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BUCH/060: Harald Welzer - "Klimakriege - Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird" (ROBIN WOOD-Magazin)


ROBIN WOOD-Magazin Nr. 100/1.09
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie

bücher

Düstere Aussichten


Harald Welzers erschütterndes Buch "Klimakriege - Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird" zeigt den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Gewalt. Anders als der Titel eventuell vermuten lässt, beschränkt sich Welzer dabei nicht auf übliche naturwissenschaftliche Ausführungen, sondern eröffnet in erster Linie düstere sozio- und psychologische Perspektiven. Das setzt jedoch gewisse Grundkenntnisse in Welzers Disziplin, der Soziopsychologie, voraus. Doch gerade seine überwiegend analytische Herangehensweise an Themen wie Gewalt, Kriege, Flüchtlinge und Wahrnehmung, die beispielsweise am Hurrikan Katrina, den Kriegen in Ruanda, Sudan und Vietnam sowie dem Holocaust verdeutlicht werden, macht die Zusammenhänge sichtbar und das Buch lesenswert. Welzer sieht bei der Beschreibung und Dimensionierung sozialer Folgen des Klimawandels die Sozial- und Kulturwissenschaften deutlich vernachlässigt. Er beschreibt ökologische Katastrophen als soziale, da letztlich die Menschen darunter leiden würden. Gewalt habe "eine große Zukunft in diesem Jahrhundert". "Es wird nicht nur Massenmigrationen geben, sondern gewaltsame Lösungen von Flüchtlingsproblemen, nicht nur Spannungen um Wasser- oder Abbaurechte, sondern Ressourcenkriege, nicht nur Religionskonflikte, sondern Überzeugungskriege". Auf eben diese sich ökologisch wie sozial verändernde Umwelt reagiere der Mensch mit einer modifizierten Wahrnehmung der Probleme. So mache Töten auf einmal Sinn, wenn einem die Psyche eine gefühlte Bedrohung vor Augen führe. Laut Welzer ist der Sudan der erste gesicherte Fall eines kriegsgezeichneten Landes, bei dem Klimaveränderungen eine Ursache für Gewalt und Bürgerkrieg bilden. Nach der Analyse mit zahlreichen historischen Rückblicken und der durchaus plausiblen Darstellung möglicher zukünftiger Szenarien, beendet der Autor - mal abgesehen von den nachfolgenden 57 Seiten Anhang mit überwiegend Quellenangaben - sein Werk mit zwei Schlusskapiteln. Ersteres beschäftigt sich mit der Möglichkeit eines kulturellen Wandels, der einen Ausweg aus der Problematik des unaufhörlichen Wachstums und des grenzenlosen Konsums skizziert. Das letzte Kapitel schildert Welzers persönliche Perspektive: Die westliche Kultur werde an den "globalen Gegensätzlichkeiten", verstärkt durch den Klimawandel, scheitern. Bleibt zu hoffen, dass er nicht recht behält und wir Menschen uns und unser Verhalten rechtzeitig ändern. Denn im Gegensatz zum Autor glaube ich sehr wohl an die Wirksamkeit kleiner Schritte.

Harald Welzer Klimakriege -
Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird
S. Fischer Verlag, 2008
335 Seiten, 19,90 Euro
ISBN: 978-3-10-089433-2

Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Der Krieg im Sudan hat auch ökologische Ursachen Foto: argus/Schwarzbach


Anmerkung der SB-Redaktion:
die Schattenblick-Rezension des Buchs ist zu finden unter
Schattenblick -> INFOPOOL -> BUCH -> SACHBUCH
REZENSION/440: Welzer - Klimakriege. Wofür im 21. Jh. getötet wird (SB)
http://schattenblick.de/infopool/buch/sachbuch/busar440.html


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Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 100/1.09, S. 42
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2009