Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

LANDWIRTSCHAFT/011: Landverödung umkehrbar - Sahelzone hält Lehren bereit (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. Oktober 2011

Umwelt: Landverödung umkehrbar - Sahelzone hält Lehren bereit

von Stephen Leahy


Changwon, Südkorea, 19. Oktober (IPS) - Die Weltbevölkerung verdankt ihre Nahrungsmittel nur wenigen landwirtschaftlich nutzbaren Flächen, die immer weiter veröden. Doch Wüstenbildung und Bodenerosion müssen nicht sein, wie das Beispiel Sahelzone zeigt: Dort sind zahlreiche grüne Landschaften entstanden.

Die Sahelzone ist ein riesiges Trockengebiet südlich der Sahara, das sich vom Atlantik einmal quer über den kompletten Kontinent bis zum Roten Meer zieht. Durch die gemeinsame Anstrengung der lokalen Bevölkerung konnten Teile der öden Steppe in grünes, ertragreiches Land umgewandelt werden. Geholfen hat allerdings auch, dass es in der Region zwischenzeitlich wieder mehr geregnet hat.

"Heute blühen wieder sechs Millionen Hektar Land in der westlichen Sahara-Zone, und mehr als 200 Millionen Bäume sind dort gewachsen, wo noch in den 1970er Jahren der Boden undurchdringbarem Beton glich", sagte Chris Reij vom Zentrum für Internationale Zusammenarbeit der Freien Universität Amsterdam am Rande der 10. Vertragsstaatenkonferenz der UN-Wüstenkonvention (UNCCD), die noch bis zum 21. Oktober im südkoreanischen Changwon stattfindet. Keiner der Bäume sei gepflanzt worden. Vielmehr habe das Gießen mit gesammeltem Regenwasser das Wachstum der natürlichen Setzlinge ermöglicht.


Bewässerungssysteme in kleinem Stil

Die lokale Bevölkerung legte natürliche Auffangbecken an und baute kleine Dämme, um das Versickern und Abfließen von Wasser zu verhindern. Mit dem aufgefangenen Wasser wurden Bäume, Büsche und Nahrungsmittelpflanzen gegossen. Im Sahelstaat Niger beispielsweise können kleine Bauernbetriebe durch diese Art der Bewirtschaftung wieder 200.000 Tonnen Zwiebeln pro Jahr ernten.

"In einigen Regionen ist der Grundwasserspiegel sogar um fünf bis sechs Meter gestiegen", berichtete Reij gegenüber IPS. Dort sind nicht nur die Böden fruchtbarer geworden, was zu einer größeren Artenvielfalt führte. Auch die Lufttemperaturen sind gesunken und die Menschen sind besser vor den in der Region typischen Sandstürmen geschützt. Sie haben wieder Feuerholz zur Verfügung und können Tierfutter anbauen. Die Maßnahmen sind so gut wie kostenlos und somit keine Belastung für die Staatskassen. "Jetzt ist nur noch die Frage, wie das Projekt auf andere Regionen Afrikas übertragen werden kann", meinte Reij.

Rückendeckung für diese einfache Art der Bewässerung kommt auch vom UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Olivier de Schutter: "Das beste für die Menschen in Subsahara-Afrika wäre es, wenn die Regierungen die Kleinbauern unterstützen und Anreize schaffen würden, damit diese sich für die Agroforstwirtschaft einsetzen", sagte er in einer Video-Botschaft an die Konferenzteilnehmer. Große Bewässerungssysteme dagegen seien teuer und weniger nachhaltig. "Regierungen müssen sich von Monokulturen und gigantischen Bewässerungssystemen verabschieden."


"Wir können uns Tatenlosigkeit nicht leisten"

"Wenn wir die fortschreitende Wüstenbildung nicht aufhalten, wird die Nahrungsmittelproduktion bis 2035 um zwölf Prozent zurückgehen und die Preise für Lebensmittel werden um bis zu 30 Prozent steigen", warnte der UNCCD-Exekutivsekretär Luc Gnacadja in Changwon vor Vertretern aus 193 Staaten. "Wir können es uns nicht leisten, der Wüstenbildung untätig zuzuschauen, wenn bereits in 30 Jahren neun Milliarden Menschen die Welt bevölkern."

Noch gibt es genügend Nahrungsmittel für alle Menschen auf der Welt. Das Problem ist, dass viele Menschen zu arm sind, um sich ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen, um satt zu werden. Dem UN-Ernährungsprogramm (FAO) zufolge steigen die Preise für Lebensmittel immer weiter - allein im vergangenen Jahr um 15 Prozent. Die Gründe sind vielfältig: Zum einen ist der Klimawandel schuld, der für mehr Hitzewellen auf der einen Seite sorgt und für mehr Niederschläge auf der anderen. Zum anderen sind Nahrungsmittelspekulationen für höhere Preise verantwortlich. Darüber hinaus sorgt die steigende Nachfrage nach Biotreibstoffen dafür, dass immer mehr Land, auf dem bisher Lebensmittel angebaut wurden, nun für Pflanzen zur Biospritproduktion umgewidmet wird. (Ende/IPS/jt/2011)


Links:
http://www.unccd.int/
http://www.fao.org
http://www.ipsnews.net/print.asp?idnews=105491

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 19. Oktober 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Oktober 2011