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POLITIK/384: Echter Paradigmenwechsel in Niedersachsens Landesraumordnung (NMELV)


Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - 25. Juli 2013

"Echter Paradigmenwechsel in der Landes-Raumordnung"

Agrarminister Meyer: Raumordnungsprogramm des Landes steht vor grundlegender Neuausrichtung



HANNOVER. Das Landes-Raumordnungsprogramm (LROP) in Niedersachsen steht vor einer grundlegenden Weichenstellung. Die Landesregierung hat den Plänen des Landwirtschaftsministeriums nach Abstimmung mit den anderen Ministerien diese Woche zugestimmt. Nach der nun erfolgten Verabschiedung der Planungsabsichten im Kabinett wird jetzt unter Federführung des zuständigen Agrarministers Christian Meyer ein breiter Beteiligungsprozess in Richtung nachhaltiger Entwicklung sowie mehr Umwelt-, Natur- und Klimaschutz gestartet. "Das neue LROP soll in vielen Bereichen für einen echten Paradigmenwechsel sorgen und bedeutet auch hier die zügige Umsetzung des gemeinsamen Koalitionsvertrags", sagte Meyer am Donnerstag in Hannover.


Die wesentlichen Änderungen:

Gorleben
Gorleben wird als über die Raumordnung festgelegtes Vorranggebiet für ein atomares Endlager nach Meyers Worten "endlich gestrichen". Die Landesregierung halte den Standort für ungeeignet, daher sei die Streichung im LROP als potenzieller Endlagerstandort im Rahmen des neuen, bundesweiten Endlagersuchprozesses zwingend. "Nun sind auch andere Nutzungen des Gebiets um Gorleben möglich", sagte Meyer.

Flächensparen und Naturschutz
Außerdem wird nach Meyers Angaben wie vom Landtag gefordert die biologische Vielfalt und die Biotopvernetzung ins neue LROP aufgenommen. "Der Umwelt-, Natur- und Klimaschutz sowie die flächensparende Landesentwicklung bekommen damit einen neuen Stellenwert", sagte Meyer. Das Ziel, bundesweit bis 2020 nicht mehr als 30 Hektar Fläche pro Tag dem Freiraum zu entziehen, bedeute für Niedersachsen nicht mehr als 3 Hektar täglich - so sehe es auch der Koalitionsvertrag vor. Im neuen LROP soll nach Meyers Angaben die nachhaltige und flächensparende Innenentwicklung der Dörfer und Städte daher Vorrang bekommen; Außenentwicklung solle die Ausnahme werden. Um den Flächenverbrauch insgesamt zu begrenzen, werden laut Meyer die planerischen und ordnungsrechtlichen Möglichkeiten verbessert.

Klima- und Moorschutz
"Wie im Koalitionsvertrag vereinbart und von vielen Kommunen gewünscht, werden alle Vorranggebiete für den Torfabbau zugunsten des Klima- und Naturschutzes gestrichen", machte Agrarminister Christian Meyer deutlich. Derzeit sind im LROP ca. 45.000 Hektar Vorranggebiete (VR) für den Rohstoffabbau festgelegt, davon 21.400 Hektar für den Torfabbau. Das heißt: Knapp die Hälfte der Gebiete soll zugunsten von Natur- und Klimaschutz entfallen. Insgesamt werden damit 21.400 Hektar Vorrangflächen Torfabbau gestrichen. Weitere 17.000 Hektar sind bereits genehmigter Torfabbau, teils bis zum Jahr 2060. "Diese bestehenden Abbaurechte bleiben unangetastet", versicherte Meyer. Niedersachsen steige damit langfristig aus dem Torfabbau aus und entwickle zugleich mit dem Gartenbau eine Strategie für umweltfreundliche Torfersatzstoffe. Aus Natur- und Klimaschutzgründen sollen die verbleibenden Moorflächen (ca. 400.000 Hektar) weitgehend erhalten bleiben. Im LROP soll ein Teil dieser Moorflächen erstmals als Vorranggebiet für natürliche C02-Speicher festgelegt werden. Kriterien für die Festlegung sind die Mächtigkeit und die Entwicklungsfähigkeit der Moorkörper in Abwägung mit konkurrierenden Nutzungen.
Zurzeit stammen mehr als zwölf Prozent der niedersächsischen Treibhausgasemissionen aus der Zerstörung von Mooren aufgrund einer intensiv betriebenen Landwirtschaft oder wegen Torfabbaus. "Statt Moore zu zerstören, wird Niedersachsen als Moorland Nr. 1 die letzten fünf Prozent erhaltenen Torfkörper im Rahmen des Moorschutzprogramms des Umweltministeriums anhand wissenschaftlicher Kriterien Schritt für Schritt als wertvollen CO2-Speicher unter Schutz stellen", kündigte Meyer an. Das sei "ein erheblicher Beitrag zum Klima- und Naturschutz sowie Tourismus".

