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WASSER/147: Sri Lanka - Jahrhundertealte Stauseen helfen gegen Klimawandel (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. August 2013

Sri Lanka: Wundermittel bei Flut und Dürren - Jahrhundertealte Stauseen helfen gegen Klimawandel

von Amantha Perera


Bild: © Amantha Perera/IPS

Alte Wasserreservoire sind eine Waffe im Kampf gegen den Klimawandel
Bild: © Amantha Perera/IPS

Colombo, 8. August (IPS) - Für eine Witwe mit kleinen Kindern kann das Leben in einer der armen ländlichen Regionen in Sri Lanka hart sein. Familien in entlegenen Gebieten wie Anuradhapura in der Nördlichen Zentralprovinz kommen mit dem Anbau von Reis oder Gemüse in gerodeten Dschungelregionen kaum über die Runden.

Als Seelawathie vor einigen Jahren ihren Mann verlor, sah sie zunächst keinen anderen Ausweg, als mit ihren fünf Kindern in den Busch zu gehen, um dort Land für den Agraranbau zu roden. Doch Chena, wie diese schweißtreibende Tätigkeit genannt wird, hielt sie kräftemäßig nicht durch.

Ihr Vater gab ihr daraufhin vier Reisfelder, für die sie allerdings viel Wasser benötigt, um eine gute Ernte zu bekommen. Ein seit langem bestehendes Wasserreservoir nahe ihrem Dorf Kandawe wurde für sie zur unverzichtbaren Quelle.

Diese Regenauffangbecken wurden von den früheren Königen in Sri Lanka angelegt. Die meisten waren nur dazu bestimmt, die umliegenden Dörfer mit Wasser zu versorgen. Sie spielten in den Trockenperioden eine zentrale Rolle in der traditionellen Landwirtschaft, die dann um das Jahr 1500 durch die Einführung von Cash Crops durch die europäischen Kolonialherren zerstört wurde.

Das Reservoir sei ein göttliches Geschenk, sagt Seelawathie, die auf diese Weise das ganze Jahr über Reis anbauen kann. In dem südasiatischen Inselstaat gibt es noch Tausende solcher jahrhundertealten Wasserreservoirs. Forscher sehen sie auch als effizientes Instrument zum Ausgleich ausbleibender Niederschläge im Zuge des Klimawandels.


Flutwasser wird abgeleitet

Eine Untersuchung des Internationalen Instituts für Wassermanagement (IWMI) mit Sitz Colombo hat ergeben, dass die Reservoirs nicht nur Wasser für Trockenperioden speichern, sondern auch Wasser bei Überschwemmungen umleiten können. Nach Überzeugung der IWMI-Ingenieurin Nishadi Eriyagama könnten die Stauseen für Dorfbewohner wie Seelawathie sogar die hauptsächliche Wasserquelle werden.

In den vergangenen Jahren sind die Reiskulturen in Sri Lanka gleichermaßen durch Überschwemmungen und Dürren geschädigt worden. Anfang 2011 wurde ein Großteil der Ernte durch Fluten vernichtet. 2012 ging die Reisernte infolge einer zehnmonatigen Trockenperiode um sechs bis zehn Prozent zurück.

Die meisten Opfer von Fluten und Dürren kommen aus den armen Trockengebieten und verdienen durch Landwirtschaft kaum genug zum Leben. Bereits zwei Missernten in kurzer Folge reichen aus, um Existenzen zu vernichten.

Das Rote Kreuz in Sri Lanka schätzt, dass in den vergangenen zwei Jahren etwa 1,3 Millionen Menschen von Dürren betroffen waren. Eine in diesem Januar durchgeführte Untersuchung der Regierung und des Welternährungsprogramms WFP ergab, dass 75 Prozent von mehr als 550.000 Befragten in zehn der 18 Distrikte entweder von starken Überschwemmungen oder von großer Nahrungsunsicherheit bedroht waren. Etwa drei Viertel der Personen, die durch Überschwemmungen beeinträchtigt waren, berichteten, dass ihnen zuvor die Trockenheit schon erheblich zugesetzt hatte.

"Eine Untersuchung der bekannten Auswirkungen von Naturkatastrophen in den vergangenen acht Jahren zeigt, dass diese Ereignisse immer häufiger auftreten", heißt es in dem jüngsten Menschenrechtsbulletin der Vereinten Nationen für Sri Lanka. In den letzten zwei Jahren wurden demnach mehr als 2,6 Millionen Menschen von solchen Katastrophen heimgesucht. Das sind mehr als zehn Prozent der rund 20 Millionen Srilanker.


WPF musste Hilfsprogramm aussetzen

Obwohl die Folgen des Klimawandels immer deutlicher spürbar sind, nimmt die Hilfe von außen nicht zu. Im Januar musste WFP aufgrund von Geldmangel ein Programm aussetzen, das Hilfe für 172.000 ernsthaft durch Nahrungsmangel betroffene Menschen vorsah.

L. P. Rupasena, der stellvertretende Forschungsleiter am Hector-Kobbekaduwa-Institut für Agrarforschung in Colombo, fordert daher, verstärkt nach Lösungen im eigenen Land zu suchen. Graswurzelprogramme könnten nun vergessene Traditionen wiederbeleben. Zu den alten Schätzen gehören auch die Wasserreservoire, die in den 1970er Jahren durch weitverzweigte künstliche Bewässerungskanäle ersetzt worden waren. Viele dieser Reservoirs müssten nun nach jahrelanger Vernachlässigung gezielt wieder in Stand gesetzt werden. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.iwmi.cgiar.org/
http://redcross.lk/
http://www.wfp.org/
http://www.ipsnews.net/2013/08/ancient-kings-fight-climate-change/

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IPS-Tagesdienst vom 8. August 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. August 2013