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LANDWIRTSCHAFT/033: Indonesien - Ernährungssicherheit trotz Erderwärmung, Bauern werden klimafest (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. April 2013

Indonesien: Ernährungssicherheit trotz Erderwärmung - Bauern sollen klimafest werden

von Kanis Dursin


Bild: © Kanis Dursin/IPS

Bauern in der indonesischen Provinz West-Java
Bild: © Kanis Dursin/IPS

Jakarta, 3. April (IPS) - Zu Beginn der Regenzeit in Indonesien im vergangenen Oktober brach der Bauer Herinurdin in West-Java mit einer alten Familientradition. Anstatt auf seinem 1,3 Hektar großen Feld in Sukabumi 120 Kilometer südlich der Hauptstadt Jakarta ausschließlich Mais auszubringen, säte er auf einer Fläche von 1.600 Quadratmetern Reis aus. Bis Dezember stellte der 37-Jährige dann seine gesamte Agrarproduktion um.

Herinurdin, der bereits 750 Kilo Rohreis ernten konnte, gehört zu den ersten Nutznießern eines im letzten Jahr angelaufenen staatlichen Programms zur Linderung der Auswirkungen des Klimawandels, das sich an die etwa 41,2 Millionen Bauern in dem südostasiatischen Inselstaat richtet. Die von der Indonesischen Behörde für Agrarforschung und -entwicklung (IAARD) ins Leben gerufene Initiative umfasst auch einen Pflanzkalender, der die Bauern über Wetterschwankungen, bewährte Methoden und klimaresistentes Saatgut informiert.

Mitte Februar empfahl IAARD den Bauern auf der Insel Java, ihr Saatgut in den ersten beiden Märzwochen auszubringen. Die Pflanzzeit in Maluku und Papua im Osten des Landes wurde dagegen mit Anfang März bis Anfang April angegeben. Den Farmern in West- und Zentralindonesien, etwa in Kalimantan, Sulawesi und Bali, riet die Behörde, ihre Felder in der ersten Maihälfte zu bestellen. Während in Regionen wie Sumatra sowie Nord- und Süd-Sulawesi Überschwemmungen drohen, werden unter anderem an der Nordküste Javas und in Ost-Nusa Tenggara in der Landesmitte längere Dürreperioden erwartet.


Häufige Fluten und Dürreperioden

Indonesien leidet inzwischen unter unregelmäßigen Regenfällen. Sintflutartiger Regen, Überschwemmungen und ausgedehnte Trockenperioden treffen den Agrarsektor des weltgrößten Inselarchipels mit rund 242 Millionen Einwohnern mittlerweile häufig. Die Wirkung staatlicher Programme zur Ernährungssicherung wird dadurch erheblich abgeschwächt.

Umso wichtiger ist der Pflanzkalender, der für jeden der mehr als 6.500 Distrikte in den 33 Provinzen des Landes die besten Zeiten für die Feldbestellung sowie die geeigneten Saaten für die jeweilige Saison empfiehlt. Ebenso werden Informationen über Düngemittel und die Bekämpfung von Schädlingen ausgegeben. Bei der Zusammenstellung des Ratgebers werden nationale und australische Wettervorhersagen berücksichtigt.

Das Jahr wird demnach in drei Pflanzperioden eingeteilt: die Regenzeit von Oktober bis Februar, die erste Trockenzeit von März bis Mai und schließlich die zweite Trockenzeit von Juni bis September. Die Kalender kommen jeweils im August, Februar und Mai heraus. Bevor die Informationen im Internet verbreitet werden, schickt IAARD Tausende Experten in die ländlichen Gebiete, die den Bauern schon vorab Ratschläge erteilen sollen.

Doch bisher konnten noch keine umfassenden Fortschritte erzielt werden. Das hat dem Programm Kritik eingebracht. Nandang Sunandar, der Leiter der Agrarforschungsbehörde BPTP in West-Java hält den Kalender zwar generell für eine gute Idee, wies aber darauf hin, dass sich die Bauern nicht an die Empfehlungen halten müssten. "Die Farmer selbst haben das letzte Wort."


Experten fordern bessere Kommunikation mit Bauern

Tejo Wahyu Jatmiko, der Koordinator der unabhängigen Allianz für prosperierende Dörfer, bemängelt, dass die Empfehlungen den Bauern nicht angemessen kommuniziert würden. "Je detaillierter die Wetterinformationen sind, desto besser ist es für die Bauern. Da vielen aber die Existenz des Ratgebers nicht bekannt ist, bleiben sie bei den überlieferten Anbaumethoden und riskieren den Verlust ihrer Ernten."

Nach Ansicht der IAARD-Wissenschaftlerin Eleonora Runtunuwu in Bogor, 40 Kilometer südlich von Jakarta, ist es verfrüht, die Initiative zu bewerten. Schließlich sei diese erst im vergangenen Jahr offiziell vorgestellt worden. "Seither hat es erst vier Pflanzperioden gegeben", erklärte sie. "Reaktionen von Bauern in verschiedenen Regionen haben uns dazu bewogen, die Exaktheit der Informationen stärker zu überprüfen, etwa die Empfehlungen für Dünger, den Beginn der Pflanzzeiten und die Varietäten des Saatguts."

Für das Land steht viel auf dem Spiel. Nach offiziellen Angaben werden mindestens 36 Millionen Indonesier von einer Ernährungskrise bedroht. Im Januar gab der Nationale Rat für Ernährungssicherung die Zahl der Armen im Lande mit mehr als 28 Millionen an. Das entspricht 11,8 Prozent der gesamten Bevölkerung. (Ende/IPS/ck/12)


Links:

http://www.litbang.deptan.go.id/
http://www.ipsnews.net/2013/03/putting-food-security-on-the-calendar/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2013