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SOZIALES/042: Honduras - Klimaanpassungsmaßnahmen sichern Hochrisikozonen in Tegucigalpa (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. Januar 2014

Honduras: Klimaanpassungsmaßnahmen für Tegucigalpa - Hochrisikozonen gesichert

von Thelma Mejía


Bild: © Luis Elvir/IPS

Die neue Treppe mit Geländer im dicht besiedelten Stadtteil La Villanueva in der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa erleichtert den Bewohnern das Leben ungemein und dient bei schweren Niederschlägen als Fluchtweg
Bild: © Luis Elvir/IPS

Tegucigalpa, 20. Januar (IPS) - Ein Klimaanpassungsprogramm der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa hat bei 250.000 Menschen die Angst gedämpft, einem Unwetter zum Opfer zu fallen. Mit verhältnismäßig bescheidenen Mitteln und relativ kleinen Eingriffen konnte die Sicherheit in 180 Vierteln nachhaltig verbessert werden.

Der sogenannte 100x100-Plan, der 100 Änderungen in ebenso vielen Tagen vorsieht, ist Teil eines Projekts, für das die Zentralamerikanische Bank für wirtschaftliche Integration einen weichen Kredit in Höhe von 26 Millionen US-Dollar bereitgestellt hat.

"Als es diese Brücke noch nicht gab, waren wir häufig von der Außenwelt abgeschnitten", berichtet Xiomara Castellanos aus dem Stadtteil La Molola und zeigt auf die neue Infrastruktur. "Solange der Fluss nicht über die Ufer trat, konnten wir ihn wenigstens barfuß durchwaten. Doch in der Regenzeit verwandelt er sich in einen wilden Strom, der schon ganze Häuser mit sich gerissen hat."

Die 100 kleinen Arbeiten wurden in denjenigen Vierteln durchgeführt, die für Klimaanomalien besonders anfällig sind. Dort konnten bereits einstündige Niederschläge zu Erdrutschen und Überschwemmungen führen. In vielen Fällen wurden Infrastrukturschäden behoben, die Hurrikan Mitch 1998 verursacht hatte. Der Wirbelsturm brachte mehr als 11.000 Menschen den Tod, weitere 8.000 werden bis heute vermisst.

Die honduranische Hauptstadt, die sich in eine Gebirgsregion einbettet, war landesweit am schlimmsten von den Verwüstungen betroffen, die Mitch auf seinem Weg anrichtete. Auch heute gibt es noch Gebiete, in denen die Zeit stehen geblieben ist: hier zeugen Ruinen von der zerstörerischen Kraft des vor 15 Jahren entfesselten Wirbelsturms.


Ärmste Viertel gesichert

Doch mit dem 100x100-Programm habe man die Risiken deutlich verringern können, meint Julio Quiñónez vom Städtischen Notfallkomitee. Das gilt zum Beispiel für Molola im Nordosten der Hauptstadt. Hier ist die neue kleine Brücke Übergang und Fluchtweg zugleich. In dem Viertel leben 5.000 Menschen, die nicht nur unter der Armut, sondern auch unter einer großen Unsicherheit leiden. Mara-Jugendbanden treiben hier ihr Unwesen.

"Wir mussten unsere Einkäufe immer durch den Fluss schleppen, weil kein Lieferwagen bis zu unserem Viertel durchkam. Wurden unsere Kinder krank, mussten wir sie ebenfalls über den Fluss tragen", sagt die 35-jährige Castellanos. "Doch das hat sich inzwischen durch die Brücke geändert. Nun kommen sogar die Wasserwagen und die Busse zu uns hoch und wir sind nicht länger isoliert."

Laut Johan Meza, der im Rahmen des 100x100-Plans für die Klimaanpassungsprogramme zuständig ist, beinhalten die durchgeführten Arbeiten Abflussgräben, Treppen, Fluchtwege, Straßen, Fußgängerbrücken, Wasser- und Regenabflussdrainagen und Mauern. Alle diese baulichen Maßnahmen waren nach einer Beurteilung der Japanischen Behörde für internationale Entwicklung, dem UN-Entwicklungsprogramm und anderen Gremien durchgeführt worden.

Wenige Meter von einer der städtischen Hauptverkehrsadern, im Osten von Tegucigalpa, liegt ein weiteres Armenviertel: La Villanueva. Hier wurden Straßen instandgesetzt, Regenwasserabflussrohre gelegt sowie Treppen und Geländer installiert. La Villanueva gehört zu den bevölkerungsreichsten Vierteln Tegucigalpas. Die dort an den Berghängen lebenden 120.000 Menschen werden vor allem von Erdrutschen bedroht.

Die Gemeindeführerin María Elena Benítez zeigt auf die neuen Stufen, auf die ihr Viertel drei Jahrzehnte lang gewartet hatte. "Hier mussten wir den Abhang herunterschlittern, um zur Bushaltestelle zu kommen. Wenn es regnete, verwandelte sich alles in Morast. Man kann sich gar nicht mehr vorstellen, wie schwierig das alles war. Es ist häufig vorgekommen, dass sich Menschen Brüche zugezogen haben, vor allem Kinder und ältere Menschen. Doch inzwischen hat sich viel geändert und wir wurden von den Behörden informiert, dass Villanueva keine Hochrisikozone mehr ist."


Spürbare Fortschritte beim Schutz der Menschen

Wie der Bürgermeister von Tegucigalpa, Ricardo Álvarez, gegenüber IPS erklärte, konnte in der Vergangenheit ein einfacher Regenguss in einigen Hauptstadtvierteln zwischen Leben und Tod entscheiden. Álvarez und seine Mitarbeiter sind erleichtert, dass diese Gefahr mit Hilfe der Anpassungsmaßnahmen gebannt ist. Sie verweisen auf Statistiken, wonach Niederschläge und Erdrutsche 2010 noch zwölf Todesopfer gefordert hatten. Im letzten Jahr kam nur noch ein Mensch ums Leben.

Álvarez zufolge ist Tegucigalpa inzwischen sicherer als noch vor 15 Jahren. Wie er betont, haben die Menschen aber auch gelernt, mit den Risiken zu leben. Jetzt sei Tegucigalpa landesweit die am besten gegen die Risiken des Klimawandels vorbereitete Stadt.

Die nächste Phase des 100x100-Plans sieht die Umsetzung eines Schulungsprogramms vor. Die Bevölkerung soll lernen, wie sie sich am besten in Katastrophensituationen verhält. Arme Siedlungen, die wie El Pastel, La Concordia, Campo Cielo, Flor del Campo, Brisas del Norte, Nueva Suyapa, Venezuela, Los Pinos und San Juan del Norte für Klimakatastrophen Angriffsflächen boten, haben sich Álvarez zufolge in Stadtteile verwandelt, in denen die Angst auf dem Rückzug sei. (Ende/IPS/kb/2014)


Links:

http://www.ipsnews.net/2014/01/small-projects-big-changes-climate-risk-honduran-slums/
http://www.ipsnoticias.net/2014/01/tegucigalpa-aprende-mitigar-los-riesgos-climaticos/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 20. Januar 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2014