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KONTROLLE/027: Sorge um natürliche Lebensgrundlagen bei Umbau der Wilhelmshaven-Raffinerie (NABU NI)


Biologische Schutzgemeinschaft Hunte-Weser-Ems (BSH), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Landesverband Niedersachsen (BUND), Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU), Naturschutzbund Deutschland (NABU) Niedersachsen, Naturschutzverband Niedersachsen (NVN) - Hannover, 26. Januar 2009

Naturschutz und Technische Standards beachten!

Naturschutzverbände Niedersachsens in Sorge um Qualität der natürlichen Lebensgrundlagen bei Investitionen in Wilhelmshaven-Raffinerie


Die aktuellen Planungen für eines der größten Infrastrukturprojekte in Deutschland bei Wilhelmshaven lassen bei den Umwelt- und Naturschutzverbänden in Niedersachsen Befürchtungen wachsen: Mit einer Investitionssumme von etwa zwei Milliarden Euro will der Amerikanische Ölmulti Conoco-Phillips die Ölraffinerie in Wilhelmshaven umbauen. "Sein Ziel ist, künftig stärker schadstoffhaltiges Rohöl aus Russland (REBCO-Qualität) zu verarbeiten", berichtet Dr. Christian Eberl, der Vorsitzende des Naturschutzverbandes Niedersachsen (NVN). Die Raffinerie in Wilhelmshaven gehört zu den größten Raffinerien in Deutschland und Europa. Der russische Staatskonzern Lukoil zeigte bereits Interesse an einem Einstieg bei der Raffinerie.

"Der vorliegende Änderungsantrag orientiert sich offensichtlich nicht an der Vorgabe der Vermeidbarkeit von schädlichen Einwirkungen auf die Umwelt im Rahmen des technisch Machbaren, sondern ausschließlich an der Wirtschaftlichkeit und dem Wunsch, sich der veränderten Produktennachfrage des Marktes anzupassen. Naturschutzfachliche Standards werden nicht abgearbeitet", kritisiert Dr. Marita Wudtke, Referatsleiterin für Naturschutz/Umwelt des BUND-Landesverbandes Niedersachsen. "Erhebliche Beeinträchtigungen durch den Baulärm, dazu dauerhaft Betriebs- und Verkehrslärm und Luftschadstoffe für das EU-Vogelschutzgebiet und Naturschutzgebiet Voslapper Groden Nord gesteht der Betreiber ein!"

Derzeit steht der Antrag der Raffineriegesellschaft WRG auf Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz beim zuständigen Gewerbeaussichtsamt zur Diskussion - am 3. März 2009 soll er in Wilhelmshaven öffentlich erörtert werden. Die Verbände fragen sich - und Conoco-Phillips wird das beantworten müssen -, warum das Unternehmen nun von den 2006 beantragten Heizkraftwerksplanungen abweichen will und warum jetzt - neben den drei bestehenden - acht zusätzliche Prozessfeuerungsanlagen beantragt werden. "Baut man ein ,Gas-und-Dampf-Kombikraftwerks' (GuD), so könnte man auf elf Schornsteine verzichten, und müsste zudem keine Ausnahmegenehmigungen wegen nicht einzuhaltender Emissionsgrenzwerte beantragen", stellt Christine Jordan vom Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) klar. "Bei einer zentralen Emissionsquelle wäre es außerdem einfacher, Platz für eine Anlage zur möglichen Abscheidung der jährlich anfallenden 2,8 Mio. Tonnen CO2 vorzuhalten. Vor allem aber empfehlen wir, Kraft-Wärme-Kopplung nutzen - diese bei bestehenden Kraftwerken nachzurüsten und bei neuen Kohlekraftwerken gar nicht erst ohne anzutreten.", sagte sie.

"Das Naturschutzgebiet Voslapper Groden Süd wird bereits durch den Bau und die Verkehrsanbindungen des neuen JadeWeserPorts sowie des Electrabel-Kohlekraftwerks erheblich verlärmt, so dass Brutvögel wie Blaukehlchen, Rohrdommel und Wachtelkönig als Ausweichmöglichkeit nur den Voslapper Groden Nord haben. Den gilt es also besonders zu schützen!", fordert Elke Meier, Fachbereichsleiterin Naturschutz vom NABU Niedersachsen.

"Durch Grundwasserabsenkungen für die Baustelle wird es zu wasserabhängigen Boden- und Biotopschädigungen im Vogelschutzgebiet kommen", prognostiziert Dr. Wudtke, BUND. Amphibien und Vögel - darunter zahlreiche Rote-Liste-Arten - werden in ihren Lebensräumen massiv beeinträchtigt. Die Naturschutzverbände fordern deshalb ein Monitoring der ökologisch relevanten Umwelt- und Bestandsdaten.

In ihren Stellungnahmen zu dem geplanten Vorhaben fordern die Verbände, die Umweltstandards der Raffinerie deutlich zu verbessern. Die technischen Standards für den Raffineriebetrieb - beispielsweise in Bezug auf die Minderungspotentiale bei dem giftigen Benzol - sind von den europäischen Raffineriebetreibern mit der EU-Kommission bereits 2003 vereinbart worden - diese werden nach dem vorliegenden Antrag in Wilhelmshaven weder heute noch künftig ausreichend umgesetzt. "Vor allem die Freisetzung von Schwefeldioxid, Stickoxiden, Kohlenwasserstoffen und hochgiftigem Benzol sind erheblich zu hoch.", kritisiert Prof. Remmer Akkermann (BSH).


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Quelle:
Pressemitteilung, 26. Januar 2009
Naturschutz aktuell - NABU Pressedienst
Herausgeber:
NABU Niedersachsen, Alleestr. 36, 30167 Hannover
Telefon: 05 11 / 9 11 05 - 27, Fax: 05 11 / 9 11 05 - 40
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Januar 2009