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ABFALL/015: Kenia - Krankenhausabfälle auf öffentlichen Müllhalden, Gefahr für Mensch und Umwelt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. Dezember 2011

Kenia: Krankenhausabfälle auf öffentlichen Müllhalden - Gefahr für Mensch und Umwelt

von David Njagi

Müllsammler auf der Dandora-Müllkippe am Rand von Nairobi - Bild: © David Njagi/IPS

Müllsammler auf der Dandora-Müllkippe am Rand von Nairobi Bild: © David Njagi/IPS

Nairobi, 29. Dezember (IPS) - Für Collins Otieno ist jeder neue Tag eine Art russisches Roulette. So lebt der kenianische Müllsammler in der ständigen Gefahr, sich mit gefährlichen Keimen zu infizieren. In den vier Jahren, in denen er sich in Soweto, einem Slum in der Hauptstadt Nairobi, nach verwertbaren Abfällen umsieht, hat er einige seiner Kollegen an merkwürdigen Krankheiten sterben sehen. Andere trugen aufgrund einer infizierten Wunde Behinderungen davon.

An einem guten Tag in Soweto, Standort zahlreicher illegaler Kliniken, verdient der 25-Jährige 300 kenianische Schilling (drei US-Dollar). Das Geld reicht für eine Packung Mehl und Gemüse - genug, um zwei Tage lang satt zu werden.

Otieno stieß einmal auf einen toten Fötus. "Ich hab's richtig mit der Angst zu tun gekriegt und die Polizei benachrichtigt", erzählt er und fügt hinzu, dass er immer wieder benutzte Spritzen und andere spitze Gegenstände findet, durch die man sich leicht verletzen und infizieren kann.

Nach Angaben von Linus Ndegwa, Leiter des Infektionskontrollprogramms der Kenianischen Seuchenkontrollzentren, kommt auf jeden Krankenhauspatienten etwa ein halbes Kilo medizinischer Abfall, der zu einem Fünftel ansteckend ist. Im Kenianischen Nationalhospital werden pro Monat 7.500 Menschen behandelt, die monatlich etwa 3.740 Kilo Krankenhausmüll produzieren.

Die Rückstände der illegalen Kliniken, Korruption und die mangelhafte Umsetzung staatlicher Bestimmungen erschweren den Kampf gegen die Verbreitung von Krankheitskeimen, die auf Klinikabfälle zurückzuführen sind. Hinzu kommen gesundheitliche und ökologische Bedenken gegen eine vor drei Jahren entwickelte Richtlinie des Gesundheitsministeriums, der zufolge der Krankenhausmüll verbrannt werden muss.

So warnt PATH International, eine Organisation, die Reittherapien anbietet, dass beim Verbrennen von Plastikhandschuhen, chemikalienhaltigen Materialien und Medikamentenrückständen giftige Substanzen wie Dioxine entstehen.

Auch die Umweltorganisation 'The Green Belt Movement' (GBM) hat Bedenken, medizinische Abfälle zu verbrennen. "Bei den meisten Verbrennungsprozessen entsteht CO2 in Form von Rauch, das den Klimawandel verursacht", warnt GBM-Mitarbeiter Benjamin Kimani. Er bemängelt, dass die Regierung keine konkreten Angaben zu der Menge der Abfälle macht, die verbrannt werden.

Die Regierung hat versprochen, neue Wege der Sondermüllentsorgung zu beschreiten. Fred Okuku von PATH International hält den Einsatz von Heißluft für eine geeignete Methode, um die Abfälle zu sterilisieren. Bei Temperaturen von 121 bis 130 Grad Celsius könnten Krankheitserreger nicht überleben, erläutert er. Danach könnten die Abfälle geschreddert und problemlos auf einer öffentlichen Müllkippe entsorgt werden.

Damit wäre auch die Gefahr für die vielen Müllsucher, sich auf den Halden mit den Krankenhausabfällen zu infizieren, weitgehend gebannt. Einem Bericht der kenianischen Gesundheitsbehörde von 2006 zufolge ist die Gefahr, sich über Krankenhausmüll mit einer Krankheit anzustecken groß: Bei Hepatitis B liegt sie bei eins zu drei, bei Hepatitis C bei eins zu 30 und bei HIV bei eins zu 300.

Otieno hat bisher Glück gehabt. Denn wie die meisten anderen Müllsucher geht er seiner Arbeit ohne Schutzkleidung nach. Auch kann er sich die regulären Gesundheitschecks nicht leisten, die in Anbetracht der erhöhten Ansteckungsgefahr angebracht wären. Sein Kumpel Titus musste einen Arzt aufsuchen, nachdem er sich Ödeme an seinen Beinen zugezogen hatte. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.pathintl.org/
http://greenbeltmovement.org/w.php?id=61
http://www.hpa.org.uk/webc/HPAwebFile/HPAweb_C/1205394781623
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=106320

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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Dezember 2011