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KLIMA/431: 70 Jahre Vereinte Nationen - Herausforderung Klimaschutz (DGVN)


DGVN Webseite - Den Klimawandel bekämpfen

Politik & Gesellschaft - 15.10.2015

70 Jahre Vereinte Nationen: Herausforderung Klimaschutz


Schmelzende Gletscher, Waldvernichtung, Korallensterben oder der Anstieg des Meeresspiegels - der Klimawandel manifestiert sich weltweit in bedrohlichen Prozessen, die alle gleichzeitig stattfinden, über lange Zeiträume wirken und sich zum Teil gegenseitig verstärken. Viele dieser Prozesse sind bereits jetzt nicht mehr aufzuhalten. Während die Bekämpfung des Klimawandels bei der Gründung vor 70 Jahren noch nicht auf der Agenda der Vereinten Nationen stand, ist seit Ende der 1970er Jahre international das Bewusstsein dafür gewachsen, welche katastrophalen Folgen der globale Klimawandel hat und in Zukunft noch haben wird. Seitdem hat die Weltorganisation eine wichtige Rolle beim Schutz des Planeten vor unkontrollierbaren Klimaveränderungen eingenommen und bemüht sich intensiv um eine wirkungsvolle internationale Klimaschutzpolitik.

Das wichtigste Instrument sind internationale Vereinbarungen zum Klimaschutz, über die bei den UN-Klimakonferenzen verhandelt wird. Die zweite Säule des Klimaengagements ist die Beratung und Unterstützung der Mitgliedstaaten bei Maßnahmen zur Begrenzung klimaschädlicher Emissionen und bei Anpassungsmaßnahmen an unabwendbare Folgen des Klimawandels. Heute sind die Vereinten Nationen das maßgebliche Forum für Debatten zum Thema globaler Klimaschutz.

Die ersten Schritte

Meilensteine für den internationalen Klimaschutz waren die beiden ersten Klimakonferenzen der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) 1979 und 1990 in Genf. Sie ebneten den Weg für die Gründung des Weltklimarates IPCC und für die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (United Nations Framework Convention on Climate Change - UNFCCC). Daraus entstand eine feste Struktur des UN-Klimaengagements. Die WMO und ihre Mitgliedstaaten erfassen und analysieren Klimaveränderungen. Die IPCC-Wissenschaftler legen mit ihren Berichten zu den aktuellen Erkenntnissen und Prognosen der weltweiten Klimaforschung die Grundlage dafür, dass bei den internationalen Klima-Konferenzen über eine gemeinsame Politik entschieden werden kann. Eine ganze Reihe von UN-Organisationen und -Programmen trägt dazu bei, dass auch wirtschaftlich arme Länder Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an Klimaveränderungen umsetzen können.

Auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro im Jahr 1992 ("Rio-Gipfel") wurde die Klimarahmenkonvention verabschiedet. Sie ist der erste internationale Vertrag, in dem sich die Staatengemeinschaft zum gemeinsamen Handeln gegen den Klimawandel und seine Folgen verpflichtete. Zur Fortentwicklung dieser Konvention und zur Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen werden jährlich Konferenzen abgehalten. Bereits auf der ersten UNFCCC-Konferenz in Berlin 1995 wurde unter Leitung der damaligen deutschen Umweltministerin Angela Merkel deutlich, dass das Hauptziel der Konvention nicht erreicht werden würde, nämlich die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf freiwilliger Basis auf das Niveau von 1990 zurückzuführen. Deshalb wurde in einem "Berliner Mandat" vereinbart, auf der dritten UN-Klimakonferenz 1997 in einem rechtlich verbindlichen Protokoll Reduktionsziele für die Industrieländer zu vereinbaren - das Kyoto-Protokoll.

Bonn als Schaltzentrale der internationalen Klimaverhandlungen

Um die Umsetzung der Klimarahmenkonvention weiter voranzutreiben, wurde auf der Konferenz in Berlin zudem entschieden, das Sekretariat der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) in Bonn einzurichten. Das Sekretariat unterstützt die Regierungen bei der Umsetzung des Abkommens und überwacht die Einhaltung der von den beteiligten Staaten eingegangenen Verpflichtungen.

