Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

KLIMA/319: Verbindliches CO2-Reduktionsziel für Post-MDG-Agenda gefordert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. Juli 2014

Entwicklung: Katastrophen vernichten Armutsbekämpfungserfolge - Verbindliches CO2-Reduktionsziel für Post-MDG-Agenda gefordert

von Stephen Leahy


Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

Die Folgen des Klimawandels kommen die Staaten teuer zu stehen
Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

Uxbridge, Kanada, 23. Juli (IPS) - Im Kampf gegen Hunger und extreme Armut steht die Menschheit auf verlorenem Posten, wenn sie sich nicht auf ein konkretes CO2-Reduktionsziel festlegt. Darauf haben Entwicklungs- und Klimaexperten hingewiesen, die an den Verhandlungen über die künftigen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) beteiligt waren.

Die Vereinten Nationen haben am dritten Juliwochenende die vorläufigen 17 SDGs vorgestellt. Sie sind das Ergebnis von eineinhalbjährigen Verhandlungen, die auf freiwilliger Basis in mehr als 60 Ländern geführt wurden. Die endgültigen SDGs sollen die Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) ablösen, die Ende 2015 auslaufen.

Wie Harjeet Sing von der Hilfsorganisation 'ActionAid International' mit Sitz im südafrikanischen Johannesburg erklärte, sind Naturkatastrophen ein entscheidender Grund, warum die MDGs nicht erreicht werden können. "Eine große Überschwemmung oder ein Taifun wirft die Entwicklung einer Region um 20 Jahre zurück."

Die MDGs sehen bis 2015 vor, Armut und Hunger zu halbieren, allen Kindern weltweit eine Grundschulbildung zu ermöglichen, die Rolle der Frau zu stärken und die Kinder- und Müttersterblichkeit zu senken. Darüber hinaus beinhalten sie die Bekämpfung schwerer Krankheiten wie HIV/Aids und Malaria und die Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit. MDG 8 zielt auf den Aufbau einer globalen Entwicklungspartnerschaft zwischen den Ländern des Nordens und Südens.

Im letzten Jahr kostete der Supertaifun 'Haiyan' auf den Philippinen mehr als 6.000 Menschen das Leben und weitere zwei Millionen wurden obdachlos. Knapp ein Jahr zuvor hatte der Taifun Bopha bereits mehr als 1.000 Philippiner in den Tod gerissen. Die Gesamtschäden wurden auf 350 Millionen Dollar geschätzt. In den letzten zwei Wochen sah sich das Land mit zwei heftigen Wirbelstürmen konfrontiert. Und die Sturmsaison ist noch lange nicht vorbei, 20 weitere Taifune könnten folgen.


Ohne CO2-Reduktionsziel keine Entwicklung

"Naturkatastrophen wirken sich auf alles aus: auf die Ernährungssicherheit, Gesundheit, Infrastruktur. Man kann der Armut nicht entkommen, wenn man jedes Jahr oder alle zwei Jahre sein Haus wieder aufbauen muss", erläuterte Sing. "Ohne eine Verringerung der CO2-Emissionen werden die Armutsbekämpfungs- und Nachhaltigkeitsziele zu sinnlosen Unterfangen."

CO2-Emissionen, die durch die Verbrennung von Erdöl, Kohle und Gas entstehen, absorbieren die Hitze der Sonne. Die Menge dieser zusätzlichen Hitzeenergie entspricht der, die durch die Explosion von 400.000 Hiroshima-Bomben pro Tag 365 Tage lang anfallen würde, wie James Hansen, Klimawissenschaftler und ehemaliger Chef des Goddard-Instituts für Weltraumstudien der NASA, betonte.

"Sämtliche Wetterereignisse sind vom Klimawandel betroffen, weil die Umwelt, in der sie sich ereignen, wärmer und feuchter geworden ist", erklärte Kevin Trenberth, Experte am Nationalen Zentrum für atmosphärische Forschung in Bolder im US-amerikanischen Colorado, unlängst im IPS-Gespräch. Der Klimawandel verursache zwar nicht zwingend Naturkatastrophen, verschärfe sie aber.

Es sei dringend erforderlich, dass die SDGs konkrete Klimazielvorgaben enthielten, meinte Bernadette Fischler, Vizevorsitzende der britischen Sektion von 'Beyond 2015', einer Koalition aus mehr als 1.000 zivilgesellschaftlichen Organisationen, die für starke und wirksame SDGs eintritt.

Die vorläufigen SDGs handeln das Thema Klimawandel in Ziel Nummer 13 ab. Darin heißt es, dass die internationale Gemeinschaft dringend Schritte unternehmen müsse, um dem Klimawandel und seinen Auswirkungen entgegenzusteuern. Konkrete CO2-Emissionsreduktionsvorgaben sind nicht vorhanden, und fast alle Ziele drehen sich um Klimaanpassungsmaßnahmen.

"Staaten wollen ihre Positionen nicht vor den nächsten UN-Klimaverhandlungen preisgeben", meinte dazu Lina Dabbagh vom Klimaaktionsnetzwerk, einem globalen Bündnis von Umweltorganisationen.

Die UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) bindet alle Länder in die Verhandlungen für ein neues Klimaabkommen bis 2015 ein. Nach fünfjährigen Verhandlungen stecken die Gespräche jedoch in entscheidenden Fragen in der Sackgasse.


Vage Formulierung

"Die SDGs sind eine wichtige Gelegenheit, um in punkto Klima voranzukommen. Doch das Klimaziel ist schwach, und es gibt auch keine Handlungsvorgaben", kritisierte Dabbagh. Der Entwurf der Post-MDGs-Agenda reflektiere im Grunde die UNFCCC-Verhandlungspositionen.

Der Klimawandel beunruhigt zwar alle Länder, doch herrscht Uneinigkeit darüber, wie sich das Thema in den SDGs manifestieren soll. Großbritannien und andere Staaten sind der Meinung, dass 17 Ziele zu viele sind und in der endgültigen Verhandlungsphase zusammengestrichen werden sollten, die mit der formellen Einführung der SDGs am 24. September auf der UN-Vollversammlung beginnt.

Einen Tag zuvor wird UN-Generalsekretär Ban Ki-moon einen Klimagipfel eröffnen, der die Weichen für ein ehrgeiziges, globales und rechtlich verbindliches Klimaabkommen 2015 stellen soll. "Die Zivilgesellschaft wird auf dem Gipfel Druck machen, damit das Klima zu einem integralen Bestandteil der SDGs wird", erklärte Dabbagh.

Doch bis dahin bleibt noch viel zu tun, um politischen Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit begreifbar zu machen, dass der Klimawandel der Schlüssel für die Ausrottung der extremen Armut und für eine nachhaltige Entwicklung ist. (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/07/disasters-poised-to-sweep-away-development-gains/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 23. Juli 2014
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juli 2014