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RECHT/066: EU-Gerichtshof - Vermarktungsverbot für Saatgut vor dem Aus? (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände
EU-Koordination

EU-News - Mittwoch, 08. Februar 2012 / Landwirtschaft & Gentechnik

Vermarktungsverbot für Saatgut vor dem Aus?


Die Generalanwältin beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Juliane Kokott hat im Januar dafür plädiert, das Vermarktungsverbot für Saatgut von Pflanzensorten aufzuheben, die nicht offiziell registriert sind. Die Kampagne "Zukunft säen - Vielfalt ernten" und die österreichische Berg- und Kleinbäuerinnenvereinigung Via Campesina hoffen nun auf ein Grundsatzurteil zum Nutzen der Artenvielfalt.

Wenn der EuGH diesem Schlussantrag folgt, was oft der Fall ist, würden entsprechende Regelungen im europäischen Saatgutrecht ungültig. Die EU-Richtlinien für Saatgut und die Umsetzung dieser Richtlinien durch die Mitgliedstaaten müssten überarbeitet werden. Die Generalanwältin begründete ihr Votum für die Aufhebung des Verbots damit, dass es die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der unternehmerischen Freiheit, der Freiheit des Warenverkehrs sowie der Gleichbehandlung verletzt. Das Verbot ist in der EU-Gesetzgebung als auch im nationalen Recht Frankreichs verankert. Zudem verweist Kokott auf die Bedeutung der Agrobiodiversität und die Gefahr der Zerstörung dieser Vielfalt durch die Dominanz des industriellen Saatgutes. "Die Beschränkung der Landwirte auf zugelassene Sorten reduziert schließlich die genetische Vielfalt auf den europäischen Feldern", sagte die Generalanwältin.

Die Saatgut-Kampagne und Via Campesina bezeichneten den Schlussantrag der Generalanwältin als "sehr erfreuliches Ergebnis für alle Initiativen und Betriebe, die sich der Erhaltung alter Pflanzensorten, ihrer Weiterentwicklung und der Verbreitung von Saatgut dieser Sorten widmen." Den Rechtsstreit hatte das französische Netzwerk zur Saatgut-Erhaltung Kokopelli initiiert, nachdem es wegen des Vertriebes solcher nicht eingetragener Sorten zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro und Unterlassung verurteilt worden war. Gegen Kokopelli hatten auch der Rat und die Kommission der EU sowie die Regierungen Frankreichs und Spaniens Partei ergriffen. [mbu]


Plädoyer der Generalanwältin
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=118143&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=66802

"Zukunft Säen - Vielfalt ernten"
http://www.saatgutkampagne.org/

ÖBV-Via Campesina
http://www.viacampesina.at/cms/index.php


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Quelle:
EU-News, 08.02.2012
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Februar 2012