Es verwaltet die Zuteilung von Emissionsrechten, überwacht den Emissionshandel und hilft Regierungen und Institutionen bei der Entwicklung von Techniken, die dazu beitragen können, die Widerstandsfähigkeit gegen die Folgen des Klimawandels zu erhöhen, Erfahrungen auszutauschen und Finanzmittel für Anpassungsmaßnahmen zu verhandeln. Außerdem ist das Klimasekretariat für Vorbereitung und Durchführung der jährlichen UN-Klimakonferenzen verantwortlich. Die frühere Bundeshauptstadt hat sich damit zum Drehkreuz der multilateralen Aktivitäten gegen den Klimawandel entwickelt.

Das Kyoto-Protokoll

Die dritte UN-Klimakonferenz in Kyoto im Dezember 1997 ist durch die Verabschiedung des Kyoto-Protokolls in die Geschichte der Klimapolitik eingegangen. Mehr als 2000 Regierungsvertreter aus 168 Ländern nahmen an den Beratungen teil. In dem Protokoll verpflichteten sich Industrieländer erstmals rechtlich verbindlich zu Emissionsreduzierungen für sechs Treibhausgase. Bis 2012 sollten diese um mindestens fünf Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 vermindert werden. Die Regierungen der USA und einiger weiterer Länder setzten jedoch durch, dass jedes einzelne Industrieland festlegen konnte, welche Ziele es erreichen wollte. Japan zum Beispiel verpflichtete sich auf sechs Prozent. Die EU sagte insgesamt acht Prozent zu, wobei die einzelnen Mitgliedsländer unterschiedlich hohe Verpflichtungen übernahmen.

Das Kyoto-Protokoll ist der bislang bedeutendste Meilenstein in der Geschichte des internationalen Klimaschutzes. Doch am Ende der ersten Vertragsperiode im Dezember 2012 fiel die Bilanz ambivalent aus. Als größtes Handicap erwies sich, dass sich die USA und später auch Kanada nicht beteiligten, weil sie das Protokoll nicht ratifizierten, und damit zwei der größten Verursacher klimaschädlicher Emissionen die Reduktionsziele für Industrieländer nicht einhielten. Außerdem stiegen vom Abschluss der Vereinbarung 1997 bis zum Jahr 2012 die klimaschädlichen Emissionen der Schwellenländer stark an, also von Ländern wie China, Indien und Brasilien. Damit war der Effekt der Emissionsreduzierungen im Rahmen des Kyoto-Protokolls global betrachtet gering. Zudem wurde deutlich, dass das Ziel einer Reduzierung von 5,2 Prozent zu wenig ambitioniert war. All dies führte dazu, dass die globalen klimaschädlichen Emissionen von 1990 bis 2010 um rund 29 Prozent zunahmen.

UN-Stadt Bonn

Bonn hat sich in der letzten Dekade erfolgreich ein neues Profil als deutsche Stadt der Vereinten Nationen und Ort internationalen Dialogs zu Zukunftsthemen gegeben. Dank intensiven Verhandelns und Werbens ist es über die Jahre gelungen, dort 19 UN-Organisationen mit über 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anzusiedeln. Obwohl es weitere UN-Einrichtungen in Berlin, Dresden, Frankfurt und Hamburg gibt, kann sich Bonn seit 1996 als die deutsche "UN-Stadt" bezeichnen. Die Bundesregierung hat im Jahr 2003 entschieden, das ehemalige Abgeordnetenhochhaus, auch als der "Lange Eugen" bekannt, und das Bundeshaus als ehemalige Parlamentsgebäude den Vereinten Nationen zur dauerhaften Nutzung zu überlassen. Die Zahl und Vielfalt der UN-Organisationen mit Sitz in der früheren Bundeshauptstadt ist seitdem rasch angestiegen. Mit der Überschrift "UNO in Bonn - für nachhaltige Entwicklung weltweit" haben sich die Vereinten Nationen in Bonn ein thematisches Dach gegeben. Neben dem UN-Klimasekretariat finden sich dort deshalb zum Beispiel das Sekretariat des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) oder das Sekretariat des Übereinkommens zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten (UNEP/CMS). Die Organisation mit den meisten Mitarbeitern ist das Freiwilligenprogramm der Vereinten Nationen (UNV). Das Programm unterstützt weltweit die nachhaltige menschliche Entwicklung durch Förderung des Freiwilligendienstes. Jährlich setzen über 8000 Freiwillige aus mehr als 165 Ländern ihre Fähigkeiten und Erfahrungen ein, um Initiativen in 140 Ländern zu unterstützen. Das Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit der Universität der Vereinten Nationen (UNU) in Bonn erforscht darüber hinaus die Auswirkungen von Umweltschäden und nicht nachhaltiger Bewirtschaftungsmethoden auf die menschliche Sicherheit sowie die Folgen schleichender Prozesse wie Klimawandel und Bodenerosion.

