Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

KLIMA/168: Indonesien - CO2-Emissionen zu hoch, soziale Gruppen werben für "grünes" Verhalten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. Juni 2012

Indonesien: CO2-Emissionen zu hoch - Soziale Gruppen werben für 'grünes' Verhalten

von Kafil Yamin



Jakarta, 20. Juni (IPS) - Mit ihrem trendigen Lifestyle sind Studenten die größten CO2-Sünder, wie Klimastudien an der Bogor Agraruniversität (BAU) im indonesischen West-Java ergeben haben.

"Jeder Student wirft täglich durchschnittlich zwei Plastiktüten weg. Mehr als 3.000 davon liegen auf unserem Campus herum", sagt Popi Puspita Forestian, die an der BAU studiert. Viele Kommilitonen haben außerdem eine große Menge elektronischer Geräte zu Hause, darunter CD- und DVD-Spieler, Playstations, Mobiltelefone und Computer.

"Die meisten sind sich darüber im Klaren, was ihr Lebensstil für die Umwelt bedeutet. Sie wollen aber keinen Modetrend auslassen", kritisiert Popi. "Deshalb haben wir daran gearbeitet, grünes Verhalten trendig zu machen."

Eine andere Untersuchung des 'Institute for Essential Services Reform' (IESR) in Jakarta bestätigt, dass ein moderner Lebensstil die stetig zunehmenden Schadstoffemissionen in Indonesien weiter in die Höhe treibt. Nicht in allen Fällen sind Studenten die Verantwortlichen.

Das IESR stellte im Internet einen Kohlendioxyd-Rechner bereit, mit dessen Hilfe jeder Nutzer seinen individuellen CO2-Fußabdruck ermitteln kann. "Die Mittelschicht in den indonesischen Städten trägt etwa zur Hälfte zum Treibhausgasausstoß bei, vor allem durch elektronische Geräte", sagt die IESR-Mitarbeiterin Henriette Imelda. Der exzessive Gebrauch dieser Geräte treibe den Stromverbrauch in die Höhe, der wiederum die C02-Emissionen steigere, heißt es in der Studie.


CO2-Emissionen in West-Java am höchsten

West-Java, die am weitesten entwickelte Provinz Indonesiens, ist zugleich der größte CO2-Emittent des südostasiatischen Landes. Pro Kopf werden jährlich durchschnittlich 12,5 Kilo CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen. Dicht darauf folgen Banten, Zentral-Java, Sumatra und Kalimantan. Überraschenderweise gehört die Hauptstadt Jakarta mit ihren täglichen Verkehrsstaus nicht zu den fünf Städten mit den höchsten Emissionen.

West-Java, wo viele Universitäten und Schulen angesiedelt sind, verzeichnet laut der IESR-Studie einen hohen Papierverbrauch. Die Emissionsmenge erhöht sich durch den Einsatz elektronischer Geräte, Glühbirnen, Fernsehern sowie Haartrocknern. In der Provinz gibt es 68 Hochschulen, von denen 18 staatlich verwaltet werden. Hinzu kommen 130 staatliche Oberschulen, Tausende private Bildungseinrichtungen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs).

Nach elektronischen Geräten treiben vor allem Glühbirnen die Klimabilanz in die Höhe. Wie die Studie moniert, nutzen die Bewohner zu häufig umweltschädliche Glühbirnen. Es sei notwendig, auf energieeffizientere Formen der Beleuchtung umzusteigen.

Die rasche Ausbreitung von Wohnsiedlungen in West-Java hat die Nachfrage so stark erhöht, dass der nationale Stromversorger in Bedrängnis gerät. "Die Sundanesen, die die größte Bevölkerungsgruppe in West-Java ausmachen, orientieren sich an internationalen Modetrends und kaufen die neuesten Produkte", sagt Imelda.

IESR hat vor kurzem die Kampagne 'Low Carbon Women' gestartet, die unter anderem freiwillige Helfer ausbildet, die Informationen über den Klimawandel verbreiten. "Frauen können im globalen Kampf gegen die Klimaveränderungen viel leisten", meint Imelda. "Anfangen können sie damit, dass sie ausrechnen, wie viel CO2 sie selbst produzieren."

Auf dem BAU-Campus sammeln Popi und etwa 50 Kommilitonen regelmäßig Plastiktüten und Müll. Das Helferteam wirbt für wiederverwendbare Stofftaschen, die kostenlos verteilt werden. "In diesem Jahr konnten wir jedem Studenten eine der angesagten Taschen geben", berichtet Popi.

Indonesien, das seine CO2-Emissionen bis 2020 gegenüber einem 'Business-as-usual-Szenario' um 26 Prozent senken will, versucht sein Ziel mit Hilfe von NGOs zu erreichen. 2005 hatte die Weltbank das Land als drittgrößten Verursacher von CO2-Emissionen ausgemacht. Diese Einschätzung basierte vor allem auf den Folgen der Abholzung der Wälder, die der Gewinnung von Holz und der Anlage von Palmölplantagen dient.


CO2-Speicher Torfmoore vernichtet

Nach Erkenntnissen der Umweltorganisation 'Greenpeace' werden auch bei der Zerstörung der Torflandschaften größere Mengen Treibhausgase freigesetzt. Die Torfmoore können schätzungsweise 35 Milliarden Tonnen CO2 speichern.

Die indonesischen Behörden veröffentlichen keine jährlichen Daten zu Emissionen. Die Kohleverbrennung zur Stromproduktion, mit denen vor allem die Nachfrage ausländischer Investoren in Industriezweigen wie Stahl, Zement und Elektrizität befriedigt werden soll, hat die Luftverschmutzung und den CO2-Ausstoß in die Höhe getrieben.

Im September 2011 kündigte Indonesien einen Aktionsplan an, der Ministerien und Regionalverwaltungen dabei helfen soll, ihren Treibhausgas-Ausstoß zu senken. In Rawajati, einem grünen Vorort im Süden Jakartas, beteiligt sich jeder Haushalt am Pflanzen von Blumen und Bäumen, die mit organischen Abfällen gedüngt werden.

"Alles Grün hier ist durch die effiziente Verwendung von Haushaltsabfällen entstanden", sagt Ninik Nuryanto, die Vorsitzende der Frauenvereinigung von Rawajati. "Jede Familie trennt inzwischen ihre Abfälle." Anfangs sei der organische Dünger nur für die Blumen in den Vorgärten produziert worden, berichtet sie. Inzwischen könnten Produktionsüberschüsse sogar mit Gewinn verkauft werden. (Ende/IPS/ck/jt2012)


Links:

http://www.iesr.or.id/carboncalculator/
http://www.ipsnews.net/2012/06/green-turns-trendy-in-indonesia/

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 20. Juni 2012
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Juni 2012