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ASIEN/085: Graswurzel-Lösungen beim Katastrophenschutz gefragt - Konferenz zeigt globalen Trend (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 27. Juni 2014

Klima: Graswurzel-Lösungen beim Katastrophenschutz gefragt - Asiatische Ministerkonferenz zeigt globalen Trend

von Kalinga Seneviratne


Bild: © Naimul Haq/IPS

Ein von Frauen geführter Dorfrat erstellt eine 'soziale Landkarte'
Bild: © Naimul Haq/IPS

Bangkok, 27. Juni (IPS) - Mit dem Fokus ihrer Abschlusserklärung auf kommunale Lösungen ist die Sechste Asiatische Ministerkonferenz zur Reduzierung der Katastrophenrisiken (AMCDRR) in Bangkok dem internationalen Trend gefolgt, bei der Bewältigung der durch den Klimawandel bedingten Gefahren stärker auf Graswurzellösungen zu setzen.

Die in Zusammenarbeit mit dem Büro zur Umsetzung der Strategie der Vereinten Nationen zur Katastrophenvorsorge (UNISDR) organisierte Konferenz, die vom 23. bis 26. Juni in der thailändischen Hauptstadt stattfand, stellte für die lokalen Akteure die letzte Gelegenheit dar, sich vor dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs in Japan im kommenden März auf gemeinsame Katastrophenvorsorgestrategien abzusprechen. In Japan sollen die Nachhaltigkeitsziele besprochen werden, die Nachfolger der 2015 ablaufenden Millenniumsentwicklungsziele.

Wie Margareta Wahlström, Sondergesandte des UN-Generalsekretärs für Katastrophenvorsorge, in ihrer Eröffnungsrede erklärte, bedarf es eines inklusiven und partizipatorischen Modells, das den Graswurzelgemeinschaften und lokalen Behörden die Hauptrolle bei der Entwicklung von Maßnahmen zur Verringerung der Katastrophenrisiken (Disaster Risk Reduction - DRR) zuweist.


Die Betroffenen einbinden

Wahlströms Worte wurden von Harjeet Singh aufgegriffen, dem internationalen Koordinator des Katastrophenvorsorge- und Klimaanpassungsprojekts der internationalen Hilfsorganisation 'ActionAid'. "Wir sollten derartige Lösungen nicht in Sitzungssälen oder auf Konferenzen entwickeln", betonte er. "Vielmehr sollten wir mit den Gemeinschaften zusammenarbeiten, die als Betroffene die Auswirkungen bereits kennen. Meist haben sie für sich selbst geeignete Lösungen zur Hand."

Auf einer Pressekonferenz erklärte Wahlström weiter, dass das häufig von Katastrophen heimgesuchte Ostasien der Welt bei der Umsetzung erfolgreicher DRR-Strategien als Vorbild dienen könne. Ferner betonte sie, dass es nun darum gehen müsse, die Graswurzelgemeinschaften, die bereits hart an Klimaresilienz- und Klimaadaptionsstrategien arbeiteten, mit den nationalen Entscheidungsträgern zusammenzubringen, damit ihre Empfehlungen in die Entwicklungsagenda einfließen könnten.

Mit Blick auf die in Japan stattfindende Dritte UN-Konferenz für Katastrophenvorsorge (WCDRR) appellierte die Bangkoker Erklärung an alle regionalen Entscheidungsträger, die Resilienz auf lokaler Ebene durch eine Institutionalisierung integraler kommunaler Ansätze zu ermöglichen. Außerdem seien die Inklusion von Freiwilligen und Gemeinde-basierten Netzwerken sowie die Stärkung der Rolle der Frau bei der Resilienzbildung entscheidend.

Konferenzgastgeber Thailand sorgte dafür, dass die 'Sufficiency Economics'-Philosophie von König Bhumibol Adulyadej in das Abschlussdokument aufgenommen wurde, die auf ein auf den Menschen fokussiertes Entwicklungsmodell abhebt, durch das "die Auswirkung der Unsicherheiten geschwächt und die Immunität der lokalen Gemeinschaften gestärkt werden".

