Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

WASSER/030: Afrika - Wasser- und Sanitärversorgung dramatisch unterfinanziert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. August 2011

Afrika: Wasser- und Sanitärversorgung dramatisch unterfinanziert

Von Thalif Deen


Stockholm, 26. August (IPS) - Die Zahlen aus Afrika, die das UN-Umweltprogramm UNEP auf der Weltwasserwoche vom 21. bis 27. August in Stockholm präsentierte, sind entmutigend: 40 Prozent der eine Milliarde Afrikaner leben in städtischen Gebieten, 60 Prozent dieser Menschen in Armensiedlungen. Dort ist die Wasser- und Sanitärversorgung "hochgradig inadäquat".

Besonders von der Wasser- und sanitären Armut betroffen sind die Länder südlich der Sahara. Dort behindern der Mangel an finanziellen Mitteln und ein fehlender politischer Wille jeden Fortschritt im Bereich der Wasser- und Sanitärversorgung. Die Londoner Hilfsorganisation 'WaterAid' beklagte in Stockholm, dass mindestens fünf afrikanische Länder - Angola, die Komoren, Liberia, Simbabwe und Togo - einen getrennt ausgewiesenen Sanitär-Etat vermissen lassen. Zusammen mit Osttimor zählen die Komoren und Angola zu den Ländern der Welt mit der schlechtesten Sanitärversorgung.

Wie Nelson Gomonda, Pan-Afrika-Experte von WaterAid, gegenüber IPS erklärte, ist die Finanzierung der Wasser- und Sanitärversorgung entscheidend für das fristgerechte Gelingen der Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) bis 2015. Die MDGs verlangen nicht nur die Halbierung der Zahl der Armen und Hungernden, sondern auch der Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Wasser und zu Toiletten. Doch angesichts der geringen Investitionen sei zu befürchten, dass etwa eine Milliarde Menschen südlich der Sahara und in Asien die Sanitär-MDGs nicht erreiche, warnte das UNEP in seinem Bericht 'Towards a Green Economy' ('In Richtung grüne Wirtschaft').


Finanzierungserfolge im Schneckentempo

2008 hatten die afrikanischen Staaten auf einer Sanitärkonferenz zugesagt, mindestens 0,5 Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes (BIP) für den Ausbau der sanitären Grundversorgung auszugeben. Doch bisher kommen die meisten afrikanischen Staaten nicht über die 0,3-Prozent-Marke hinaus. "Um es einfach auszudrücken: Der Wasser- und Sanitärsektor erhält von den Finanzministerien nicht die Gelder, die er benötigt", so Gomonda, der das Problem auch darauf zurückführt, dass die Bedeutung der Wasser- und Sanitärversorgung für die menschliche Entwicklung meist unterschätzt wird.

Die Vereinten Nationen schätzen, dass 800 Millionen Erdenbürger keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben und 2,4 Milliarden Menschen ohne Sanitäranlagen auskommen müssen. Die dadurch bedingten Hygieneprobleme begünstigen den Ausbruch von Durchfallerkrankungen, die Tag für Tag 4.000 Kindern das Leben kosten.

Das Stockholmer Internationale Wasserinstitut SIWI wies darauf hin, dass Wassermangel zu Wasserkriegen führen könne. Die Forscher erinnerten daran, dass im Konflikt im sudanesischen Darfur und vor allem entlang der Nomadenrouten Wasser ein wichtiger politischer Faktor gewesen war. Die Revolution in Ägypten und die Teilung des Sudans in zwei unabhängige Staaten werden SIWI zufolge eine Neuregelung der Nilwasser-Nutzungsrechte für die Anrainerstaaten dringend erforderlich machen.

Wie die Afrika-Arbeitsgruppe der EU-Wasserinitiative (EUWI) in einer Pressemitteilung erklärte, ist die Wasser- und Sanitärversorgung in Afrika trotz der vielen Hilfszusagen der EU-Mitgliedsländer immer noch drastisch unterfinanziert. Die EU-Hilfe geht zu 59 Prozent in den Wasser- und Sanitärsektor, und die Beträge zur Verbesserung des afrikanischen Wassersektors haben sich von 500 Millionen 2005 auf 950 Millionen 2009 nahezu verdoppelt.

Dieses Paradox führt die Arbeitsgruppe unter anderem auf die ungleiche Verteilung der Hilfsgelder an die Empfängerländer zurück. So würden 17 afrikanische Staaten Hilfe von mindestens sechs EU-Ländern erhalten, hingegen acht afrikanische Länder von nur zwei EU-Mitgliedern unterstützt, hieß es. Dass die Beträge immer kleiner ausfielen, führe zudem zu einem Mehr an Verwaltungskosten, die ein Weniger an Basishilfe bedeute. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.unep.org/greeneconomy/Portals/88/documents/ger/GER_synthesis_en.pdf
http://www.wateraid.org/uk/
http://www.euwi.net/
http://www.unwater.org/
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=104888

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 26. August 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. August 2011