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LATEINAMERIKA/096: El Salvador - Maßnahmen zum Erhalt der biologischen Vielfalt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. November 2014

El Salvador
Schützen und sanieren - Maßnahmen zum Erhalt der biologischen Vielfalt

von Edgardo Ayala


Bild: © Edgardo Ayala/IPS

Mangrovenwald in der Ortschaft Barra de Santiago im Westen von El Salvador
Bild: © Edgardo Ayala/IPS

Barra de Santiago, El Salvador, 6. November (IPS) - Seit 20 Jahren bietet Carlos Menjívar den Bewohnern der Ortschaft Barra de Santiago im Westen von El Salvador seine Fährdienste an. Das Dorf ist von Mangrovenwäldern und Feuchtgebieten umgeben und lediglich über den Wasserweg und über eine unbefestigte Straße zu erreichen.

Doch der größte Kanal, der zu dem Ort führt, verschlammt. Manchmal ist der Wasserstand so niedrig, dass Menjívar mit seiner 'La Princesa' nicht mehr durchkommt. "Früher war das hier eine tiefe Rinne", erinnert er sich. "Doch die aus dem Hochland angeschwemmten Sedimente sorgen dafür, dass ich manchmal nicht arbeiten kann."

Bild: © Edgardo Ayala/IPS

Carlos Menjívar neben seinem Boot 'La Princesa'
Bild: © Edgardo Ayala/IPS

Die Stadt Barra de Santiago mit etwa 3.000 Einwohnern liegt 98 Kilometer westlich der Hauptstadt San Salvador und kann über eine Schotterpiste erreicht werden. Doch viele Dorfbewohner machen lieber von Menjívars Transportangebot Gebrauch. Ebenso ziehen es Touristen vor, mit dem Boot durch den malerischen Mangrovenwald zum Ziel zu gelangen.


Drohendes Mangrovensterben

Die Schönheit der Natur täuscht jedoch darüber hinweg, dass die Mangroven austrocknen, weil sie nicht mit genügend Salzwasser versorgt werden. José Antonio Villedas, der hauptverantwortliche Aufseher des Naturschutzgebietes, weist darauf hin, dass in dem 20 Quadratkilometer großen Feuchtgebiet viele Tierarten mittlerweile vom Aussterben bedroht sind.

Die wirtschaftlichen Verluste durch die Degradation des Feuchtgebietes treffen die Einwohner von Barra de Santiago hart, auch wenn der Ökotourismus in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt hat. "99 Prozent von ihnen leben vom Fischfang", berichtet Villedas. "Da der Wasserweg nicht mehr so tief ist wie früher, werden weniger Fische und Schalentiere gefangen. Wir sind dabei, das Ökosystem zu verlieren."

Die Sedimentablagerungen sind nur eines von vielen Problemen, mit denen sich die Küstenregion konfrontiert sieht. Auch die Bodenerosion und das Vordringen der Landwirtschaft tragen zur Verschlechterung der Lage bei.


Dreijähriges Sanierungsprogramm angelaufen

Lokale Naturschutzorganisationen und das Umweltministerium wollen der Entwicklung nun Einhalt gebieten. Im Rahmen des 'Nationalen Programms für die Wiederherstellung der Ökosysteme und Landschaften' (PREP) sollen die Wälder und Feuchtgebiete regeneriert und der Artenreichtum erhalten werden. Das Vorhaben wird über einen Zeitraum von drei Jahren von der deutschen Bundesregierung mit zwei Millionen US-Dollar unterstützt.

PREP ist als Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel gedacht, dessen Folgen in dem kleinen zentralamerikanischen Staat immer stärker zu spüren sind. So erlebte El Salvador im Juli eine schwere Dürre, die den Bauern nach offiziellen Angaben Verluste in Höhe von etwa 70 Millionen US-Dollar bescherte. Vor allem die Produktion von Mais und Bohnen, den beiden Hauptnahrungsmitteln im Land, ging zurück. Im Oktober folgten dann lang anhaltende Niederschläge, die zu Überschwemmungen und Erdrutschen führten. Drei Menschen kamen dabei ums Leben, andere mussten evakuiert werden.

