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POLITIK/433: Rede des Bundesumweltministers zum Erneuerbare-Energien-Gesetz, 25.03.10 (BPA)


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Rede des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Dr. Norbert Röttgen, zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vor dem Deutschen Bundestag am 25. März 2010 in Berlin


Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Nach den relativ aufgeregten Reden der Opposition will ich mich dem Versuch zuwenden, die Debatte auf ihren Kern zurückzuführen, in dem wir in diesem Hause, so glaube ich, weitgehend übereinstimmen. Ich möchte die Frage stellen: Was folgt aus der Übereinstimmung in diesem Haus für die Förderung der Fotovoltaik, der Solarenergie?

Die Erfolgsgeschichte der erneuerbaren Energien - auch die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte: 300.000 Arbeitsplätze - ist geschildert worden. Sie ist nicht nur schön, sondern sie ist auch notwendig als energiepolitische Schlussfolgerung: Es bedarf eines Strukturwandels, den der Bundespräsident in dieser Woche beschrieben hat. Ich bin außerordentlich dankbar dafür und nutze diese Debatte bewusst, um das entscheidende und aus meiner Sicht wichtigste Zitat aus einem Interview des Bundespräsidenten in diese Debatte einzuführen, weil das der Gesamtkontext der Strategie zur Förderung der erneuerbaren Energien ist. Ich zitiere aus einem Interview des Bundespräsidenten von dieser Woche:

"Wir müssen jetzt den Paradigmenwechsel hin zu einer Wirtschaftsweise einleiten, die unser Planet verkraftet und die letztlich auch mehr Sinn stiftet. Der Befund ist doch eindeutig: Die Rohstoffe werden knapper, die Energie wird knapper, die Umweltschäden werden größer. Für mich gibt es keinen Zweifel: Die Nation, die sich am schnellsten, am intelligentesten auf diese Situation einstellt, wird Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen."

Genau so ist es. Ich finde, wir können dem Bundespräsidenten dankbar sein, dass er das in dieser Klarheit formuliert hat. Das darf eine Würdigung in diesem Hause finden. - Ich weiß nicht, warum Sie sich selbst dann empören, wenn der Bundespräsident etwas Richtiges sagt, von dem ich unterstelle, dass auch Sie es für richtig halten. - Daran sollten wir uns orientieren. Der Bundespräsident hat die entscheidende Orientierung gesetzt.

Die erneuerbaren Energien sind die Strategie im Kontext des allgemeinen wirtschaftlichen Strukturwandels, den wir angehen müssen. Darum setzen wir auf die erneuerbaren Energien, übrigens auch als Teil eines globalen Trends. Heute kam die Meldung, dass China erstmals weltweit an der Spitze der Länder liegt, die am meisten in die erneuerbaren Energien investieren. Das zeigt: Wir befinden uns auf einem globalen Markt, der rund 5.000 Milliarden Dollar umfasst, und in einem globalen Wettbewerb. Es geht um die Frage, welche Strategie wir verfolgen, um die Nutzung der erneuerbaren Energien voranzutreiben. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist ein erfolgreiches Instrument. Ich habe übrigens keine Schwierigkeiten damit, zu erkennen, dass gelegentlich auch andere etwas richtig machen. Vielleicht könnten Sie sich in dieser Hinsicht etwas fortentwickeln.

Die Frage ist: Was ist die Philosophie des Erneuerbare-Energien-Gesetzes? Messen wir die Qualität dieses Gesetzes daran, dass Subventionen, die die Stromkunden finanzieren, möglichst lange und in möglichst großem Umfang fließen? Oder ist die Philosophie des Erneuerbare-Energien-Gesetzes die eines Gesetzes zur Markteinführung erneuerbarer Energien, zur Technologieförderung, die umso erfolgreicher ist, je früher und je schneller sie nicht mehr der Subventionierung bedarf? Denn die erneuerbaren Energien werden entweder auf dem Markt erfolgreich sein, oder sie werden gar nicht erfolgreich sein.

Nebenbei bemerkt: Das ist eine Investition in die erneuerbaren Energien. Aber das betrifft nur ein Bruchteil der Strompreiserhöhungen, die in den letzten Jahren stattgefunden haben. Es ist wissenschaftlich völlig unbestritten, dass die Strompreiserhöhungen der letzten Jahre auf den fehlenden Wettbewerb auf dem Strommarkt zurückzuführen sind. Es ist die oligopolistische Struktur dieses Marktes, die Wettbewerb verhindert. Auch in diesem Zusammenhang sind die erneuerbaren Energien von strategischer Bedeutung, weil sie Wettbewerb in diesen Markt bringen, der in Wahrheit noch viel zu wenig ein Markt ist.

Weil das so ist, wollen und werden wir die Solarenergie ausbauen. Auch das ist mit dem vorliegenden Gesetzentwurf beabsichtigt. Die Solarenergie hat bislang eine Nischenfunktion. Ich weise darauf hin: Die Koalition wird durch Verabschiedung des vorliegenden Gesetzentwurfs die Solarenergie aus ihrer Nische herausholen und für einen relevanten Anteil der Solarenergie an der Stromversorgung sorgen. Das ist eine zentrale Aussage, die mit diesem Gesetz verbunden ist.

