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MASSNAHMEN/125: Gewässerschutz - Von der Quelle bis zur Mündung (BUNDmagazin)


BUNDmagazin - 2/2009
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany

Gewässerschutz

Von der Quelle bis zur Mündung


Jahrzehntelang wurden Europas Flüsse wenig nachhaltig genutzt. Ihren heute oft bedenklich naturfernen Zustand soll die Wasserrahmenrichtlinie bis 2015 gründlich verbessern. Welche Fortschritte gibt es beim Gewässerschutz?

Flüsse, Seen, Küstengewässer und Grundwasser - alles Wasser soll bis zum Jahr 2015 in einem guten Zustand sein. Dieses wahrlich anspruchsvolle Ziel haben die EU-Mitgliedsstaaten im Jahr 2000 vereinbart. Mit der Rahmenrichtlinie schickten sie mehr als ein Dutzend verschiedener Wasser-Richtlinien in Rente. Die neue Richtlinie war ein großer Wurf: Die Gewässer sollten nicht mehr nach administrativen Grenzen bewirtschaftet werden, sondern nach ihrem Einzugsgebiet. Vorgesehen sind EU-weit einheitliche ökologische Gütekriterien, klare Fristen und biologische Kontrollen. Qualitätsziele sind das weitgehend natürliche Vorkommen von Pflanzen und Fischen in den Gewässern; die Durchgängigkeit von Bächen und Flüssen für alle Lebewesen; naturbelassene Uferzonen sowie Schadstoffkonzentrationen unterhalb der Grenzwerte. Zudem gilt: Der heutige Zustand unserer Gewässer darf bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr verschlechtert werden.

Konsequent umgesetzt, bietet die Richtlinie die Chance, den Zustand unserer Gewässer deutlich zu verbessern. Wasser soll nur noch so genutzt und angeboten werden, dass auch künftig genug sauberes Wasser verfügbar ist. Wie wir die Chance, für alle Gewässer bis 2015 einen guten Zustand zu erreichen, europaweit nutzen können, und was dem BUND dabei besonders wichtig ist, ist in der Broschüre "Europas Gewässer am Scheideweg" nachzulesen.


Unzureichend koordiniert

Ende 2004 ergab eine erste biologische Bestandsaufnahme: Über 60 Prozent unserer Gewässer befinden sich in keinem guten Zustand. Spätestens jetzt wurde klar: Um dies zu ändern, müssen wir uns enorm anstrengen! Was aber wurde bisher unternommen, um die Ziellinie 2015 tatsächlich zu erreichen?

Anfangs gab es Vorschläge, die Verwaltungen der Wasserwirtschaft nach französischem Vorbild an die Einzugsgebiete anzupassen und das Verursacherprinzip einzuführen (wie in der Richtlinie vorgesehen), um Gewässersanierungen auch bezahlen zu können. Doch nichts davon passierte. Die Bundesländer stimmen zwar in Flussgebietsgemeinschaften und internationalen Kommissionen zum Schutz der Flüsse ein weitgehend gemeinsames Vorgehen ab. Doch die Umsetzung der Richtlinie gehen sie ganz verschieden an: von der Bestandsaufnahme mit uneinheitlicher Datenbasis über die Gewässereinstufung und die Ausweisung völlig unterschiedlicher Wasserkörper bis zu den Bewirtschaftungsplänen und Maßnahmenprogrammen. Diese liegen derzeit im Entwurf vor und müssen nach der öffentlichen Beteiligung bis Ende 2009 verabschiedet werden. Einige Länder haben eigene Pläne und Programme erstellt, andere verweisen auf die Flussgebietsgemeinschaften. Kaum ein Bundesland hat die nötigen Maßnahmen für einen guten Gewässerzustand so dokumentiert, dass überhaupt deutlich wird, wo und in welchem Umfang etwas getan werden soll.


Ziel verfehlt

Das alles ginge vielleicht als lebendiger Föderalismus durch, würde denn das Ziel - nämlich ein guter Gewässerzustand bis 2015 - wenigstens angepeilt. Doch das ist kaum zu erwarten. Nach den vorliegenden Plänen wird mehr als jedes zweite deutsche Gewässer in sechs Jahren keinen "guten Zustand" aufweisen. Niedersachsen etwa hat 84 Prozent seiner Gewässer als "erheblich verändert" eingestuft - um schwächere Umweltziele zu begründen, wie das nur für Ausnahmefälle gedacht war. Im Elbegebiet ist derzeit gerade ein Zehntel der Fließgewässer "gut"; nur fünf weitere Prozent sollen hier bis 2015 das Ziel der Richtlinie erreichen!