'Sufficiency Economics' fußt auf den buddhistischen Werten der Mäßigung, Selbstgenügsamkeit und Nachhaltigkeit, fördert ein graswurzelorientiertes Wirtschaftsmodell und lehnt Gier, Übernutzung und Verschwendung ab.


Dezentralisierung

In Bangkok wurde ferner der Aktionsrahmen von Hyogo (HFA2) als Blaupause für die Eingaben der Region auf der Konferenz in Japan im nächsten Jahr angenommen. Er räumt der kommunalen Resilienz bei der Katastrophenschutzvorsorge oberste Priorität ein. Im Verlauf des Beratungsprozesses für HFA2, der zwischen März 2012 und Mai 2013 stattfand, war es zu einer Schwerpunktverlagerung gekommen: von der Verringerung der Anfälligkeit hin zum Aufbau der Resilienz. Konkret bedeutet dies eine Dezentralisierung und die Einrichtung von Multi-Stakeholder-Plattformen.

Diese Verschiebung ist gerade für den asiatisch-pazifischen Raum wichtig, wo die Zahl der Menschen, die laut UNISDR von den alljährlichen Überschwemmungen bedroht sind, in den letzten vier Jahren von 29,5 Millionen auf 63,8 Millionen gestiegen ist. Die Zahl der Asiaten, die in zyklongefährdeten Gebieten leben, ist von 71,8 Millionen auf 120,7 Millionen gestiegen. Durch die Bank waren arme Menschen und Gemeinschaften mit niedrigen Einkommen überproportional stark betroffen.

Bei der Entwicklung wirksamer Katastrophenvorsorgestrategien gelte es innovativ zu sein und über den Tellerrand zu blicken, meinte der parlamentarische Abgeordnete Saber Chowdhrey auf der Konferenz in Bangkok. "Je höher unser Wachstum, umso mehr Probleme schaffen wir. Angesichts des asiatischen Wachstums brauchen wir politische Strategien, die auf Kohärenz, Verantwortlichkeit und Transparenz abzielen."

Stefan Kohler von der Gruppe für nachhaltige Infrastruktur des UN-Büros für Projektdienste (UNOPS) erklärte gegenüber IPS, dass die wichtigste Komponente im gesamten Prozess die Rücksprache mit den Gemeinden sei. "Sie sind diejenigen, die die für sie geschaffenen DRR-Infrastrukturen am Ende nutzen werden. Deshalb ist es wichtig, dass wir wissen, was sie brauchen, damit wir ihre Wünsche bei der Gestaltung der Programme berücksichtigen können."

Dem UN-Entwicklungsprogramm zufolge ist Nepal das am viertschlimmsten von allen negativen Auswirkungen des Klimawandels betroffene Land. Seit 1996 arbeitet das Land an Katastrophenvorsorgeplänen. Seit kurzem werden auch die Dorfgesellschaften bei der Entwicklung der Aktionspläne eingebunden. Die Regierung habe die Hinwendung zu den Gemeinden vollzogen, versicherte Gopi Khanal, Staatssekretär für die Ministerien für föderale Angelegenheiten und für lokale Entwicklung.

Über die Bezirksbürgerforen und 3.625 Dorfentwicklungsräte, die lokale Regierungsstrukturen nutzen, konnte Khanal zufolge ein System geschaffen werden, das nationale Informationen an die Distrikt- und Dorfebenen kanalisiert.


Gelder für die Kommunen

Becky-Jay Harrington von der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC), die derzeit in Nepal stationiert ist, betonte gegenüber IPS, dass durch das Pilotprojekt, das derzeit in sieben der 75 nepalesischen Bezirke durchgeführt wird, ein bemerkenswert hoher Anteil der nationalen Katastrophenvorsorgegelder den Gemeinden zugegangen sei. Der Gesamtetat des Projekts beläuft sich auf 2,5 Millionen Dollar.

Experten zufolge ist es wichtig, in einer Zeit, in der sich die Welt auf ein Katastrophenjahrzehnt vorbereitet, der Zivilgesellschaft mehr Verantwortung bei der Durchführung von DRR-Aktivitäten zu überlassen. (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/06/community-resilience-tops-u-n-s-disaster-relief-agenda/

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IPS-Tagesdienst vom 27. Juni 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juli 2014