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PROTEST/043: Mexiko - Allianz gegen Fracking, Gegner fürchten Grundwasserverschmutzung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. August 2013

Mexiko: Allianz gegen Fracking - Gegner fürchten Grundwasserverschmutzung

von Emilio Godoy


Bild: © IPS/Photostock

Satellitenfoto des Golfes von San Jorge im argentinischen Teil Patagoniens, wo es reiche Vorkommen von Schiefergas gibt
Bild: © IPS/Photostock

Mexiko-Stadt, 28. August (IPS) - Umweltorganisationen in Mexiko befürchten, dass die umstrittene Produktion von Schiefergas, das sogenannte 'Fracking', von internationalen Finanzorganisationen gefördert werden könnte.

"Fracking gehört zu den Techniken, die die Trinkwasservorkommen in dem Land am stärksten gefährden", warnte Nathalie Seguin, die Koordinatorin des Mexikanischen Wasseraktionsnetzwerks (FANMEX). Wissenschaftler hätten in mehreren Teilen der Welt ein hohes Risiko dafür nachgewiesen, dass in den vertikalen Bohrlöchern Lecks entstünden und das Grundwasser dadurch verschmutzt werde.

Bei den Tiefbohrungen werden unter hohem Druck große Wassermengen mit chemischen Zusätzen in das Gestein gepresst, um das Gas leichter freizusetzen. Es gebe internationale Finanzorganisationen, die Interesse an Fracking hätten, erklärte Timothé Feodoroff vom unabhängigen 'Transnational Institute' (TN) in Amsterdam. "Es besteht das Risiko, dass sie in diese Methode investieren werden."


Große Interessenskoalition

Feodoroff hat gemeinsam mit Jennifer Franco und Ana Maria Rey im Januar den Bericht 'Old Story, New Threat: Fracking and the Global Land Grab' ('Alte Geschichte, neue Gefahr: Fracking und der globale Landklau') veröffentlicht. Darin heißt es, dass hinter dem weltweiten Ansturm auf die nicht-konventionelle Gasexploration und -förderung sowohl staatliche und private transnationale Konzerne als auch nationale und internationale Akteure zu finden seien.

Zu diesen Akteuren gehörten Zulieferer von Technologien, Erdöl- und Finanzunternehmen, Regierungen, Lobbygruppen und sogar wissenschaftliche Institute. Im September will TN einen weiteren Report veröffentlichen, in dem die von Banken und privaten Investmentfirmen geschaffene Finanzblase rund um die Schiefergasförderung analysiert wird. "Fracking hat viele Spekulanten angezogen. In der Subprime-Finanzkrise von 2007 geschah das Gleiche."

Die Internationale Finanzkorporation (IFC), der Finanzierungsarm der Weltbank für den Privatsektor, wies den Vorwurf, sich an Fracking-Vorhaben zu beteiligen, als falsch zurück. Die IFC hält allerdings zehn Prozent der Anteile an der 'Agiby Petroleum Company', an der auch die ägyptische 'General Petroleum Corporation', das italienische Unternehmen ENI und Russlands 'Lukoil' beteiligt sind. Agiba betreibt Fracking in der ägyptischen Wüste.

Ein Bericht von David Mares für die Interamerikanische Entwicklungsbank mit dem Titel 'The New Energy Landscape: Shale Gas in Latin America' ('Das neue Energiepanorama: Schiefergas in Lateinamerika'), der seit Dezember vorliegt, ist nicht öffentlich zugänglich. Mares hat darüber hinaus aber auch den Report 'Shale Gas in Latin America: Opportunities and Challenges' ('Schiefergas in Lateinamerika: Chancen und Herausforderungen') geschrieben.

"Ob die lateinamerikanischen Länder Teil der Schiefergas-Revolution werden, wird von den Bedürfnissen der Investoren, dem Stand der Umweltdebatte und der Fähigkeit des Staates abhängen, Sicherheit bei Exploration und Förderung zu garantieren", heißt es in dem Bericht, der im Juli von dem Think Tank 'Inter-American Dialogue' in Washington veröffentlicht wurde.

Laut Mares wird die Erschließung der Schiefergasvorkommen von Land zu Land unterschiedlich verlaufen. Die Finanzmittel könnten aus privaten Quellen, aus ausländischen Direktinvestitionen, Investment-Portfolios, staatlichen Investitionen und Darlehen kommen.


Milliarden-Investitionen in Mexiko

Die mexikanische Erdölgesellschaft PEMEX hat seit 2011 im Norden Mexikos mindestens sechs Bohrungen in Schiefergestein vorgenommen. Die mexikanische Erdölbehörde IMP bereitet eine 18-monatige Explorationsphase im südöstlich gelegenen Bundesstaat Veracruz zu Kosten von 245 Millionen US-Dollar vor. Bis 2016 sind 20 Bohrungen geplant. Die Investitionen werden mit mehr als zwei Milliarden Dollar veranschlagt. In den kommenden 50 Jahren sollen rund 6.500 Bohrlöcher kommerziell genutzt werden.

Die US-Behörde für Energieinformation (EIA) sieht Mexiko unter den Staaten mit förderbaren Gasvorkommen an sechster Stelle - nach China, Argentinien, Algerien, den USA und Kanada. Untersucht wurden 137 Vorkommen in 42 Ländern. Bei den Erdölvorkommen liegt Mexiko auf dem achten Rang.


Protesttag am 19. Oktober

Nichtregierungsorganisationen haben unterdessen eine internationale Kampagne gegen die Finanzierung von Fracking angekündigt. Am 'Global Frackdown Day' am 19. Oktober sind weltweite Aktionen geplant. "Das Problem ist der starke Druck, den Privatunternehmen und Regierungen ausüben, um an Finanzmittel für diese Aktivitäten zu kommen", sagte Seguin. "Es liegt im Interesse der multilateralen Finanzorganisationen, Geld zu verleihen. Sie unterstützen riesige Infrastrukturprojekte, weil dies der einfachste Weg ist, um Länder in der Schuldenfalle zu fangen und sich selbst zu unterhalten. Diese Finanzierungen widersprechen den eigenen Umwelt- und Sozialstandards."

Sechs Organisationen haben sich zu der Mexikanischen Allianz gegen Fracking zusammengeschlossen. Die Aktivisten müssen noch entscheiden, ob sie lediglich ein Moratorium für solche Projekte oder ein Verbot fordern. "Möglicherweise werden die multilateralen Organisationen von Großbanken beeinflusst", warnte Feodoroff.

Die niederländische Bankengruppe 'Rabobank', die auf nachhaltige Finanzdienstleistungen im Agrar- und Rohstoffsektor spezialisiert ist, erklärte bereits, dass sie keine Darlehen für die Exploration und Förderung von Schiefergas bereitstellen werde. Beobachter hoffen nun, dass weitere private Institutionen diesem Beispiel folgen werden. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.tni.org/sites/www.tni.org/files/download/fracking_old_story_new_threat_0.pdf
http://www.freshwateraction.net/node/18
http://www.iadb.org/es/publicaciones/detalle,7101.html?id=67899
http://www.thedialogue.org/page.cfm?pageID=32&pubID=3349
http://www.globalfrackdown.org/org-endorsement-form/
http://www.ipsnoticias.net/2013/08/criticos-de-la-fractura-hidraulica-reclaman-traba-financiera/
http://www.ipsnews.net/2013/08/opponents-of-fracking-seek-to-thwart-shale-gas-finance/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 28. August 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. August 2013