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WALD/078: Neue Wege beim Schutz der Wälder - Ecuadors Yasuní-Trust Fund (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 4/2011

Global Governance - Eine Chimäre?

Schwerpunkt

Neue Wege beim Schutz der Wälder
Ecuadors Yasuní-Trust Fund

von Jürgen Maier


Einer der größten Fehlschläge des Rio-Prozesses ist der Schutz der Wälder. Das Forum Umwelt & Entwicklung bilanzierte 2002 zum Rio+10-Gipfel: »Das Thema Waldnutzung und Walderhalt war bereits in Rio 1992 eines der dominierenden Verhandlungsthemen und steht zehn Jahre nach Rio unverändert und weitgehend ungelöst auf der politischen Agenda. Von Entspannung im Sektor Wald und Waldzerstörung kann keine Rede sein. Im Gegenteil, der Schwund und die Degradierung der Wälder weltweit ist ungebrochen. Der Zustand des Ökosystems Wald hat sich durch Fragmentierungen ehemals geschlossener Waldflächen, Degradierung oder durch selektive Übernutzung bestimmter Waldressourcen auf der Ebene biologischer Vielfalt gravierend verschlechtert. Die Umwandlung von Wald in landwirtschaftliche Flächen und eine unzureichende Umsetzung bestehender Waldschutzgesetze gelten heute als die wichtigsten Ursachen der Waldverluste. Nationale Politiken und auch die internationale Staatengemeinschaft haben auf die Herausforderung zum Gegensteuern bislang höchst unzureichend reagiert.« Ersetzt man die Zahl 10 durch eine 20, könnte dies wortwörtlich auch unsere Bilanz zum Rio+20-Gipfel sein.

Im Gegensatz zur Atmosphäre oder zu den Ozeanen sind Wälder allerdings kein »gemeinsames Erbe der Menschheit«, sondern stehen in der Souveränität der Nationalstaaten. »Der Amazonas gehört uns« ist das Credo brasilianischer Politik, und das Schreckgespenst amerikanischer oder europäischer Öko-Kolonialisten, die Brasilien den Wald wegnehmen wollen, bestimmte schon 1992 in Rio die Diskussion um die gescheiterte Waldkonvention. Die Wälder-Erklärung von Rio beginnt dementsprechend mit Sätzen wie »States have, in accordance with the Charter of the United Nations and the principles of international law, the sovereign right to exploit their own resources pursuant to their own environmental policies and have the responsibility to ensure that activities within their jurisdiction or control do not cause damage to the environment of other States or of areas beyond the limits of national jurisdiction.« und »States have the sovereign and inalienable right to utilize, manage and develop their forests in accordance with their development needs and level of socio-economic development and on the basis of national policies consistent with sustainable development and legislation, including the conversion of such areas for other uses within the overall socio-economic development plan and based on rational land-use policies.«

Die (bisher noch) waldreichen Länder machen seitdem in großem Stil Gebrauch von ihrem souveränen Recht, Wälder zugunsten anderer Nutzungen zu zerstören, während die wachsweichen Verpflichtungen zu nachhaltiger Nutzung ignoriert werden. Ecuador hat nun erstmals mit der Yasuní-ITT-Initiative einen anderen Weg eingeschlagen als das störrische Beharren auf nationaler Souveränität. Mit dem beim UN-Entwicklungsprogramm UNDP angesiedelten multilateralen »Yasuní Ishpingo Tambococha Tiputini (ITT) Trust Fund« geht Ecuador Waldschutz-Verpflichtungen gegenüber der internationalen Gemeinschaft ein, die es in diesem Ausmaß bisher noch nie gab.


