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CHEMIE/340: Neues Insektengift Cyantraniliprol - Warnung vor Bienensterben (Umweltinstitut München)


Umweltinstitut München e. V. - 27. Juli 2017

Neues Insektengift Cyantraniliprol: Umweltschützer und Imker warnen vor Bienensterben


Ein neues Insektizid droht zur tödlichen Gefahr für Honig- und Wildbienen zu werden. Obwohl der hoch bienengefährliche Wirkstoff Cyantraniliprol in Deutschland bisher nicht zugelassen ist, könnte er schon mit Beginn der Winterraps-Aussaat im August auf den Äckern landen.

Das Umweltinstitut München, der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund und die Aurelia Stiftung warnen vor gravierenden Auswirkungen für Honigbienen und andere Insekten und fordern Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt in einem offenen Brief auf, die Aussaat der behandelten Rapskörner zu verbieten. Cyantraniliprol ist in Deutschland nicht zugelassen, seit kurzem aber in Polen. Sobald ein Wirkstoff in einem EU-Mitgliedstaat genehmigt wurde, darf damit behandeltes Saatgut auch in alle anderen EU-Länder eingeführt werden. Somit könnte mit Cyantraniliprol gebeiztes Raps-Saatgut bereits in den nächsten Wochen auf deutschen Feldern ausgesät werden.

Christine Vogt, Referentin für Landwirtschaft im Umweltinstitut, sagt dazu: "Das Insektizid ist hochgiftig für Bienen. Dass es trotzdem auf unseren Feldern landen soll ist absolut unverantwortlich. Die Aussaat von mit Cyantraniliprol gebeiztem Saatgut muss verboten werden."

Ob eine staubfreie Aussaat möglich ist, weiß selbst die zuständige Behörde nicht. Schutzmaßnahmen, die empfohlen werden, um die Entwicklung von Stäuben zu vermeiden, sind nicht verpflichtend und für den Schutz der Bienen völlig unzureichend. Die Bildung solcher Stäube bei der Aussaat von mit Neonicotinoiden gebeiztem Saatgut führte 2008 am Oberrheingraben innerhalb kurzer Zeit zu einer starken Schädigung oder dem Tod von über 11.000 Bienenvölkern. Auch Hummeln und Wildbienen wurden so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass in der betroffenen Region vom "Stummen Frühling" gesprochen wird. Einige der besonders bienengefährlichen Neonicotionide wurden daraufhin mit Teilverboten belegt.

Manfred Hederer, Präsident des Berufs- und Erwerbsimkerbunds, warnt: "Wir dürfen die Fehler, die ganz offensichtlich bei der Zulassung der Neonicotinoide gemacht wurden, nicht wiederholen. Christian Schmidt muss diesmal handeln, bevor Schäden entstehen."

Der Staub ist jedoch nicht die einzige Gefahr für Insekten. Da das Gift Cyantraniliprol systemisch wirkt, verteilt es sich beim Heranwachsen der Pflanze im gesamten Organismus - von der Wurzel bis in die Blüten. So gelangt es auch in den Pollen und Nektar der behandelten Pflanzen. Blühender Raps dient Bienen, Hummeln und anderen Insekten als Nahrungspflanze.


Den offenen Brief des Umweltinstitut München, des Berufs- und Erwerbsimkerbunds und der Aurelia-Stiftung an Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt finden Sie hier.
http://www.umweltinstitut.org/fileadmin/Mediapool/Downloads/01_Themen/05_Landwirtschaft/Pestizide/Neue_Bienengifte/Offener_Brief_BMEL_Cyantraniliprol.pdf

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Quelle:
Pressemitteilung, 27.07.2017
Herausgeber:
Umweltinstitut München e.V.
Landwehrstraße 64a, 80336 München
Tel.: 0 89 / 30 77 49 - 0
E-Mail: info@umweltinstitut.org
Internet: www.umweltinstitut.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. August 2017

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