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LATEINAMERIKA/110: Guyana - 'Kornkammer der Karibik' bereitet sich auf Klimagefahren vor (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. Juni 2015

Guyana: Auf das Schlimmste gefasst sein - 'Kornkammer der Karibik' bereitet sich auf Klimagefahren vor

von Desmond Brown


Bild: © Desmond Brown/IPS

Angelnde Kinder in einem Dorf in Guyana
Bild: © Desmond Brown/IPS

GEORGETOWN (IPS) - Guyana ist der einzige ernährungssichere Mitgliedsstaat der Karibischen Gemeinschaft (CARICOM) und 'Kornkammer' der gesamten Region. Damit das auch so bleibt, will sich das südamerikanische Land rechtzeitig auf die vom Klimawandel ausgehenden Gefahren einstellen.

Derzeit generiert die guyanische Landwirtschaft 32 Prozent des nationalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) und 37 Prozent der gesamten Exporteinnahmen. Sie beschäftigt ein Drittel der erwerbsfähigen Bevölkerung. Hauptausfuhrgüter sind Zucker und Reis sowie Wald- und Fischereierzeugnisse, die 137 Millionen, 55 Millionen, 70 Millionen beziehungsweise 65 Millionen US-Dollar erwirtschaften. Andere Anbauprodukte und die Viehzucht erzielen jährlich 7,5 Millionen Dollar.

Staatspräsident David Granger will sich nicht auf den wirtschaftlichen Lorbeeren seines Landes ausruhen. Wie er gegenüber IPS berichtete, unterscheiden sich die tiefliegenden Küstengebiete Guyanas klimatisch nur unwesentlich vom Hinterland und den bewaldeten Gebirgsregionen. Niederschläge seien häufig.

Weiter südlich, in Richtung brasilianischer Grenze, sehe die Landschaft völlig anders aus. Dort werde das Bild von Savannen geprägt, in denen sich lang anhaltende Regenzeiten mit langen Trockenperioden abwechselten. Die Küstengebiete hingegen zeichneten sich durch eine lange Trocken- und eine kurze Regenzeit aus. "Wenn wir also vom Klimawandel reden, haben wir es mit einem äußerst komplexen geographischen Phänomen zu tun", erläuterte Granger.


Kleines Land vor großen Herausforderungen

Etwa 90 Prozent der guyanischen Bevölkerung leben auf einem schmalen Küstenstreifen, der einen halben bis einen Meter über dem Meeresspiegel liegt. Dieser Gürtel wird von Deichen umsäumt, die auf die niederländische Besatzungszeit zurückgehen. In letzter Zeit werden die Schutzwälle jedoch durch schwere Stürme außer Gefecht gesetzt. Die Folge sind schwere Überschwemmungen, die sich nach Ansicht von Klimaforschern häufen werden.

Die Regierung investiert jedes Jahr sechs Millionen US-Dollar in Ent- und Bewässerungssysteme. Rund 100 Millionen Dollar sind erforderlich, um sie klimafest zu machen. "Wir müssen Wege beschreiten, die den Schutz unserer Bürger und die Verwaltung dieser Gebiete ermöglichen", erläuterte der Staatspräsident. "Wir müssen Meeresschutzwälle errichten und unsere Drainage- und Bewässerungsanlagen modernisieren, um zu verhindern, dass die Bevölkerung weggespült wird."

Vor zehn Jahren hatte das Land eine verheerende Flutkatastrophe erlebt, von der eine Vielzahl der Küstendörfer betroffen war. "Die damaligen Überschwemmungen haben uns Milliarden Dollar gekostet", sagte Granger. "Das zeigt, wie wichtig Prävention ist. Wir müssen unsere Bemühungen in diese Richtung intensivieren und dafür sorgen, dass ein exzessiver Holzeinschlag vermieden und bereits verlorenes Terrain wiederaufgeforstet wird."