PREP konzentriert sich derzeit auf die 'Mikroregion Ahuachapán' im Süden des Landes, wo etwa 98.000 Menschen auf einer Fläche von rund 600 Quadratkilometern leben. In der Region befinden sich die vier Gemeinden San Francisco Menéndez, Guaymango, San Pedro Puxtla und Jujutla.


Agrarchemikalien aus der Landwirtschaft

Den Mangroven geht es auch wegen der Agrochemikalien so schlecht, die im Mais- und Bohnenanbau und auf den Kaffeeplantagen verwendet werden. Der schlechte Umgang mit den landwirtschaftlich genutzten Flächen führt zu Bodenerosion, die wiederum zur Folge hat, dass Chemikalien in die Flüsse geschwemmt werden. "Zwölf Flüsse ergießen sich in die Mangrovenwälder von Barra, und der ganze Dreck kommt damit zu uns", sagt Villedas.

Seit mehreren Jahren versuchen Graswurzelorganisationen, die Bevölkerung stärker für den Umweltschutz zu sensibilisieren und Schutz- und Sanierungsprojekte voranzutreiben. Wie Rosa Lobato, Leiterin der Frauenentwicklungsvereinigung von Barra de Salvador (AMBAS) berichtet, führt ihre Organisation mit dem Umweltministerium ein Projekt zur nachhaltigen Nutzung der Mangroven durch. Für jeden gefällten Mangrovenbaum müssen 200 Setzlinge ausgebracht werden.

Andere Initiativen konzentrieren sich auf den Schutz von Meeresschildkröten und Garnelen, für die Zuchtstationen eingerichtet wurden. "Wir versuchen den Menschen vor Ort zu vermitteln, dass es wichtig ist, nachhaltig mit den natürlichen Ressourcen umzugehen", sagt der Koordinator des Projekts in Barra de Salvador. Im Juli wurde das Feuchtgebiet als siebtes in El Salvador unter den Schutz der Ramsar-Konvention gestellt. Die Behörden sind nun dazu verpflichtet, mehr als bisher für den Schutz dieses Ökosystems zu tun.


Mehr Schutz für artenreichen Tropenwald

Weitere Schutzmaßnahmen werden in dem nahegelegenen Nationalpark 'El Imposible' umgesetzt. Dort befindet sich einer der größten Tropenwälder des zentralamerikanischen Landes. Das etwa 50 Quadratkilometer große Gebiet weist laut der Stiftung 'Salvanatura' die landesweit höchste Dichte an Tier- und Pflanzenarten auf. Dort sind etwa 500 Schmetterlings-, 13 Fisch-, 19 Eidechsen-, 244 Schlangen-, 279 Vogel- und 100 Säugetierspezies, außerdem 984 Pflanzen- und 400 Baumarten beheimatet.

In den höher gelegenen Gebieten von Ahuachapán werden auf kleinen Parzellen Pilotprojekte für einen umweltschonenden Anbau durchgeführt. Auf die traditionell von Kleinbauern praktizierte Brandrodung wird verzichtet. Die nach einer Ernte im Boden verbleibenden Stoppeln sollen der Erosion der Böden vorbeugen und Sedimente binden. Im Hochland, wo Kaffee produziert wird, sind die Bauern angehalten, möglichst sparsam Chemikalien zu verwenden und irgendwann ganz auf sie zu verzichten.

PREP sieht in Ahuachapán die Wiederaufforstung auf einer Fläche von 280 Quadratkilometern vor. Ferner sollen Feuchtgebiete auf insgesamt 10.000 Quadratkilometern wiederhergestellt werden. (Ende/IPS/ck/2014)


Links:
http://www.ipsnews.net/2014/11/el-salvador-restores-biodiversity-in-the-face-of-climate-change/
http://www.ipsnoticias.net/2014/11/el-salvador-restaura-su-biodiversidad-ante-embates-climaticos/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 6. November 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2014