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WASSER/149: El Salvador - Getränke-Multi fordert mehr Wasser, Gemeinden protestieren (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. August 2013

El Salvador: Getränke-Multi fordert mehr Wasser - Gemeinden protestieren

von Edgardo Ayala


Bild: © Edgardo Ayala/IPS

Josefina Escamilla protestiert gegen das umstrittene Brunnenprojekt eines multinationalen Getränkeherstellers
Bild: © Edgardo Ayala/IPS

San Salvador, 21. August (IPS) - In der Nähe der kleinen Ortschaft Las Marías nördlich der Hauptstadt von El Salvador will der multinationale Bierbrauer SabMiller einen dritten Brunnen bauen, um den zunehmenden Wasserbedarf seiner lokalen Niederlassung zu decken. Doch das Projekt stößt auf Widerstand, gefährdet es die Versorgung der Lokalbevölkerung.

"Wir sind alt, doch wir kämpfen dafür, dass genügend Wasser für unsere Kinder und Kindeskinder übrig bleibt", sagt Josefina Escamilla, die aus Las Marías stammt und in diesem Monat zusammen mit anderen Projektgegnern in San Salvador gegen das Vorhaben demonstriert hat.

Las Marías ist eine von mehreren Gemeinden im Verwaltungsbezirk Nejapa, 21 Kilometer nördlich der Hauptstadt, die bereits seit April gegen die neuen Brunnenpläne auf dem Gelände der SabMiller-Filiale 'Industrias La Constancia' (ILC) im Kanton Galera Quemada protestieren. Sie fürchten um den Bestand eines lokalen Aquifers, der ihre Wasserversorgung sicherstellt.


"Ohne Wasser können wir nicht leben"

In El Salvador sind nur 69,8 Prozent der ländlichen Haushalte an das öffentliche Wassernetz angeschlossen. In den Städten sind es hingegen 93,5 Prozent, wie aus einer im letzten Jahr durchgeführten Umfrage hervorgeht. "Ohne Strom können wir leben, nicht aber ohne Wasser", meint Escamilla.

Nach dem Bau zweier Brunnen im Jahre 1999 hatte die Firma ihre Abfüllanlagen nach Galera Quemada verlegt. Hier werden kohlesäurehaltige Getränke einschließlich der Marke Coca Cola auf Flaschen aufgezogen. ILC war 1906 vom dem lokalen Oligarchen Rafael Meza Ayau gegründet worden. 2005, als die Produktionspalette des Unternehmens um Säfte, Wasser, Limonaden und Sportgetränke erweitert wurde, übernahm SabMiller, der zweitgrößte Bierbrauer der Welt, den Betrieb.

SabMiller hat Produktionsstätten in 75 Ländern. Der Konzern hat im letzten Geschäftsjahr einen Umsatz von 6,4 Milliarden US-Dollar gemacht. Seine salvadorianische Niederlassung konnte ihre Einnahmen im gleichen Zeitraum um 20 Prozent steigern.

Wie Carlos Flores von der Umweltorganisation 'Unidad Ecológica Salvadoreña' (Unes), berichtet, hat die von den Brunnenplänen betroffene Bevölkerung zusammen mit Naturschützern 2.200 Protestbriefe beim Umweltministerium eingereicht. Nach Angaben des zuständigen Ministers Herman Rosa Chávez ist man derzeit dabei, die von ILC vorgelegte Umweltverträglichkeitsstudie zu prüfen.

Laut dem Hydrologen Julio Quiñónez hatte das Ministerium bereits in einer 2005 erstellten Untersuchung festgestellt, dass das Wasser des Aquifers von Nejapa zur Neige geht. Zu dem gleichen Ergebnis kommt ein Bericht der Organisation 'Geologen der Welt', der zufolge der Aquifer seit 1972 mehr Wasser verliert, als er regenerieren kann.

Quiñónez zufolge fließen dem Aquifer jährlich 15 Millionen Kubikmeter Wasser zu. Der Konsum liegt derzeit bei sieben bis zehn Millionen Kubikmetern. Inbegriffen ist die Wassermenge, die ILC verbraucht und die die Nationale Behörde für Aquädukte und Kanalisation (ANDA) an die Bevölkerung weiterleitet. Aus Untersuchungen des Umweltministeriums geht hervor, dass durch einen neuen Brunnen weitere 1,7 Millionen Kubikmeter Wasser abgeschöpft würden.

"Die Sorge der Menschen ist berechtigt", sagt der Wasserexperte Quiñónez. Er weist darauf hin, dass die Entwaldung in der Region als Folge der fortschreitenden Urbanisierung und Landwirtschaft die Fähigkeit des Aquifers, sich zu regenerieren, immer weiter einschränkt.

In einem Schreiben an das Unternehmen vom 10. Januar 2013, das IPS in Kopie vorliegt, hat ANDA die Obergrenze für die Wasserentnahme mit jährlich 1,1 Millionen Kubikmeter angegeben. Das sind 600.000 Kubikmeter weniger, als das Unternehmen einfordert. ANDA macht die Genehmigung von einer Reihe von Zugeständnissen abhängig. So soll sich ILC unter anderem dazu verpflichten, Messgeräte an den Zapfstellen anzubringen, um die Wasserentnahme genau kontrollieren zu können.


Kontrollen verweigert

Bisher hat das Unternehmen auf eine IPS-Anfrage um eine Stellungnahme nicht reagiert. Von ANDA ist zu erfahren, dass das Unternehmen mit Sitz in San Salvador den Inspekteuren jeden Zugang zu firmeneigenen Unterlagen verwehrt, die den Wasserverbrauch der Firma dokumentieren. "Wir wurden stets abgewiesen", bestätigt der ehemalige ANDA-Vorsitzende Francisco Gómez und berichtet, dass ILC für die Wassermenge zahlt, die es nach eigenen Angaben verbraucht.

Die Proteste in San Salvador Mitte August richteten sich nicht nur gegen die ILC-Brunnenpläne, sondern auch gegen Abgeordnete, die die Verabschiedung des Allgemeinen Wassergesetzes blockieren. Das geplante Gesetz sieht schärfere Wasserverbrauchskontrollen vor, was Folgen für Unternehmen wie ILC hätte. Dazu meint Escamilla: "Mit einem solchen Gesetz könnten wir das Wasser in Najapa viel besser verteidigen." (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.digestyc.gob.sv/EHPM2012/digestyc/resultado.pdf
http://www.sabmiller.com/index.asp?pageid=180
http://www.anda.gob.sv/
http://www.ipsnoticias.net/2013/08/el-agua-enfrenta-pequena-comunidad-salvadorena-con-transnacional/

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IPS-Tagesdienst vom 21. August 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. August 2013