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ABFALL/030: Indien - Bundesstaat Andhra Pradesh fördert Abfalltrennung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. November 2012

Indien: Wettstreit um beste Müllverwertung - Bundesstaat Andhra Pradesh fördert Abfalltrennung

von Keya Acharya


Die 600.000 Einwohner von Warangal produzieren täglich 300 Tonnen Hausmüll - Bild: © Keya Acharya/IPS

Die 600.000 Einwohner von Warangal produzieren täglich 300 Tonnen Hausmüll
Bild: © Keya Acharya/IPS

Warangal, Indien, 23. November (IPS) - Indien ist dafür bekannt, seine überbordenden Abfälle nicht in den Griff zu bekommen. Die Stadtverwaltung von Warangal im südindischen Bundesstaat Andhra Pradesh macht die Müllaufbereitung zu einem sportlichen Wettbewerb, um die gesamte Nation dazu anzuregen, die Umwelt sauber zu halten.

In der Stadt wetteiferten kürzlich 386 Mannschaften aus 57 Gemeinden im Norden von Andhra Pradesh - dem größten Bundesstaat im Süden Indiens und dem viertgrößten im ganzen Land - um eine Trophäe für das Sammeln und Verwerten von Müll.

"Das ist eine Chance, etwas zu lernen. Auch ich wollte wissen, wie man das hinbekommt", sagt Vivek Yadav, der Stadtkämmerer von Warangal, deren 600.000 Einwohner jeden Tag etwa 300 Tonnen Haushaltsmüll produzieren.

Abfalltrennung und Recycling mögen in den meisten Ländern der Welt längst zum Alltag gehören. In Indien dagegen, wo die Städte immer weiter wachsen, haben Missmanagement und eine unzureichende Infrastruktur dazu geführt, dass 90 Prozent aller Gemeinden ihren Müll auf offenen Halden lagern. Die Energiebehörde in Neu-Delhi schätzt, dass im Jahr 2047 das Abfallaufkommen in den indischen Städten auf 260 Millionen Tonnen jährlich gestiegen sein wird.

Vor zwölf Jahren entschied der Oberste Gerichtshof Indiens auf Antrag von Almitra Patel, einer in Bangalore lebenden Ingenieurin des 'Massachusetts Institute of Technology' (MIT), dass die indischen Gemeinden für eine sichere Lagerung ihrer Abfälle sorgen müssen. Diese Regelung wurde aber nur unzureichend umgesetzt.


Teamgeist beim Kricketspiel als Vorbild

Die Idee, den Umgang mit Müll zum Sport zu machen, kam dem Umweltaktivisten Uday Singh in den Sinn, nachdem er ein Kricketspiel der Ersten Liga gesehen hatte. "Wir wollten uns den Wettbewerbs- und Teamgeist, den Indien beim Kricket zeigt, auch im Bereich der öffentlichen Gesundheit zunutze machen", sagt Singh.

Die treibende Kraft hinter den 'Clean Cities Championships' war jedoch der stellvertretende Chef der Kommunalverwaltung von Andhra Pradesh, Khadar Saheb. Er sorgte auch dafür, dass 2003 Suryapet als erste Stadt Indiens ihr Müllproblem regelte.

Vor dem eigentlichen Wettbewerb wurde in den Gemeinden eine Informationskampagne über Mülltrennung in Haushalten durchgeführt. Jede teilnehmende Mannschaft wurde von einem Gesundheitsinspektor einer Stadt geleitet.

Die Teams zogen jeden Morgen von sieben bis elf Uhr mit Trolleys von Haus zu Haus und sammelten Müll ein. Die gefüllten Vehikel wurden zwischendurch an einem Müllsammelzentrum ausgeleert. Für ihre Leistungen wurden die Mannschaften nach einem Punktesystem bewertet.

An dem Wettbewerb beteiligten sich städtisch angestellte Traktorfahrer, Reinigungspersonal und Müllmänner. "Das Ziel war, alle kommunalen Beschäftigten quer durch alle Bereiche fortzubilden, damit sie ihr neues Wissen in ihren Heimatstädten weitergeben können", sagt Saheb.

Plastik wurde an einem bestimmten Sammelplatz gelagert, Abwässer wurden zu einer Deponie 15 Kilometer außerhalb von Warangal geleitet. Die organischen Abfälle von den beiden größten Märkten der Stadt wanderten in die Wurmkompostierung.

Der Wettbewerb stieß bei den Einwohnern von Warangal auf großes Interesse. Wenn die Mannschaften morgens in ihre Trillerpfeifen bliesen, kamen die Frauen an die Türen ihrer Häuser in der Altstadt, die einst Teil eines Forts der Kakatiya-Dynastie war, die zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert nach Christus den größten Teil des heutigen Andhra Pradesh beherrschte.

Die 61-jährige Sultana Begum und ihr Mieter Rani wussten anfangs zwar nicht, wo ihre getrennten Abfälle landen würden. Dennoch hielten sie die Initiative für eine "gute Sache". Aus anderen Haushalten kamen ähnlich positive Reaktionen.


Müllsammler bleiben zunächst außen vor

Weniger begeistert reagierten allerdings die Müllsammler, die sich bisher ihren Lebensunterhalt durch den Wiederverkauf von Plastikmüll verdient haben. Singh sicherte zu, sie zu gegebener Zeit ebenfalls an dem Recycling-System zu beteiligen.

Die Verantwortlichen für die Initiative lobten die Ergebnisse und hoffen, dass sich die Informationen im Schneeballverfahren weiterverbreiten. Der Wettbewerb soll nun auch in mehreren anderen Städten in Andhra Pradesh stattfinden. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.seas.columbia.edu/earth/wtert/sofos/Sustainable%20Solid%20Waste%20Management%20in%20India_Final.pdf
http://static.globaltrade.net/files/pdf/20100318081000.pdf
http://www.ipsnews.net/2012/11/making-waste-management-a-sport-in-india/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 23. November 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. November 2012