Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

CHEMIE/018: Mexiko - Studie ermittelt gesundheitsgefährdende Konzentration von Quecksilber (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. Januar 2013

Mexiko: Angst vor Quecksilber - Studie ermittelt gesundheitsgefährdende Konzentration

von Emilio Godoy



Mexiko-Stadt, 15. Januar (IPS) - Über dem Río Coatzacoalcos liegt Quecksilber in der Luft, und mit jedem Atemzug inhalieren die Menschen, die am Rande des Flusses leben, seine giftigen Gase. Das Quecksilber in dem kleinen Ort im Süden Mexikos ist vor allem ein Nebenprodukt der Erdgasförderung.

"Die Menschen am Coatzacoalcos machen sich Sorgen. Sie wollen wissen, wie schädlich das Quecksilber in der Luft wirklich ist", sagt Isaúl Rodríguez, Leiter der Vereinigung der Öko-Bauern von Tatexco, gegenüber IPS. "Wir verhandeln jetzt mit den Lokalregierungen über eine Lösung des Problems." Die Vereinigung im südostmexikanischen Bundesstaat Veracruz hat rund 2.500 Mitglieder, die fürchten, dass das aus den Förderanlagen und Raffinerien der Petrochemie entweichende Quecksilber ihre Ernten vergiftet.

Die Gesundheits- und Umweltrisiken, die von Quecksilber ausgehen, sind Inhalt einer am 9. Januar veröffentlichten Studie im Rahmen des Internationalen Netzwerks für die Beseitigung langlebiger organischer Schadstoffe (IPEN). Die Datenerhebung in Mexiko haben die nichtstaatliche Organisation Umwelt und nachhaltige Entwicklung in der Hafenstadt Coatzacoalcos, das mexikanische Zentrum für Analyse und Aktion gegen Giftstoffe (CAATA) sowie die tschechische Arnika-Vereinigung durchgeführt. Dem Ergebnis nach liegt der Quecksilbergehalt in der Gegend durchschnittlich bei dem 1,7-fachen der von der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA als unbedenklich eingestuften Menge.

Die Daten für die Studie wurden in 25 Gemeinden mit insgesamt rund zwei Millionen Einwohnern erhoben. Die meisten Bewohner der Gegend verdienen ihren Lebensunterhalt als Fischer oder sind Kleinbauern und züchten Vieh.


Ruf nach Gegenmittel

"Die Ergebnisse bereiten uns Sorgen", sagt Lorenzo Bozada, Leiter der Organisation Umwelt und nachhaltige Entwicklung in Coatzacoalcos. "Die Menschen haben Angst, sterben zu müssen, und wollen wissen, was jetzt passiert. Sie rufen nach einem Gegenmittel gegen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen." Die Quecksilberfrage sei ein gesellschaftlich und wirtschaftlich schwierig zu lösendes Problem.

Die Studie wurde pünktlich vor der fünften und geplant letzten Verhandlungsrunde für das erste internationale Abkommen zur Beschränkung des Gebrauchs von Quecksilber veröffentlicht. Zu dem Ziel haben sich Vertreter von mehr als 100 Staaten vom 14. bis 18. Januar in Genf zusammengefunden.

Quecksilber greift das menschliche Nervensystem an und ist schädlich für Lunge, Nieren und Augen. Es schadet vor allem Föten und kleinen Kindern. Verursacher von Quecksilberemissionen ist beispielsweise der Abbau von Gold sowie die Verbrennung von Kohle, da das chemische Element in der Kohle gebunden ist und bei deren Verbrennung freigesetzt wird.

Auch bei der Erdgasförderung wird Quecksilber freigesetzt. In Coatzacoalcos ist darüber hinaus eine private Chlorfabrik in Betrieb. Bei der Produktion von Chlor fallen große Mengen an Quecksilber an. Das Metall ist besonders langlebig und wird auf natürlichem Wege nur sehr schwer abgebaut.


Quecksilber wird im- und exportiert

Der internationalen Anti-Quecksilber-Allianz 'Mercury Watch' zufolge waren kleine Goldminen in Mexiko im Jahr 2010 für 7,5 Tonnen Quecksilberemissionen verantwortlich. Im gleichen Jahr hat das Land 123,24 Tonnen Quecksilber exportiert und 13,89 Tonnen - vor allem aus den USA - importiert. Die Europäische Union hat den Export im Jahr 2011 untersagt. In dem mittelamerikanischen Land sollen laut einer Untersuchung der Kommission für Umwelt-Kooperation in Nordamerika 27 Millionen Tonnen des chemischen Elementes lagern.

Die mexikanische Regierung hat bereits 2010 verlauten lassen, die Situation des Quecksilbers im Land untersuchen lassen zu wollen. Aus Krankenhäusern soll Quecksilber darüber hinaus verbannt werden. Das hatte sie damals jedenfalls gegenüber dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) angekündigt, das sich für das internationale Vertragswerk zur Regulierung von Quecksilber stark macht. Doch überzeugend sind die Anstrengungen Mexikos auf dem Feld nicht: "Mexiko fehlen politische Maßnahmen auf nationaler Ebene, um das Quecksilber-Problem zu lösen", kritisiert der CAATA-Direktor Fernando Bejarano. (Ende/IPS/jt/2013)


Links:

www.ipen.org/hgmonitoring/pdfs/mexico-report-sp.pdf
http://www.mercurywatch.org/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=102229

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 15. Januar 2013
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Januar 2013