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KLIMA/184: US-Unternehmen sollen weniger Erdgas abfackeln - Globale Allianz macht Druck (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. Oktober 2012

Klima: US-Unternehmen sollen weniger Erdgas abfackeln - Globale Allianz macht Druck

von Carey L. Biron



Washington, 26. Oktober (IPS) - Ein von der Weltbank angeführtes internationales Bündnis hat staatlich unterstützte und private Erdölproduzenten dazu aufgefordert, das Abfackeln von Erdgas in den kommenden fünf Jahren um weitere 30 Prozent zu senken. Klimatisch hätte dies die gleiche Wirkung, als würden 60 Millionen Autos aus dem Verkehr gezogen.

Nach Angaben der Allianz 'Global Gas Flaring Reduction' (GGFR) aus 20 großen Erdölunternehmen und 19 Staaten wurde die umstrittene Praxis im Laufe von 2011 um 20 Prozent eingeschränkt. Dadurch seien etwa 274 Millionen Tonnen CO2-Emissionen eingespart worden. Doch die wirtschaftlichen und ökologischen Folgen des Gasabfackelns machten weitaus umfangreichere Maßnahmen erforderlich.

"Eine Reduzierung um 30 Prozent in fünf Jahren ist ein realistisches Ziel", erklärte Rachel Kyte, Vizepräsidentin der Weltbank für nachhaltige Entwicklung, am 24. Oktober anlässlich eines zweitägigen Treffens der Partnerschaft in London. "In vielen Ländern besteht eine große Nachfrage nach Energie. Jeder fünfte Mensch auf der Welt lebt ohne Strom. Wir können es uns daher nicht mehr leisten, dieses Gas zu verschwenden."


50 Milliarden Dollar gehen jährlich in Flammen auf

Die Weltbank schätzt, dass jedes Jahr Erdgas als Nebenprodukt der Erdölförderung im Wert von etwa 50 Milliarden US-Dollar in Flammen aufgeht. Den Schätzungen zufolge werden weltweit jedes Jahr zwischen 150 Milliarden und 170 Milliarden Kubikmeter Erdgas abgefackelt.

Umweltschützer drängen seit langem auf ein vollständiges Verbot der Praxis. Das Abfackeln verursacht allerdings weniger Treibhausgase, als wenn das Gas einfach verdunsten würde. Das Abbrennen beseitigt jedoch nicht das gefährliche Treibhausgas Stickstoffoxid und setzt zudem erhebliche Mengen an CO2 frei. Daher bleibt die Sorge um die Umwelt bestehen.

Alternativ wird vorgeschlagen, das Gas zur Energieerzeugung zu verwenden, es für den einheimischen Markt zu raffinieren oder es sogar in den Boden zurückzubefördern. Doch Analysten zufolge zahlen sich derartige Maßnahmen für die Firmen nicht aus.

Dennoch hat die Weltbank langsame aber stetige Fortschritte bei der Reduzierung des Abfackelns dokumentiert, vor allem seit 2005. Wie die Bank mitteilte, haben Mexiko und Aserbaidschan in nur zwei Jahren das Gasabbrennen um zwei Drittel beziehungsweise um die Hälfte gesenkt. Kuwait wiederum reduzierte das Abfackeln auf ein Prozent des bisherigen Umfangs. Katar und Kongo wurden dafür gewürdigt, das Gas zur Stromherstellung zu nutzen.

Deutliche Verbesserungen sind laut der Weltbank gerade in denjenigen Ländern zu verzeichnen, die zu den größten Abfacklern gehören. Hohe Investitionen von GGFR-Partnern hätten Nigeria dabei geholfen, 2011 fast ein Viertel weniger Gas abzubrennen. Russland, der in dieser Hinsicht größte Klimasünder, hat nach Zahlen vom vergangenen Jahr das Abfackeln um rund 40 Prozent gesenkt. Die Bank wies aber darauf hin, dass Russland, Mexiko, Irak und Kasachstan weitere wesentliche Fortschritte machen müssten.

Auf der Weltbankliste nicht aufgeführt sind die USA, die das Gasabfackeln seit 2007 mehr als verdreifacht haben. Dies ist die größte Steigerung weltweit. Aufgrund neuer Technologien erleben die USA zurzeit einen Boom bei der Erdgasproduktion. Anders als früher fördern sie inzwischen auch Gasvorkommen in Schiefer und anderen Gesteinen ('Fracking').


Russland und North-Dakota treiben Abfackeln rasant voran

Trotz einiger Erfolge in verschiedenen Ländern werden global gesehen etwa zwei Milliarden Kubikmeter Gas mehr abgefackelt. Die Weltbank führt dieses Plus auf die Aktivitäten Russlands und insbesondere des US-Bundesstaates North Dakota zurück.

Die USA sind inzwischen der fünftgrößte Abfackler nach Russland, Nigeria, Iran und Irak. Dies ist teilweise auf die enorme Zunahme der Gasproduktion in den vergangenen Jahren und die mangelhafte Infrastruktur zurückzuführen. "Wegen der nicht ausreichenden Kapazitäten der Erdgasleitungen und der Verarbeitungsanlagen wurden 35 Prozent des geförderten Erdgases in North Dakota verbrannt oder nicht anderweitig vermarktet", berichtete die US-Regierung Ende 2011. "Der Anteil des abgefackelten Gases in dem Bundesstaat liegt deutlich über dem nationalen Durchschnitt. 2009 wurde weniger als ein Prozent des US-Erdgases in die Luft abgelassen oder verbrannt."

Zu den USA wollte die Weltbank in diesem Zusammenhang keinen Kommentar abgeben. Eine im April verabschiedete neue Richtlinie der US-Umweltagentur EPA könnte mehr Wirkung zeigen. EPA will vor allem die Freisetzung von Methangas reduzieren. US-Produzenten haben nun bis 2015 Zeit, um die notwendigen neuen Technologien einzuführen, die das Abbrennen von Gas überflüssig machen. Bis dahin plädiert die Behörde allerdings für das Abfackeln als geringeres Umweltübel. (Ende/IPS/ck/2012)


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http://www.ipsnews.net/2012/10/u-s-outlier-in-new-push-to-reduce-gas-flaring/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Oktober 2012