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ARTENRAUB/070: Bedrohte Primaten - Plumploris als niedliche Haustiere weltweit begehrt (Regenwald Report)


Regenwald Report Nr. 2/12 - www.regenwald.org

Zu Tode geliebt

Plumploris gehören zu den bedrohtesten Primatenarten der Erde. Sie sind streng geschützt und werden dennoch gejagt, verstümmelt und als niedliche Haustiere missbraucht. Die kleinen Affen mit den großen Augen brauchen dringend unsere Hilfe



Die Bilder gehen unter die Haut. Auf einem Markt in Indonesiens Hauptstadt Jakarta filmen Tierschützer mit verdeckter Kamera das unbeschreibliche Elend gefangener Tiere, mit denen Menschen Geschäfte machen. Dicht an dicht drängen sich die Händler und preisen ihre lebendige "Ware" an. Zu ihnen gehören auch Aras, Schlangen oder Äffchen, die noch ihre Mutter bräuchten. Eingezwängt in verdreckten Käfigen, Kartons und Kisten warten sie auf ihr Schicksal. "Viele dieser Tiere stehen auf der Roten Liste bedrohter Arten", sagt die Primatenforscherin Dr. Anna Nekaris aus Oxford, die seit 18 Jahren ihr Leben den Plumploris widmet. "Diese kleinen Affen sind geheimnisvoll - und irgendwie menschlich."

Kunden zahlen 2.500 Dollar für das exotische "Haustier", deshalb blüht der Handel

Genau das wird ihnen zum Verhängnis. Mit ihren riesigen braunen Augen und dem weichen Fell sind Plumploris als niedliche Haustiere weltweit begehrt. Eine vom Aussterben bedrohte Art als Haustier zu halten, steigert in Indonesien das soziale Ansehen; das gilt gerade für die kleinen Primaten. Der illegale Handel auf den großen Märkten der Städte hat die spanische Tierärztin Karmele Llano tief erschüttert, als sie 2003 zum ersten Mal nach Indonesien kam. Drei Monate wollte sie dort volontieren - neun Jahre sind daraus geworden. "Ich kann doch die Tiere und ihren Lebensraum nicht sterben lassen!" Alle fünf Arten der südostasiatischen Loris stehen auf der Roten Liste; von den drei indonesischen ist als Erster der winzige Java-Plumplori vom Aussterben bedroht. Internationales und auch indonesisches Recht verbieten den Handel mit Plumploris - dennoch werden jährlich Tausende von ihnen gewildert. Sie landen auf Tiermärkten in Indonesien oder werden nach Japan, Russland, China und Europa geschmuggelt - angeboten auch über das Internet. Bis zu 2.500 US-Dollar zahlen Kunden für ein exotisches Haustier. In Kambodscha, Laos und Vietnam wiederum glaubt man an die medizinisch wirksamen Kräfte der Plumploris und handelt ihr getrocknetes Fleisch.

Das Gift schützt die Loris gegen Feinde im Tierreich; nur nicht gegen Menschen

Es gibt noch einen dritten Grund, warum Plumploris zu den bedrohtesten Primatenarten der Erde gehören: der Verlust ihres Lebensraumes - in Indonesien sind es bereits 80 Prozent. Dort werden weiterhin die Regenwälder für Palmöl- und Holzplantagen und Bergbau gerodet - auch Primärwälder, obwohl die indonesische Regierung im Mai 2011 ein Moratorium verkündet hat. Doch heimlich wird es aufgeweicht; immer mehr Konzerne erhalten in Schutzgebieten Konzessionen.

Erst werden die Giftzähne brutal entfernt, dann landen die Loris auf dem Tiermarkt

Plumploris sind die einzigen giftigen Primaten. Das Gift hält ihre Feinde im Tierreich fern (siehe Kasten Seite 6) - doch gegen Menschen schützt es die kleinen Affen nicht. Die Händler haben sich eine grausame Methode gegen den Giftbiss der Loris ausgedacht: Sie kneifen ihnen die Zähne mit der Zange ab oder reißen sie gewaltsam raus. Diese Verstümmelung verursacht schwere Entzündungen und oft sterben die Tiere langsam und qualvoll.

Doch die Plumploris bekommen Hilfe. Bei Bogor auf der Insel Java hat die Tierärztin Karmele Llano ein Rettungszentrum eröffnet - das Erste dieser Art für Plumploris und andere Primaten. 45 Mitarbeiter betreuen und behandeln dort rund einhundert Plumploris und 50 andere Affen. Sie stammen alle aus illegalem Handel, wurden von Behördenvertretern beschlagnahmt und der Obhut der Ärzte und Pfleger übergeben. Wenn möglich, werden sie später wieder ausgewildert. "Das geht aber nur, wenn sie gerettet werden können, bevor sie auf dem Markt landen und ihnen die Zähne entfernt wurden", sagt Karmele Llano. "Doch leider haben mehr als 85 Prozent unserer kleinen Patienten keine Zähne mehr. Sie werden deshalb nie wieder in Freiheit leben können." Zum Projekt gehören auch Workshops, um die Bevölkerung für das Problem zu sensibilisieren und die Gesetze zu verstärken.

PLUMPLORIS - UND IHR GENIALES GIFT-GEHEIMNIS
Sie bewohnen die Bäume in den Ländern Südostasiens - als absolute Leichtgewichte: Die schwanzlosen Plumploris wiegen, je nach Art, zwischen 260 und 1600 Gramm; bei Körperlängen von 24 bis 36 Zentimetern. Trotz ihrer gemütlichen Gestalt sind die kleinen Affen geschickte Jäger: Ohne ein Blatt zu bewegen, pirschen sie sich nachts an die Beute heran. Spinnen und Käfer gehören zum Speiseplan, aber auch kleine Säugetiere und Früchte. Gegen Feinde und Parasiten besitzen Plumploris eine geniale Waffe: eine Giftdrüse in der Armbeuge. Droht Gefahr, benetzen sie die Zähne mit dem Gift.
"Das Sekret kann Parasiten töten, eine Katze betäuben und sogar einen Malayenbären mit seiner feinen Nase in die Flucht schlagen", sagt Primatenforscherin Anna Nekaris. Sie hat beobachtet, dass Plumploris ihr Fell mit dem Sekret einreiben und auch ihr Junges ablecken und so in ein Giftbad tauchen, wenn sie zur Jagd aufbrechen und es zurücklassen müssen. Wie das Gift im Körper gebildet wird, kann Nekaris nur vermuten: durch den Verzehr von giftigen Käfern und Spinnen. Leben die Plumploris in Gefangenschaft, nimmt der Giftgehalt ab.

http://www.regenwald.org/regenwaldreport/2012/353/zu-tode-geliebt

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Quelle:
Regenwald Report Nr. 2/12 - www.regenwald.org, S. 4-5
Herausgeber: Reinhard Behrend (v.i.S.d.P.)
Redaktion: Andrea Hülsmeyer, Guadalupe Rodriguez,
Klaus Schenk, David Vollrath, Christiane Zander
Rettet den Regenwald e.V. / Rainforest Rescue
Jupiterweg 15, 22391 Hamburg
Telefon: 040 / 410 38 04, Fax: 040 / 450 01 44
E-Mail: info@regenwald.org
Internet: www.regenwald.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juli 2012