weder giftig noch umweltgefährdend". Der hohe relative Wasseranteil kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass pro Frac etwa 58 Tonnen giftige, gesundheits- und umweltgefährdende Stoffe in den Boden eingebracht werden. "Exxon argumentiert mit Prozenten, aber beim Wasser reicht ein Promille-Anteil um es zu verunreinigen", betont der Geschäftsführer des Wasserverbandes Garbsen, Reinhard Niemeyer. Der Dokumentarfilm "Gasland" von Josh Fox beschreibt in den USA aufgetretene Auswirkungen der alternativen Erdgasgewinnung. Die Konsequenzen für Mensch und Umwelt reichen von einer erhöhten Erdbebengefahr bis hin zu stark methanversetztem, brennbarem Leitungswasser. -dt-


Fracking: Umweltverträglichkeitsprüfung statt Subventionierung!

Angesichts der bekanntwerdenden möglichen Folgen dieser Fördermethode aus den Vereinigten Staaten plädieren CDU, SPD und Grüne für schärfere Auflagen. Sie fordern eine Novellierung des den Bohrungen obliegenden Bergrechts in Form von verpflichtenden Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) und mehr Transparenz im Genehmigungsprozess. Die Linke stellt sich sogar gänzlich gegen dieses Verfahren, wofür bereits ein Antrag im Bundestag vorliegt. Der niedersächsische Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) bezieht sich hingegen auf die guten Erfahrungen der Gasförderung seit 1977. "Obligatorische UVP führen zu einer einseitigen und unangemessenen Belastung der niedersächsischen Erdöl- und Erdgasindustrie und seien nicht hinnehmbar". Nur in Risikofällen hält er diese Maßnahme für sinnvoll. Aktuell steht Jörg Bode in der Kritik, aufgrund der von ihm genehmigten Subventionierung der Erdgasgewinnung. "Die (niedersächsische) Landesregierung erlässt sogar der Firma ExxonMobil seit Jahresbeginn zwei Millionen Euro an Förderabgaben für jede erfolglose Fracking-Bohrung - einem der größten Konzerne der Welt", so Ursula Weisser-Roelle, stellvertretende Vorsitzende und wirtschaftspolitische Sprecherin der Linken. Nun versucht Wirtschaftsminister Bode, diese Subventionierung über den Bundesrat auf weitere Bundesländer auszudehnen. -dt-


Fracking: Röttgen will "absolute Klarheit"

Der Präsident des Umweltbundesamtes, JOCHEN FLASBARTH, fordert eine obligatorische Bekanntgabe der verwendeten Chemikalien, um die Gefahren besser einschätzen zu können. Eine hierzu veröffentlichte Stellungnahme des Amtes setzt sich unter Anderem mit den Risiken der alternativen Gasgewinnung auseinander. Bundesumweltminister Norbert Röttgen, der zunächst keine klare Haltung zum Thema Fracking bezog, ordnete nun eine Studie über die Fördermethode an, deren Ergebnisse im März 2012 erwartet werden. "Meine Position ist, dass - bevor es zu einer wirtschaftlichen Nutzung kommt - absolute Klarheit und Transparenz über die Umwelteinwirkung erreicht sein muss".


Mehr Informationen zu diesem Thema unter:
http://www.umweltbundesamt.de/chemikalien/publikationen/stellungnahme_fracking.pdf
http://www.erdgassuche-in-deutschland.de/
http://www.bund-nrw.de/fileadmin/bundgruppen/bcmslvnrw/PDF_Dateien/Themen_und_Projekte/Energie_und_Klima/Erdgas/2011_05_26_Erdgas_LT-Anhoerung_Stellungnahme_BUND.pdf
http://www.gegen-gasbohren.de/

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 977/2011
Herausgeber:
regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser
im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU),
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Internet: www.akwasser.de, www.regioWASSER.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2011