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MEER/196: Der Menschheit läuft die Zeit zur Rettung der Meere davon - UN-Studie schlägt Alarm (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. September 2015

Umwelt: Menschheit läuft die Zeit zur Rettung der Meere davon - UN-Studie schlägt Alarm

von Thalif Deen



Bild: © Shek Graham/CC-BY-2.0

Die Weltmeere sind einer neuen UN-Studie zufolge in einem schlimmen Zustand
Bild: © Shek Graham/CC-BY-2.0

NEW YORK (IPS) - Der Menschheit läuft die Zeit davon, um den voranschreitenden Niedergang der Weltmeere und die Zerstörung marinen Lebens aufzuhalten. Wie die Vereinten Nationen in ihrer ersten umfassenden Untersuchung des Zustands der Meere warnen, verursacht jede weitere Verzögerung, die bekannten Probleme anzugehen, immer höhere ökologische, soziale und wirtschaftliche Kosten.

Mit dem ersten 'World Ocean Assessment' wird sich diese Woche die Ad-hoc-Arbeitsgruppe der UN-Vollversammlung auf einem Treffen vom 8. bis 11. September beschäftigen. In dem Gutachten heißt es weiter, dass sich eine nachhaltige Nutzung der Meere nicht erreichen lässt, solange nicht sämtliche menschliche Aktivitäten kohärent gemanagt werden. Die menschlichen Aktivitäten seien im Vergleich zum Gesamtausmaß der Ozeane keine Kleinigkeit. "Gefragt ist ein umfassender Kohärenzansatz."

Wie die Vereinten Nationen weiter berichten, haben Wissenschaftler im Rahmen der 55 Kapitel umfassenden Studie erstmals sämtliche vorliegenden Erkenntnisse über die biologischen, chemischen, wirtschaftlichen und sozialen Aspekte einer integralen Gesamtbetrachtung unterzogen.

Gesteuert von einer 22 Mitglieder zählenden Expertengruppe suchten die Forscher Material aus dem Pool der Experten zusammen, der von weltweit rund 600 Wissenschaftler bedient wird, befassten sich mit der Flora und Fauna der Meere und untersuchten die Art und Weise, wie die Menschen von den Ozeanen profitieren und wie sich diese Nutzung auf die Meere auswirkt.

Die Experten befassten sich ferner mit einer Vielzahl von Faktoren, die die Ökosysteme der Meere und die marine Artenvielfalt betreffen. Sie untersuchten die Auswirkungen des Klimawandels, der Gletscherschmelze, der Häufung von Stürmen, der Meeresversauerung, landbasierter Aktivitäten, nicht nachhaltiger Fischereipraktiken, der Schifffahrt, der Verbreitung invasiver Arten, der Offshore-Ölförderung und der Meeresablagerungen. "Und sie stellten fest, dass sich die Weltmeere in einem schlimmen Zustand befinden."


Unverzüglich handeln

John Tanzer, Chef des Globalen Meeresprogramms der Umweltorganisation WWF, erklärte gegenüber IPS, dass der Bericht ein weiterer substanzieller Beweis dafür sei, "dass die Gesundheit unserer Meere und ihre wirtschaftliche Funktion akut bedroht ist und dass wir sofort handeln müssen". Die Umsetzung der Post-2015-Entwickungsagenda und das angestrebte neue Klimaabkommen böten den Regierungen eine Gelegenheit, das Meer und die Menschen, die ihm ihre Ernährungssicherheit und ihre Einkommen verdanken, besser zu schützen.

Den UN zufolge bedecken die Meere rund 70 Prozent der Erdoberfläche. Mehr als 3,5 Milliarden Menschen beziehen ihre Nahrung, Energie und ihre Einkommen aus den Ozeanen.

Indem Meeresschutzgebiete die natürlichen und kulturellen Ressourcen der Ozeane bewahren, kommt ihnen zudem bei der Bewältigung globaler Entwicklungsherausforderungen wie der Ernährungs- und Energiesicherheit und dem Klimawandel eine wichtige Rolle zu.

Im vergangenen Juni hatte die the 193 Mitgliedstaaten zählende UN-Vollversammlung eine Resolution zugunsten eines rechtsverbindlichen internationalen Abkommens zum Schutz der marinen Artenvielfalt in Hochseegebieten jenseits nationaler Zuständigkeiten angenommen. Dem Beschluss waren mehr als neunjährige Verhandlungen einer informellen Ad-hoc-Arbeitsgruppe vorangegangen. Die Resolution ist der erste konkrete Schritt auf dem Weg zu einem globalen Abkommen, das Maßnahmen zum Schutz der Meere wie die Einrichtung mariner Schutzgebiete, die Erstellung von Nachhaltigkeitsstudien, die faire Nutzung der genetischen Hochseeressourcen sowie den Kapazitätenaufbau in Entwicklungsländern und den Transfer von Meerestechnologien vorsieht.

Die 'High Seas Alliance' (HSA), eine Allianz aus 27 Nichtregierungsorganisationen (NGOs), und der Weltnaturschutzbund (IUCN), hatten eine entscheidende Rolle in dem Bemühungen gespielt, die Verhandlungen für ein solches Abkommen bis 2018 voranzubringen.


Marine Reichtümer

Wie die Umweltorganisation WWF in einer im April veröffentlichten Untersuchung erklärte, lagern in den Weltmeeren Reichtümer im Wert von fast 24 Billionen US-Dollar. Das entspricht dem Vermögen der weltführenden Volkswirtschaften. Doch leiden die Meere unter Übernutzung, Raubbau und Klimawandel.

Wie der WWF-Generaldirektor Marco Lambertini erklärte, tragen die Meere zum Wohlstand der reichsten Länder bei, dennoch werde wenig getan, um zu verhindern, dass sie zugrunde gingen. "Als verantwortungsbewusste Aktionäre sollte uns klar sein, dass wir nicht die marinen Reichtümer ausbeuten können, ohne in deren Zukunft zu investieren."

In einem Vergleich mit den zehn größten Volkswirtschaften würde das Meer der WWF-Studie zufolge mit einem jährlichen Aufgebot von Gütern und Dienstleistungen im Wert von 2,5 Billionen Dollar den siebten Platz einnehmen. (Ende/IPS/kb/07.09.2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/09/world-running-out-of-time-to-save-oceans/

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IPS-Tagesdienst vom 7. September 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. September 2015

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