Der mühsame Weg zu einem neuen Klimaabkommen

Heute steht die internationale Klimapolitik vor entscheidenden Weichenstellungen. Bis Ende 2015 soll ein neues UN-Klimaabkommen ausgehandelt werden und 2020 in Kraft treten. Das zentrale Klimaschutzziel ist, den globalen Temperaturanstieg auf durchschnittlich zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Bei den letzten UN-Klimakonferenzen zeigte sich allerdings, dass es viele Konflikte und auseinandergehende Interessen bei der Aushandlung eines neuen Abkommens gibt.

Ein kritischer Punkt bildet etwa die Frage, ob sich - wie im Kyoto-Protokoll - nur die Industrieländer vertraglich zu verbindlichen Emissionsreduzierungen verpflichten sollen oder auch die Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien. Während die Schwellen- und Entwicklungsländer auf die historische Verantwortung der Industrieländer für den globalen Klimawandel verweisen, argumentieren diese Länder, dass China inzwischen das Land mit den weltweit höchsten klimaschädlichen Emissionen ist und auch andere Schwellenländer immer stärker zum globalen Klimawandel beitragen. Auch der rechtliche Status der zukünftigen Vereinbarung ist bisher unklar. Während viele Länder auf einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag hoffen, in dem sich die einzelnen Länder zu konkreten Klimaschutzmaßnahmen verpflichten, wollen andere Staaten genau das verhindern.

Gegenwärtig befinden sich die Verhandlungen für ein neues internationales Klimaabkommen in der entscheidenden Phase. Bis zur UN-Klimakonferenz in Paris vom 30. November bis 11. Dezember 2015 soll ein von allen Regierungen der Welt mitgetragener Vertragstext vorliegen, der dann feierlich verabschiedet werden kann. Nur wenn es gelingt, verbindliche und substanzielle Emissionsreduzierungen zu vereinbaren, kann der globale Klimawandel auf ein handhabbares Maß begrenzt werden.


Das UN-Umweltprogramm

Der deutsche Diplomat Achim Steiner ist Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen und Exekutivdirektor des UN-Umweltprogramms (UNEP). Auch sein Vorgänger, Klaus Töpfer, stammte aus Deutschland. Die Umweltorganisation ist damit seit 2006 unter deutscher Leitung. UNEP arbeitet mit Ländern zusammen, um deren Fähigkeiten zu stärken, sich an den Klimawandel anzupassen, geringere CO2-Emissionen zu erreichen, das Verständnis für Erkenntnisse der Klimawissenschaft zu stärken und das öffentliche Bewusstsein für das sich verändernde Klima der Erde zu erhöhen. Als Exekutivdirektor des Programms ist Steiner derzeit der ranghöchste Deutsche bei den Vereinten Nationen.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

• Generalsekretär Ban Ki-moon besucht Grönland, um die Auswirkungen des Klimawandels vor Ort zu sehen. Teil der Tour ist auch Ilulissat Icefjord, eine Welterbestätte der UNESCO.Quelle: UN Photo/Mark Garten

• Auf der dritten UN-Klimakonferenz im Dezember 1997 wurde das Kyoto-Protokoll verabschiedet - ein Meilenstein der internationalen Klimapolitik.Quelle: UN Photo/Frank Leather


Weitere Informationen zum 70. Jubiläum der Vereinten Nationen finden Sie auf unserer Schwerpunktseite.
http://www.dgvn.de/un-im-ueberblick/70-jahre-vereinte-nationen/

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Quelle:
DGVN Webseite - Den Klimawandel bekämpfen
Politik & Gesellschaft - 15.10.2015
Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.
Zimmerstraße 26 / 27, 10969 Berlin
Telefon: (030) 25 93 75 - 0, Telefax: (030) 25 93 75 - 29
E-Mail: info@dgvn.de
Internet: http://www.klimawandel-bekaempfen.dgvn.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Oktober 2015

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