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FORSCHUNG/371: ForscherInnen der Uni Graz wiesen Fingerabdruck des Menschen in der Atmosphäre nach (idw)


Karl-Franzens-Universität Graz - 28.11.2011

KlimaforscherInnen der Uni Graz wiesen den Fingerabdruck des Menschen in der Atmosphäre nach


Die Atmosphäre der Erde dehnt sich aus, und das ist eine Folge der vom Menschen verursachten globalen Erwärmung durch Treibhausgas-Emissionen. Das haben ForscherInnen des Wegener Zentrums für Klima und Globalen Wandel und des Instituts für Physik der Karl-Franzens-Universität Graz nun erstmals zuverlässig nachgewiesen. Dank neuartiger hochpräziser Daten konnten sie den Fingerabdruck des Menschen über den bodennahen Luftschichten sichtbar machen. Dieser Meilenstein der Forschung erschien kürzlich im renommierten "Journal of Climate", ergänzt durch einen topaktuellen Review in "Radio Science".

"Die globale Erwärmung in der Wetterschicht - der bis etwa 16 Kilometer Höhe reichenden Troposphäre - hat bewirkt, dass sich die Luft ausgedehnt hat und dadurch die Flächen konstanten Luftdrucks höher liegen", berichtet Univ.-Prof. Dr. Gottfried Kirchengast, Leiter des Wegener Zentrums und Seniorautor der Arbeit. "Seit den 1990er Jahren haben sich die Druckflächen in der oberen Troposphäre um 15 bis 20 Meter pro Jahrzehnt gehoben." Und noch etwas konnten die Grazer Klima-ExpertInnen, die international zu den führenden Forschungsgruppen auf diesem Gebiet zählen, erklären: Die Ausdehnung und Hebung sind definitiv eine Folge der Treibhausgas-Emissionen. Für das Weltklima bedeutet die Erwärmung der Wetterschicht, die jetzt klar belegt wurde, dass sich unter anderem die globalen Windsysteme und die Verteilung der Niederschläge verändern.

Zu ihren Erkenntnissen kamen die WissenschafterInnen im Rahmen eines vom Österreichischen Forschungsfonds FWF geförderten Projekts unter der Leitung von Dr. Andrea Steiner und der Dissertation von Dr. Bettina Lackner, Erstautorin des Artikels im "Journal of Climate". Die ForscherInnen haben gewissermaßen den Fingerabdruck des Menschen in der freien Atmosphäre nachgewiesen - mit einer Methode, die bezeichnender Weise "Fingerprinting" genannt wird. Sie basiert darauf, dass Klimatrends je nach ihrer Ursache unterschiedliche Muster hinterlassen. "So führen zum Beispiel Treibhausgase dazu, dass sich die Wetterschicht relativ konstant und großräumig erwärmt - am stärksten in den Tropen. Über der Wetterschicht findet gleichzeitig eine Abkühlung statt, die ebenfalls in den Tropen am deutlichsten ausfällt", erklärt Steiner. Lackner ergänzt: "Das natürliche Phänomen El Niño verursacht hingegen klar ausgeprägte zeitliche Schwankungen mit einer anderen Raumverteilung." Aus den verschiedenen Mustern haben die ForscherInnen die menschgemachten Klimatrends herausgefiltert.

Voraussetzung dafür, dass die Fingerprinting-Methode zuverlässige Ergebnisse bringen kann, sind sehr genaue Messdaten. Diese liefert die GPS Radio-Okkultation. Dabei handelt es sich um Messungen mit Satelliten, die GPS-Signale nach ihrem Weg durch die Atmosphäre empfangen. Daraus lassen sich äußerst exakte Klimadaten über lange Zeiträume ableiten. Die Grazer WissenschafterInnen arbeiten bereits seit Einführung der GPS Radio-Okkultation Mitte der 1990er Jahre mit diesen Daten und stehen bei deren Nutzung für die Klimaforschung weltweit an der Spitze. Die jüngsten Forschungsergebnisse des Wegener Zentrums stützen sich auf Aufzeichnungen aus den letzten 15 Jahren.

Diese wissenschaftliche Arbeit ist verankert im Forschungsschwerpunkt "Umwelt und Globaler Wandel" der Karl-Franzens-Universität Graz, der vom Wegener Zentrum führend mitgestaltet wird.


Publikationen:
Lackner, B. C., A. K. Steiner, G. C. Hegerl, and G. Kirchengast (2011), Atmospheric climate change detection by radio occultation data using a fingerprinting method, J. Climate, 24, 5275-5291, doi:10.1175/2011JCLI3966.1 http://journals.ametsoc.org/doi/abs/10.1175/2011JCLI3966.1

Steiner, A. K., B. C. Lackner, F. Ladstädter, B. Scherllin-Pirscher, U. Foelsche, and G. Kirchengast (2011), GPS radio occultation for climate monitoring and change detection, Radio Sci., 46, RS0D24, doi:10.1029/2010RS004614 http://www.agu.org/pubs/crossref/2011/2010RS004614.shtml


Kontakt:
Sabine Tschürtz
Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel
der Karl-Franzens-Universität Graz
Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +43 (0)316/380-8430
E-Mail: sabine.tschuertz@uni-graz.at


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.wegcenter.at - Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel
http://www.uni-graz.at/igam - Institutsbereich Geophysik, Astrophysik und Meteorologie/Institut für Physik der Uni Graz

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter der WWW-Adresse:
http://idw-online.de/de/image157250
Temperaturtrends und Druckflächen-Hebung seit den 1990er Jahren in tropischen bis subtropischen Breiten, die rund 50 % der Erdoberfläche ausmachen: Mittels GPS Radio-Okkultation konnte erstmals ein Fingerabdruck der Erwärmung der gesamten Wetterschicht direkt beobachtet werden.
http://idw-online.de/de/image157251
GPS Radio-Okkultation: Niedrigfliegende Satelliten empfangen GPS- Signale, welche die Atmosphäre durchquert haben. Daraus lassen sich die Temperaturschichtung und die Höhe von Druckflächen sehr genau berechnen.

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter: http://idw-online.de/de/news453237

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter: http://idw-online.de/de/institution35


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Karl-Franzens-Universität Graz, Mag. Gudrun Pichler, 28.11.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. November 2011