Guyana ist zu 80 Prozent von Regenwäldern bedeckt. Unterhalb der Wälder und Savannen lagern Gold, Diamanten und Bauxit, weitere wichtige Exportgüter des Landes. Norwegen hat Guyana bis Ende des Jahres 250 Millionen Dollar als Kompensationszahlung für ausgebliebene Rodungen zugesagt.

Bisher belaufen sich die Einnahmen aus dieser sechs Jahre alten bilateralen REDD+-Partnerschaft zum Schutz der Wälder für Guyana auf stolze 190 Millionen Dollar. Sie unterstützen die ehrgeizigen Bemühungen des südamerikanischen Landes dabei, die Entwaldungsraten klein zu halten und Entwicklung und nachhaltiges Wachstum im Sinne der Niedrig-CO2-Entwicklungsstratgie (LCDS) voranzubringen.

Die höchsten Kosten, die auf Guyana zukommen, betreffen die drohende Umsiedlung der Küstenbewohner in höher liegende Regionen. Niemand würde sich gern ein solches Szenario vorstellen, meinte Granger. Doch da sich der Zeitpunkt einer solchen Katastrophe nicht vorherbestimmen lasse, sei es gut, gewappnet zu sein.


Generationenfonds

Wie der guyanische Staatschef weiter erläuterte, hat Guyana einen Teil der Rohstoffeinnahmen in einen 'Souveränen Wohlstandsfonds' eingezahlt, "der unseren Kindern Armut und Verelendung ersparen soll".


Bild: © Desmond Brown/IPS

Guyanas Staatspräsident David Granger
Bild: © Desmond Brown/IPS

Laut Jamilla Sealy, regionale Vorsitzende des 'Caribbean Youth Environment Network' (CYEN) und Projektmanagerin der globalen Klimainitiative 'World Wide Views on Climate and Energy', werden die Folgen des Klimawandels in Guyana auch in den karibischen Nachbarländern zu spüren sein. "Kommt es dort zu großen Überschwemmungen in den Küsten- und Flussgebieten, werden die Meeresströmungen die freigesetzten Abwässer in Richtung unserer Strände spülen und den lokalen Fischbestand sowie die Korallenriffe von Barbados zerstören."

Wie sie weiter betonte, begünstigt der Klimawandel zudem den Ausbruch von Krankheiten wie Malaria, Chikungunya- und Gelbfieber und gefährdet die regionale Ernährungssicherheit, sollten die Lieferungen aus der 'Kornkammer der Karibik' ausfallen.

'World Wide Views' ist die weltgrößte Bürgerplattform der Welt, die Einfluss auf internationale Entscheidungen nehmen will. CYEN wiederum ist eine unabhängige regionale Non-Profit-Organisation, die junge Leute für Fragen des Klimawandels, des nachhaltigen Landmanagements, der Abwasserentsorgung und Nachhaltigkeit interessieren und sensibilisieren will. Sie ist der Meinung, dass keine Entscheidung ohne die jungen Leute getroffen werden dürfe, da diese die Hauptleidtragenden des Klimawandels sein werden.

Barbados' Importe aus Guyana sind von allem Einfuhren aus den CARICOM-Ländern mit Ausnahme von Trinidad und Tobago am stärksten gestiegen. Dies belegen Zahlen der Zentralbank von Barbados. Der karibische Inselstaat importiert jährlich Waren im Wert von mehr als 15 Millionen Dollar aus Guyana. Im gesamten Karibikraum werden jährlich 3,5 Milliarden Dollar für Nahrungsmittelimporte ausgegeben.

Sealy erinnerte daran, dass die kleinen Inselentwicklungsstaaten als erste die verheerenden Folgen des Klimawandels zu spüren bekommen. "Bedingt durch unsere Größe verfügen wir nur über einen begrenzten Zugang zu Land, Wasser und Nahrungsmitteln. Wir importieren Öl. Wenn es einem Land, dem wir unsere Öl- und Nahrungsmittelversorgung verdanken, schlecht geht, geraten auch wir unter Druck." (Ende/IPS/kb/11.06.2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/06/a-regional-foodbasket-plans-for-the-worst/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 11. Juni 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juni 2015

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