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KLIMA/053: Kiotoprotokoll in Gefahr - Umweltgruppen schlagen in Bangkok Alarm (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 5. April 2011

Klima:
Kiotoprotokoll in Gefahr - Umweltgruppen schlagen in Bangkok Alarm

Von Marwaan Macan-Markar


Bangkok, 5. April (IPS) - Nur noch sieben Monate sind es hin bis zum nächsten UN-Klimagipfel in Südafrika. Doch die Zukunft des Kioto-Protokolls ist ungewiss. Das einzige globale Abkommen, das den meisten Industriestaaten konkrete CO2-Emissionsreduktioinsziele abverlangt, läuft nach Ansicht von Umweltschützern Gefahr, von den Industriestaaten ausgehebelt zu werden.

"Gespräche über die Zukunft des Kioto-Protokolls werden immer dringlicher", meinte Meena Raman von der Umweltschutzorganisation 'Friends of the Earth International'. Doch die Industriestaaten zeigten in Thailand kein Interesse daran, sich auf neue und ehrgeizige Klimaziele zur Verringerung der klimaschädlichen Treibhausgase einzulassen. Die Tagung in Bangkok ist eine von drei UN-Klimakonferenzen, die im Vorfeld des 17. Gipfeltreffens der Vertragsstaaten (COP17) der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) in Durban stattfinden.

Seit dem Klimagipfel im mexikanischen Cancún im Dezember drücken sich die Vertragsstaaten nach Ansicht internationaler Umweltschutzorganisationen vor ihrer Verantwortung, sich auf verbindliche Emissionswerte für die zweite Phase des Kioto-Protokolls nach 2012 festzulegen. "Es besteht die Gefahr, dass das Kioto-Protokoll auseinander fällt", warnte Raman und warf den reichen Staaten vor, auf ein Zusage- und Kontrollsystem hinzuarbeiten, das auf Freiwilligkeit beruht.

Das Kioto-Protokoll von 1997, das nach einem fast zehnjährigen Verhandlungsmarathon 2005 in Kraft trat, gilt als ein Meilenstein in der Geschichte der UN-Klimapolitik. Es verlangt 37 Industriestaaten und der Europäischen Union bis 2012 eine Verringerung der Treibhausgase um fünf Prozent unter das Niveau von 1990 ab.


Klimagipfel in Durban unter Erfolgszwang

Klimaexperten betrachten den Klimagipfel im südafrikanischen Durban als entscheidenden Moment, um die zweite und signifikante Phase des Kioto-Protokolls festzulegen. Die hohen Erwartungen ergeben sich aus dem Scheitern der beiden vorangegangenen Gipfeltreffen in Kopenhagen 2009 und Cancún 2010, den Industriestaaten substanzielle und verbindliche CO2-Emissionsreduktionsziele für die Zeit nach 2012 abzuringen.

Dieses Unvermögen hat die Generalsekretärin der UN-Klimarahmenkonferenz UNFCCC, Christina Figueres, veranlasst, die Regierungen aufzufordern, die fundamentalen Fragen zum Kioto-Protokoll zu klären, um nach Ablauf der ersten Phase des Kioto-Protokolls 2012 das Entstehen einer immer wahrscheinlicher werdenden Lücke zu verhindern.

Doch die Worte dürften bei Ländern wie Japan, Kanada und Russland wenig Eindruck schinden. Auch wenn alle drei Staaten Vertragsstaaten des internationalen Abkommens sind, hatten sie sich einer neuen Runde verbindlicher CO2-Reduktionsziele schon vor dem Klimatreffen vom 3. bis 8. April in Bangkok widersetzt, an dem Vertreter von fast 190 Staaten teilnehmen.

Die USA sind die derzeit größten Emittenten klimaschädlicher Treibhausgase. Auch sie treten in der Frage des Kioto-Protokolls als Bremsklotz auf. So erklärte Washingtons Klimadiplomat Jonathan Pershing zum Auftakt der Bangkoker Gespräche, dass seine Regierung sich nicht auf eine horizontale Struktur einlassen wolle, "die jemand anders festgelegt hat".

Umweltschützern zufolge muss die internationale Gemeinschaft die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent und bis 2050 um 95 Prozent absenken, um einen Temperaturanstieg von zwei Grad Celsius oberhalb der vorindustriellen Marke zu verhindern. Der Weltklimarat aus renommierten internationalen Wissenschaftern, fordert eine Verringerung des Klimagasausstoßes von 25 bis 40 Prozent bis 2020.


"Energierevolution ausgeblieben"

Die CO2-Einsparungen der europäischen Staaten in der ersten Phase des Kioto-Protokolls geben nach Ansicht von Tove Ryding von 'Greenpeace International' keinen Anlass zur Freude. "Wir konnten noch keinen fundamentalen Wandel erkennen. Eine Energierevolution ist ausgeblieben", meinte Ryding.

Der europäische Erfolg, die CO2-Emissionen um fünf Prozent bis 2012 zu senken, sei auf die globale Finanzkrise von 2008 zurückzuführen, die zu einem Produktionsrückgang geführt habe, erläuterte Ryding. Außerdem machten die europäischen Länder ihre CO2-Emissionen durch den Kauf von CO2-Credits wett. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. April 2011