Wenn in den letzten Jahren die Systempreise, von denen hier gesprochen worden ist, im Verhältnis zu dem Zeitpunkt, als die staatliche Vergütung festgesetzt wurde, um 30 Prozent gesunken sind und wenn wir nun für dieses Jahr erneut mit einem Preisrückgang von zehn bis 15 Prozent rechnen, also am Ende des Jahres einen Preisrückgang von 40 bis 45 Prozent im Vergleich zu dem haben, was die Stromkunden derzeit zahlen müssen, dann muss der Gesetzgeber reagieren, wenn es bei der Markteinführung bleiben und nicht zu einer Subventionierung von Investmentfonds kommen soll. Das ist nicht das Ziel, das wir verfolgen. Wir wollen die Markteinführung.

Nebenbei bemerkt: Auf den Preiswettbewerb zwischen den Herstellern von Modulen - ob es sich um einen deutschen oder um einen chinesischen Hersteller handelt - hat die Einspeisevergütung von vornherein keine Auswirkungen. Sie wirkt sich darauf schlicht und ergreifend nicht aus. Ihr Argument ist in ökonomischer Hinsicht definitiv falsch. Wir haben diesen Preiswettbewerb übrigens schon bei der heutigen Vergütung. Die Einspeisevergütung hat dabei keinerlei Auswirkungen.

Herr Kollege Fell, bei aller Wertschätzung: Auch die Aussage, dass wir nicht auf Forschung setzen, ist falsch. In diesem Haushalt setzen wir vermehrt auf Forschung. Mit diesem Haushalt, der ein Spar- und Konsolidierungshaushalt ist, werden gegen die Notwendigkeit, zu sparen, zusätzlich zehn Millionen Euro in die Forschung investiert. Natürlich setzen wir auf die Forschung, weil es um die Zukunft geht.

Wir führen ein System ein, das Verlässlichkeit in die Finanzierung bringt. Wir schaffen dadurch Verlässlichkeit, dass wir in Zukunft die Vergütung an die Marktentwicklung koppeln. Im Gesetzentwurf ist keine fixe Vergütung vorgesehen, die immer wieder angepasst werden muss, je nachdem, wie sich der Markt entwickelt. Wir führen vielmehr einen flexiblen Vergütungsmechanismus ein, der an die Marktentwicklung gekoppelt wird und Verlässlichkeit für Finanzierung und Planung bringt. Damit vermitteln wir Investitionssicherheit.

Ich habe gesagt, Herr Fell, dass wir in diesem Haushalt die Mittel für die Förderung der erneuerbaren Energien von 110 Millionen Euro auf 120 Millionen Euro gesteigert haben. Wir haben die Forschungsmittel für den Bereich der erneuerbaren Energien von 110 Millionen Euro auf 120 Millionen Euro erhöht. Damit setzen wir auf Forschung. Das war meine Aussage. So einfach ist das.

Ich komme zu einem weiteren Element - ich will das in aller Kürze vortragen -, das diese Novelle prägt. Was wir tun, ist mehr als eine Reaktion auf den Preisrückgang; an einer Stelle fördern wir sogar stärker als bisher. Es geht um den Bereich, in dem die Solarenergie nicht eingespeist, sondern vom Haushalt selber genutzt wird. Das ist in hohem Maße sinnvoll, weil wir damit einen Anreiz für Verhaltensänderungen bieten. Wir geben einen wirtschaftlichen Anreiz, den Verbrauch nach der Erzeugung auszurichten. Wir geben einen Anreiz für Entwicklungen im Bereich Batterietechnologie. Es soll sich lohnen, diese Installationen im Privathaushalt vorzunehmen. Außerdem ist das ein Angebot an die Bürger, mitzumachen. Sie haben die Chance, sich selber zu versorgen. Das ist ein Anreiz, davon Gebrauch zu machen.

Eine letzte Bemerkung: Es geht bei diesem Vorschlag auch um die Kürzung von Subventionen. Was ist der Kern? Es geht um Geld und um Interessen. Ich finde, dass das nicht die Orientierung dieser Debatte und dieser Gesetzgebung sein darf. Ich meine, wir müssen uns an dem strategischen Ziel orientieren, die Nutzung der erneuerbaren Energien durch eine verlässliche Rahmensetzung zu fördern, damit der in unserem Land eingeschlagene Weg der Energiegewinnung erfolgreich wird.

Die einen sagen: Es ist viel zu viel gekürzt worden. Die anderen sagen: Es ist noch viel zu wenig gekürzt worden. Ich glaube, dass wir mit Augenmaß und einer konzeptionellen Klugheit einen Rahmen setzen, was dazu führen wird, dass die erneuerbaren Energien und speziell die Solarenergie in Deutschland weiter eine Erfolgsgeschichte schreiben. Unser Gesetz ist nicht nur gut gemeint, sondern auch richtig gut gemacht. Die Solarenergie erhält somit eine wirkliche Förderung.


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Quelle:
Bulletin Nr. 33-5 vom 25.03.2010
Rede des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit,
Dr. Norbert Röttgen, zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung
des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vor dem Deutschen Bundestag
am 25. März 2010 in Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. März 2010