Großkraftwerke und Energiewende
Künftig sollen in den Vorranggebieten für Großkraftwerke nur noch solche Anlagen zugelassen werden, deren Wirkungsgrad mindestens 55 Prozent erreicht. Derzeit sind zwölf Vorrangstandorte für Großkraftwerke im LROP festgelegt. Auf diesen wären keine Neuanlagen unterhalb dieses Wirkungsgrades mehr möglich. Auch für die Kavernenstandorte bei Etzel soll der Ausbau begrenzt werden, um die Risiken von Bodenabsenkungen zu minimieren.

Netzausbau und Stromtrassen
Das LROP enthält alle Trassen des Stromübertragungsnetzes als Vorranggebiete "Leitungstrassen" und gibt klare Regelungen vor, wie dieses Trassennetz bei Neuplanungen raumverträglich gestaltet und weiter ausgebaut werden kann. Es gilt für den Bau von Höchstspannungsfreileitungen: Ausbau im Bestand hat Vorrang vor Neubau. Ein Neubau in schon vorhandener Trasse ist dann beabsichtigt, wenn diese geeignet, also vor allem ausreichend Siedlungsabstände möglich sind. Hinzu kommt eine Prüfung der möglichen Trassenalternativen durch Raumordnungsverfahren (ROV) und Festlegung der gefundenen raumverträglichen Lösung als Vorranggebiet "Leitungstrassen" im LROP. Auch die Trassen für die raumverträgliche Anbindung der Offshore-Windparks an das Übertragungsnetz werden in ROV ermittelt und im LROP festgelegt. Dafür wird derzeit ein dritter Korridor geprüft; das Ergebnis soll in das LROP einfließen. Ziel der Landesregierung ist dabei laut Koalitionsvertrag "alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um einen möglichst hohen Anteil von Erdverkabelung gegenüber oberirdischen Stromleitungen zu erzielen"

Beim Landes-Raumordnungsprogramm handelt es sich um eine verbindliche Vorgabe für Planungen und Maßnahmen, die aus Landessicht der frühzeitigen Koordinierung der Planungsansprüche bedürfen. Den dort festgelegten Zielen und Grundsätzen der Raumordnung geht ein umfangreiches Abstimmungs- und Beteiligungsverfahren voraus, das mit der Veröffentlichung der allgemeinen Planungsabsichten nun förmlich eingeleitet wird. Aufgerufen zu Stellungnahmen werden neben den kommunalen Stellen alle betroffenen öffentlichen Planungsträger sowie alle Bürgerinnen und Bürger Niedersachsens. In den nächsten Wochen wird auf Grundlage des Kabinettsbeschlusses das offene Beteiligungsverfahren zu den Planungsabsichten eingeleitet. Anfang November wird auf einem Fachkongress der Stand der Vorhaben näher erläutert. Ende 2013 befasst sich das Kabinett erneut mit der LROP-Aktualisierung, Mitte nächsten Jahres dann der Landtag. Voraussichtlich Ende 2014 ist das Verfahren nach umfangreichen Beteiligungsmöglichkeiten rechtskräftig abgeschlossen. "Ich hoffe sehr und freue mich darauf, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger sowie die Verbände und Kommunen sich am Verfahren beteiligen", sagte Raumordnungsminister Christian Meyer. "Nur so kann Niedersachsen das Wissen und die Erfahrungen aller einsetzen und eine neue, nachhaltige Qualität in der Landesraumordnung entwickeln". Er setze sich deshalb auch dafür ein, die bestehenden e-government-Verfahren auszubauen. Zusätzlich Informationen zum aktuellen Verfahren hält übrigens auch die Internetseite www.LROP-online.de bereit.

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Quelle:
Pressemitteilung, 25.07.2013
Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft,
Verbraucherschutz und Landesentwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juli 2013