Internationalisierung von Waldschutzgebieten

Solche Verpflichtungen sind auch bitter nötig. Eines der mit großen Worten angekündigten REDD-Waldschutz-Pilotprojekte, das Rimba Raya-Projekt in Borneo, steht ein Jahr nach seinem Beginn vor einem Scherbenhaufen. 90.000 Hektar Torf-Urwald sollten geschützt werden, 2 Millionen US Dollar Projektentwicklungskosten wurden bereits ausgegeben, die norwegische Regierung, Gazprom, die Clinton-Stiftung, Allianz und andere waren an dem Projekt beteiligt. Heute ist die Hälfte des Projektgebiets an eine Palmölkonzession vergeben, die Korruptionsbehörde ermittelt, sogar eine Verurteilung gegen einen Verantwortlichen im Forstministerium wegen Korruption hat es schon gegeben. Obwohl Wandojo Siswanto schon damals unter Korruptionsverdacht stand, war er bis 2009 sogar Mitglied der indonesischen Klimaverhandlungs-Delegation. Nachdem das Projekt im Labyrinth der indonesischen Bürokratie versunken ist, kann es heute nur noch als gescheitert bezeichnet werden. Offensichtlich wurde parallel mit der Palmölgesellschaft PT Best gedealt, und die zahlte wohl einfach mehr. Was hat Norwegen daraus gelernt? Bisher nicht viel.


Fonds mit Bedingungen

Im Falle des Yasuní-Trust Fund hat sich Ecuador verpflichtet, alle Einzahlungen über 50.000 US Dollar zurückzuzahlen, wenn Ecuador seine Verpflichtungen nicht einhält. Das Geld liegt in New York bei der UNDP, Ecuador hat keine Möglichkeit dies rückgängig zu machen. Auch bei der Entscheidung, was mit dem eingezahlten Geld passiert, hat die Regierung weitreichende Konzessionen gemacht: ein sechsköpfiges Steering Committee entscheidet über den strategischen Jahresplan des Yasuní Fund, seine Umsetzung und die Mittelvergabe. Drei Mitglieder entsendet die Regierung, zwei die internationale Gebergemeinschaft und eines die ecuadorianische Zivilgesellschaft.

Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Projekt überhaupt zustande kommt. Bisher sieht es eher düster aus, kaum eine Regierung hat sich bisher dazu durchringen können, etwas einzuzahlen - abgesehen von etwa 20 Millionen Dollar aus einem italienischen Schuldenerlass. Auch Entwicklungsminister Niebel blockiert bisher eine fast fertige deutsche Zusage.

Verglichen mit der unkritischen Begeisterung vieler Regierungen für REDD- bzw REDD-plus-Initiativen eine Entwicklung, die ausgesprochen unlogisch erscheint. REDD ist letztlich an ein internationales Klimaschutzabkommen gekoppelt - ohne ein solches gibt es keine Emissionsreduktionsverpflichtungen, die man mit REDD-Emissionsgutschriften erfüllen könnte. Leider steht ein solches Abkommen zur Zeit eher in den Sternen. REDD-Projekte sind nicht in erster Linie dazu da, die Biodiversität in den Wäldern zu schützen, sondern Kohlenstoff zu binden. Vor allem sind sie offenbar in vielen Ländern recht korruptionsanfällig und wenn die jeweilige Regierung ihre Meinung ändert, ist das Geld weitgehend verloren. Ob die örtliche Bevölkerung etwas von den REDD-Geldern sieht, ist ebenfalls verglichen mit dem Yasuní-Fund mehr als fraglich.

Warum ausgerechnet der Yasuní-Trust Fund, mit dem der internationalen Gemeinschaft weitergehende Zugeständnisse gemacht werden als in nahezu allen anderen Projekten, derart umfassend von dieser internationalen Gemeinschaft ignoriert wird - das ist allerdings eine Frage, die noch zu untersuchen wäre. Sonderlich überzeugend wirken die offiziellen Begründungen etwa des BMZ jedenfalls nicht.

Mehr zum IT-Trust Fund unter http://mdtf.undp.org/yasuni

Der Autor ist Geschäftsführer des Forums Umwelt und Entwicklung.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Rio Cononaco Yasuní Nationalpark

Onko der Waorani am Cononaco Fluss Yasuní Nationalpark


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V.


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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 4/2011, S. 16-17
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Januar 2012