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ABFALL/031: Argentinien - Abfalldeponien platzen aus allen Nähten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. Dezember 2012

Argentinien: Wohin mit dem Müll? - Abfalldeponien platzen aus allen Nähten

von Marcela Valente



Buenos Aires, 7. Dezember (IPS) - Es ist nicht nur der beißende Geruch. Vor allem Gesundheitsprobleme haben die Bewohner von González Catán 32 Kilometer südwestlich der argentinischen Hauptstadt dazu gebracht, immer wieder Beschwerde gegen die Mülldeponie in ihrer unmittelbaren Nähe einzulegen. 2.500 Tonnen Abfall, der zum Teil aus dem Großraum Buenos Aires stammt, werden hier täglich abgeladen.

Nun hat das Internationale Wassertribunal die städtische Umweltvereinigung (CEASME), die die Mülldeponie betreibt, dazu verpflichtet, mit den Anwohnern eine Lösung auszuarbeiten. Im November tagte das Internationale Wassertribunal in Buenos Aires, um über Wasser-Dispute aus fünf lateinamerikanischen Ländern zu verhandeln. Die Anordnung des Tribunals ist rechtlich nicht bindend, aber sie hat politisches Gewicht. "Deshalb sehen wir sie als einen Schritt nach vorne an", sagt Hugo Ozores, ein Bewohner von González Catán.

Vor zehn Jahren bemerkten die Bewohner des Bezirks zum ersten Mal den beißenden Geruch, der von der Müllkippe kam. Sie fürchteten einen Zusammenhang zwischen den zunehmenden Gesundheitsproblemen und sorgten sich um ihr Leitungswasser, das aus den Gewässern nahe der Mülldeponie gewonnen wird. Nachdem sich die Anwohner oft genug beschwert hatten, regelte ein Gesetz die Belastungsgrenzen der Deponie. Doch das reichte nicht aus.


Grundwasser belastet

Die Müllhalde stammt noch aus Zeiten der Militärdiktatur der 80er Jahre. "CEASME zufolge wurde einfach ein Loch gegraben und ausgekleidet. Aber bei einer Untersuchung wurden Belastungen im Fluss Morales und im Aquifer Puelche gefunden, die aus der Deponie stammen müssen", sagt Ozores.

Die Untersuchung hatte ein Gericht angeordnet und wurde von der Polizei durchgeführt, nachdem die 'Versammlung von Nachbarn in González Catán' Anzeige erstattet hatten, weil sie fürchteten, dass ihr Trinkwasser verschmutzt sei. Bei der Untersuchung wurden unter anderem erhöhte Nitrat-, Chrom- und Arsenwerte und auch Coli-Bakterien in den Wasserproben nachgewiesen.

"Das Wasser einfach nur zu chloren, bevor wir es trinken, reicht nicht aus, um die Chemikalien abzutöten", sagt Ozores. 2006 urteilte der Richter Juan Salas, dass die Anwohner das Leitungswasser nicht nutzen sollen. "Nicht einmal, um unsere Zähne zu putzen", so Ozores. Aber kaum jemand kann es sich leisten, Wasser aus Flaschen zu kaufen.

Immerhin versorgen die Behörden die Schulen in der Gegend mit sauberem Wasser. Das werten die Bewohner als Eingeständnis der Politik, dass das Wasser tatsächlich verschmutzt ist. Daraufhin erstatteten sie Anzeige und warfen den Behörden vor, ihren Verpflichtungen nicht nachzukommen.

"Buenos Aires steckt in einer tiefen Müllkrise", sagt Lorena Pujó von Greenpeace in Argentinien. "Die Deponien sind mehr als ausgereizt und müssen alle geschlossen werden." Seit zehn Jahren versucht CEASME neue Müllhalden zu eröffnen, doch an allen potenziellen Standorten wehren sich die Anwohner.


Greenpeace fordert verpflichtende Mülltrennung

Seit 2003 kämpft Greenpeace dafür, dass in Buenos Aires endlich ein Gesetz verabschiedet wird, das Mülltrennung schon in den privaten Haushalten bindend macht. Offizielle Recycling-Programme sollen den anfallenden Müll verringern und dadurch die Deponien entlasten. Greenpeace fordert letztlich eine 100-prozentige Wiederverwertung von Müll.

Bisher werden in Argentinien Haushaltsabfälle von sogenannten Cartoneros - Müllsammlern - sortiert. Flaschen und Papier können sie auf Recyclinghöfen, die es bereits gibt, eintauschen gegen Geld. Doch das funktioniert nur, wenn die Konsumenten mitarbeiten und nicht alles in eine Tonne werfen, sodass die Pappe etwa von Joghurtresten verschmiert wird.

Tatsächlich wurde bereits im Jahr 2005 ein Null-Abfall-Gesetz verabschiedet, doch bis 2007 wurden keine Maßnahmen ergriffen, um es auch in die Praxis umzusetzen. Ziel des Gesetzes war es gewesen, bis Ende 2012 den Müll auf den Deponien um 50 Prozent zu reduzieren. Doch mit der Umsetzung wurde nicht einmal begonnen.

Die Bewohner von González Catán haben nun ihre eigenen Recycle-Pläne den Behörden vorgestellt. "Wir sind keine Profis. Aber wir haben uns mit Modellen in anderen Teilen der Stadt und in anderen Ländern befasst" - beispielsweise mit denen in São Paulo und in San Francisco. Aber die Behörden haben nichts unternommen. "Das liegt daran, dass große Unternehmen ein gutes Geschäft mit dem Müll machen." (Ende/IPS/jt/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Dezember 2012