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UNO/115: Handlungsbedarf (Securvital)


Securvital 4/2019 - Oktober-Dezember
Das Magazin für Alternativen im Versicherungs- und Gesundheitswesen

Umweltpolitik
Handlungsbedarf

von Norbert Schnorbach


Die Welt steht vor einer Klimakrise. Wissenschaftler warnen vor den globalen Gefahren. Politische Maßnahmen sind gefordert. Doch ein internationaler Klimaschutz-Index offenbart, wie zögerlich viele Staaten - auch Deutschland - immer noch sind.

Nach der Klimakrise wird eine Hungerkatastrophe kommen. Mit dieser Botschaft warnt der Weltklimarat IPCC vor den Folgen des globalen Klimawandels. Der Mensch bedroht seine wichtigsten Lebensgrundlagen, stellen die Wissenschaftler aus mehr als 50 Ländern fest, die für den Weltklimarat einen aktuellen Sonderbericht zusammengetragen haben. Hitze, Trockenheit und Überflutungen bedrohen die Landwirtschaft und haben bereits Ernteausfälle in manchen Regionen der Erde verursacht, berichtet der IPCC.

Der Bericht enthält neben vielen Warnungen auch eine optimistische Einschätzung: Es liegt noch im Bereich des Möglichen, die Erderhitzung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Allerdings - und das ist die Forderung an die politischen Entscheider - müssten dafür energische und schnelle Maßnahmen für eine wirksame Umwelt- und Klimapolitik getroffen werden. Ansonsten ist damit zu rechnen, dass Wetterkatastrophen in absehbarer Zeit zunehmen werden.

Ernährung bedroht

Der IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) gilt als eine der zuverlässigsten und renommiertesten Institutionen auf diesem Gebiet. Im Auftrag der Vereinten Nationen tragen Wissenschaftler aus zahlreichen Ländern den aktuellen Kenntnisstand der Klimaforschung zusammen und bewerten die jeweils neuen Entwicklungen des Klimawandels anhand anerkannter Veröffentlichungen. Für seine wissenschaftlich fundierten Dokumentationen erhielt der IPCC auch schon den Friedensnobelpreis.

Der jüngste Sonderbericht, der auf 7.000 wissenschaftlichen Publikationen basiert und im August veröffentlicht wurde, stellt eine unmissverständliche Diagnose: Steigende Temperaturen, veränderte Niederschläge und häufigere Wetterextreme sind dabei, die Ernährungssicherheit zu bedrohen. Die Zahl der unterernährten und hungernden Menschen auf dem Globus (gegenwärtig etwa 820 Millionen) wird um mehrere hundert Millionen anwachsen, wenn die Erderhitzung nicht gebremst wird. Auch die Trinkwasserprobleme verschärfen sich in vielen Regionen der Erde.

"Es sind vor allem die einkommensschwachen Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika, die unter den drastischen Folgen leiden", sagt der indische IPCC-Experte Priyadarshi Shukla. Der Klimawandel wirke sich nicht nur so aus, dass Ernteerträge geringer werden. Auch die Qualität der Nahrungsmittel verschlechtere sich und, die Preise stiegen ins Unerschwingliche für die ärmere Bevölkerung.

Im Bereich Landwirtschaft und Ernährung sehen die Wissenschaftler große Möglichkeiten, Klimaschutz und Ressourcenschonung zu verbessern. Land- und Forstwirtschaft sind für ein Viertel des menschengemachten Treibhausgas-Ausstoßes verantwortlich, heißt es im IPCC-Bericht. Mit klimaschonenderen Verfahren in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung könnten weltweit 2,3 bis 9,6 Milliarden Tonnen Treibhausgase pro Jahr gespart werden. Das wäre ein Vielfaches der gesamten deutschen Emissionen von jährlich etwa 860 Millionen Tonnen. Positive Auswirkungen hätte auch eine Änderung der Ernährung, insbesondere beim Fleischkonsum. Die Menschheit isst mehr Fleisch, als für das Klima gut ist, denn für den Anbau von Futtergetreide wie Soja verschwinden tropische Regenwälder.

Für die Herstellung von einem Kilo Gemüse entstehen nur ein bis zwei Prozent der Treibhausgase, die für ein Kilo Rindfleisch anfallen. Demnach könnte eine vegetarische Ernährung oder zumindest weniger Fleisch und Fisch die Treibhausgas-Emissionen deutlich verringern. "Außerdem bringt die Umstellung auf eine nachhaltigere Ernährung wichtige Vorteile für die menschliche Gesundheit", sagt die Londoner IPCC-Autorin Joana Portugal Pereira.

Ambitionierte Aufgaben

Der IPCC betont mit großem Nachdruck, dass weit gehende wirtschaftliche und politische Maßnahmen notwendig sind, um den Klimawandel zu begrenzen und in erträglichem Rahmen zu halten. Die Empfehlungen lesen sich wie ein dringender Handlungsaufruf an die Regierungen. Weniger Ressourcenverbrauch in der Wirtschaft, eine schonendere Landwirtschaft und mehr erneuerbare Energien an Stelle von Kohle und Erdöl sind erforderlich, um den Ausstoß von CO2 und anderen Treibhausgasen zu verringern.


Länder im Vergleich: Klimaschutz-Index 2019 (Weltkarte). Grafikquelle: © Germanwatch

Quelle: © Germanwatch


Wie viel auf diesem Gebiet noch zu tun ist, veranschaulicht der Klimaschutz-Index, der jedes Jahr von den Organisationen Climate Action Network (CAN), NewClimate Institute und Germanwatch veröffentlicht wird. Der Index bewertet die Länder nach ihrer Klimapolitik. Beim jüngsten Klimaschutz-Index 2019 wurde Schweden am besten beurteilt. Deutschland landete gemeinsam mit Ländern wie Griechenland und den Niederlanden im Mittelfeld. Die schlechteste Bilanz zeigen der Iran, USA und Saudi-Arabien. Als sehr gut könne leider kein einziger Staat im Hinblick auf die Klimapolitik beurteilt werden, meinte Germanwatch. "Kein Land erbringt seinen erforderlichen Beitrag, um die Erderwärmung auf deutlich unter zwei, geschweige denn 1,5 Grad zu begrenzen."

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Quelle:
Securvital 4/2019 - Oktober-Dezember, Seite 20 - 21
Das Magazin für Alternativen im Versicherungs- und Gesundheitswesen
Herausgeber: SECURVITA GmbH - Gesellschaft zur Entwicklung
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Redaktion: Norbert Schnorbach (V.i.S.d.P.)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2019

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