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AGRARINDUSTRIE/091: Immer mehr rechtliche Schranken für Agrarfabriken (AbL Ni/HB)


Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. - Landesverband Niedersachsen/Bremen
Pressemitteilung vom 20. Juni 2013

KTBL-Kongress Tierhaltungs-Rahmenbedingungen

AbL konstatiert zunehmende rechtliche Schranken für Agrarfabriken bei KTBL-Kongress



Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft konstatiert nach den diesjährigen Tagungen des "Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft" (KTBL) zu den "Aktuellen Rahmenbedingungen für die Tierhaltung" in Ulm und Hannover, dass der fortschreitende Bau von agrarindustriellen Großställen auf neue rechtliche Grenzen und Rechtsprobleme stößt. Im neuen Bundesbaugesetzbuch hätten gewerbliche Großställe ohne ausreichende Futterflächen das Privileg des Bauens im Außenbereich der Gemeinden verloren. Analog, so die Einschätzungen etlicher Kongress-Teilnehmer, könnten auch die bislang noch "landwirtschaftlich privilegierten Großställe" von Betrieben mit ausreichend Futterfläche bald das privilegierte Baurecht verlieren. Dies betrifft bzw. beträfe Ställe mit mehr als 1.500 Mastschweine-, 560 Sauen-, 30.000 Masthühner-, 600 Rinder- und 15.000 Legehennen bzw. Putenplätzen.

Rechtsanwalt Dr. Hentschke beleuchtete die erschwerte Investoren-Situation nach dem Ende der Bauprivilegierung für neue gewerbliche Tierhaltungsanlagen. Schwierig sei e auch, wenn man sich stattdessen durch den Nachweis von Futterflächen den weiterhin privilegierten Landwirtschaftsstatus verschaffen wolle. Die nachzuweisenden Flächen müssten im Sinne der "Nachhaltigkeit" eine Mindest-Restpachtlaufzeit haben, die nach alter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mindestens 18 Jahre betrage (trotz anderslautender Meinungen z.B. in Brandenburg).

Laut Frau Dr. Gabriele Wechsung (Umweltbundesamt) ist die Zahl der industriellen Tierhaltungsanlagen mit mehr als 2000 Mastschweinen, 750 Sauen oder 40.000 Geflügelplätzen allein von 2007 bis 2010 von 1382 auf 2.454 gestiegen, vor allem in Niedersachsen (42%), NRW (15%) und den ostdeutschen Bundesländern. Gleichzeitig erhöhten aber neue EU-Vorgaben die Chance, in Ställen dieser Größe die Anwendung der "besten verfügbaren Technik" zum Umweltschutz vorzuschreiben.

Auf drohende Schadenersatzklagen bei fälschlicherweise genehmigten Anlagen wies Rechtsanwalt Dr. Manfred Schröder dringlich hin. Zu prüfen sei z.B. bei aufgesplitteten Stallanlagen, ob nicht bei allen Betreibergesellschaften der gleiche Investor bestimme oder ob die von Gutachtern verwendeten Geruchs-Obergrenzen bei Häusern im Außenbereich nicht überhöht seien. Gemeinderäte dagegen hätten bei der Verweigerung ihres Einvernehmens keinen Schadenersatz zu befürchten.

Auch Volkmar Nies (Landwirtschaftskammer NRW) verwies auf Entscheidungsspielräume der Genehmigungsbehörden und Gemeinden bei der (begründeten) Abweichung bzw. Senkung von pauschalen Immissionsgrenzen. Der Zustand einer bisher weitgehend fehlenden Kontrolle darüber, ob die Investoren die bei der Genehmigung gemachten Vorgaben später wirklich einhielten, würde sich vermutlich ändern. Dies betreffe insbesondere auch die Frage, ob nach Auslaufen alter Verträge für Pachtflächen wirklich noch genügend Futterfläche für den Erhalt der landwirtschaftlichen Bauprivilegierung vorhanden sei.

Den versammelten Behördenvertretern und Gutachtern stellte Ewald Grimm (KTBL) eine neue Online-Anwendung zur Beurteilung von Geruchsimmissionen vor. Dr. Jochen Hahne (Thünen-Institut) stellte den Stand der Technik bei der Abluftreinigung dar, den er bei großen Schweineställen der Schweinehaltung als gegeben sah und bei der Geflügelhaltung als noch nicht ausreichend bewertete. Einen Merkblatt Entwurf zum Brandschutz in Großställen erläuterte abschließend Ingenieur Michael Herdt - eine befriediegende Lösung für die von den Bauordnungen verlangte Rettung der Tiere war aber auch in diesem Entwurf nicht zu erkennen.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 20.06.2013
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.
Landesverband Niedersachsen/Bremen
Pressesprecher: Eckehard Niemann
Varendorferstr. 24, 29553 Bienenbüttel
Telefon: 0151 - 11 20 16 34
E-Mail: eckehard.niemann@freenet.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juni 2013