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ATOM/008: Malaysia - Proteste gegen Produktion Seltener Erden, radioaktive Verseuchung befürchtet (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. April 2011

Malaysia: Proteste gegen Produktion Seltener Erden - Radioaktive Verseuchung befürchtet

Von Baradan Kuppusamy


Kuantan, Malaysia, 20. April (IPS) - In Malaysia befeuert die Angst vor radioaktiven Thoriumabfällen Proteste gegen die Pläne eines australischen Bergbauunternehmens, im westlichen Bundesstaat Pahang im Süden der Halbinsel Malakka eine 220 Millionen US-Dollar teure Fabrik zur Produktion Seltener Erden zu bauen. Die Menschen bringt vor allem auf, dass die strahlenden Abfälle in Malaysia verbleiben sollen.

"Malaysia darf nicht zum Abladeplatz für radioaktiven Müll werden", sagte Fuziah Salleh, eine Abgeordnete der Pahang-Hauptstadt Kuantan, in deren Nähe die Anlage entstehen soll. "Die Firma Lynas kommt und geht, doch wir werden Jahrzehnte lang auf den Thorium-Abfällen sitzen bleiben."

Nach Angaben von Lynas und der malaysischen Regierung ist der Thorium-Gehalt in den Abfällen, die am geplanten Standort der Anlage im Fischerdorf Gebeng anfallen könnte, viel zu gering, um Mensch und Natur gefährlich zu werden. Außerdem werde der Müll in "sicheren und gehärteten Containern" gelagert, bis eine Endlösung gefunden sei.

Wie der Lynas-Pressesprecher Matthew James in einer Mitteilung versicherte, ist das Erz aus der westaustralischen Port-Weld-Mine "sicher, ungiftig und unschädlich". Doch Salleh hält dagegen: "Der Thoriumgehalt ist hoch", erklärte sie ihrerseits in einem Statement unter Berufung auf australische Quellen.


Schlechte Erfahrungen

Was den Protesten gegen das Vorhaben Auftrieb verleiht, sind die malaysischen Erfahrungen mit einem weiteren Projekt zur Produktion der Seltenen Erden vor gut 20 Jahren im nördlichen Bundesstaat Perak. Die Fabrik nahe des Township Bukit Merah wurde nach einer Zunahme von Geburtsdefekten und Leukämieerkrankungen geschlossen. Der dort angefallene Thoriummüll war in Fässern dicht unter der Erdoberfläche vergraben worden. Bis heute gehen die Reinigungsarbeiten weiter.

Lynas zufolge wird es eine Wiederholung dieser Erfahrung allein schon deshalb nicht geben, weil die in Gebeng produzierten Seltenen Erden nur halb so viel Thorium enthalten wie die in Bukit Merah. Um die Ängste der lokalen Bevölkerung - Fischer, Bauern, Geschäftsleute, Lehrer und Lokalpolitiker - zu zerstreuen, haben Firmenvertreter und die malaysischen Behörden etliche Informationsveranstaltungen durchgeführt.

Der zunehmende Protest gegen die Anlage bereitet der Regierung in Kuala Lumpur Kopfzerbrechen, die einerseits auf ausländische Investitionen angewiesen ist, sich andererseits jedoch vor unpopulären Entscheidungen fürchtet, die sie noch mehr Sympathien in der Bevölkerung kosten könnte. Zu groß sitzt der Schreck über die Stimmenverluste, die sie bei den allgemeinen Wahlen 2008 hinnehmen musste.


"Die radioaktiven Abfälle wollen wir nicht"

"Der Müll sollte weder hier noch anderswo in Malaysia gelagert werden", meinte der Fischer Yusuf Ahmad. "Warum wird das Erz nicht in Australien weiterverarbeitet, und warum werden die Abfälle nicht dort entsorgt?" Die Antwort liegt Ahmad zufolge auf der Hand: weil die australischen Behörden dem Unternehmen die Produktionslizenzen vorenthalten haben. "Wir wollen Arbeit, wir wollen Fortschritt, doch die radioaktiven Abfälle wollen wir nicht", sagte er.

Die Seltenen Erden sind nicht so selten, wie ihr Name nahe legen könnte. Allerdings lassen sie sich in vielen Ländern nicht so preiswert produzieren wie etwa in China, wo Löhne und Umweltauflagen niedrig sind. Australiens strenge Gesetzgebung und die einflussreiche Grünenpartei sind sicherlich entscheidende Faktoren für die Entscheidung von Lynas gewesen, in Malaysia nach einem Standort für seine Anlage zu suchen, ist die Politikerin Salleh überzeugt.

China hält mit einem Anteil von 95 Prozent an der weltweiten Produktion den Monopol auf die silbrig glänzenden Metalle, die wegen ihrer besonderen elektrischen, magnetischen und mechanischen Eigenschaften aus der Elektronikindustrie nicht wegzudenken sind. Hoch ist die Nachfrage vor allem, seitdem Peking im Juni letzten Jahres Kontrollen zum Export der Seltenen Erden eingeführt hat.

Lynas will mit der Produktion der Seltenen Erden spätestens im September beginnen. Bis dahin soll die malaysische Regierung dem Vorhaben grünes Licht gegeben haben. Das Unternehmen geht davon aus, ab 2012 Seltene Erden im Wert von vier Milliarden Ringgit (91,3 Milliarden Dollar) exportieren zu können. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2011