Dabei wurden in der Bestandsaufnahme und in den Bewirtschaftungsplänen die bekannten Probleme (z.B. diffuse Einträge aus der Landwirtschaft) meist richtig benannt. Aber es fehlt am Geld und am politischen Willen, hier effektiv gegenzusteuern. Daher sind die geplanten Maßnahmen oft ungeeignet, um die Probleme zu beseitigen oder wenigstens zu minimieren. Die Folge: hohe Stoffbelastung unserer Flüsse, teure Wasseraufbereitung, Badeverbote, fehlende Lebensräume für Flussregenpfeifer und Biber sowie kaum durchgängige Flüsse für Aal, Lachs oder Meerforelle.

Gerade die Umweltverbände sind nun gefragt, den nötigen Schutz unserer Gewässer öffentlich zu fordern. Die Rahmenrichtlinie sieht unsere direkte Beteiligung vor. Zentrales Instrument ist der seit Dezember 2008 öffentliche Entwurf des Bewirtschaftungsplans. Noch bis Juni können wir auf Ebene der Flussgebiete und der Bundesländer Stellung beziehen und Verbesserungen anmahnen. Wie das geht, erläutert der BUND in einer Handreichung unter www.bund.net/wasser


Der BUND kämpft für die Donau

Auf etwa 70 km Länge, zwischen Straubing und Vilshofen, fließt Europas zweitgrößter Fluss, die Donau, frei dahin, seine Aue "atmet" noch im Takt von Hoch- und Niedrigwasser. Hier liegt das 800 Hektar große Auenreservat "Isarmündung". Und hier leben etwa 50 Fischarten, die teilweise - wie die Donaubarsche Zingel, Streber und Schrätzer - nur im ungestauten Teil der Donau vorkommen. Fluss und Aue werden von etwa 140 Muschel- und Schneckenarten besiedelt - einmalig für ein mitteleuropäisches Auengebiet. Diese Vielfalt war bisher durch eine Staustufe bedroht, wie sie vor allem die alleinregierende CSU lange forderte. Der Bund Naturschutz und die betroffene Region wehrten sich jahrzehntelang phantasievoll gegen den Ausbau, mit Kanudemos und Festen - oder dem Vorschlag, die freie Donau als Weltnaturerbe anzumelden. Mit Erfolg: Seitdem die CSU mit der FDP koalieren muss, ist die Staustufe vom Tisch.


...die Elbe

An der Elbe setzt sich der BUND dafür ein, Deiche zu verlegen (wie in Lenzen) und die Aue zu renaturieren (wie an der Alten Elbe in Magdeburg). Statt massiver Steinschüttungen und Buhnen, welche die problematische Eintiefung des Flusses verschärfen, sollten zurückgesetzte Deiche eine natürliche Flussdynamik ermöglichen. Die Baumaßnahmen für eine ganzjährig 1,60 Meter tiefe Fahrrinne sind ökonomisch unsinnig und ökologisch katastrophal. Der BUND plädiert dafür, mittels alternativer Transportmöglichkeiten eine natürliche Entwicklung der Elbe zuzulassen.


...den Rhein

Zudem engagiert sich der BUND für einen durchgängigen und weniger wärmebelasteten Rhein. Allein mit der ungenutzten Abwärme, die per Kühlwasser in den Rhein gelangt, könnte eine Großstadt ständig versorgt werden. Der BUND hat hierzu ein Gutachten in Auftrag gegeben und fordert einen "Wärmelastplan" für den gesamten Rhein. Schon jetzt hat der Mensch seine Wassertemperatur um 5°C erhöht - Fische wie die Bachforelle verlieren dadurch riesige Lebensräume.


...und die Werra

Im Projekt "Lebendige Werra" hat sich der BUND für Renaturierungen und gegen die Versalzung von Werra und Weser eingesetzt. Gemeinsam mit Verbündeten haben wir erreicht, dass kein weiteres Salzabwasser in der Gerstunger Mulde verpresst wird. Auch in Hessen steht die nicht nur für das Trinkwasser gefährliche Salzwasserverklappung im Untergrund vor dem Aus.

Der Autor
Stephan Gunkel ist der Experte des BUND für Gewässerpolitik.


Seit 2004 veranstaltet der BUND gemeinsam mit anderen ein bundesweites WRRL-Forum - für Interessierte aus Behörden, Umweltverbänden, Ingenieurbüros etc. Gerne stellen wir Ihnen eine CD mit den bisherigen Fachvorträgen (als pdf-Dateien) zur Verfügung. Kontakt: stephan.gunkel@bund.net

Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
• Die Mulde nördlich von Leipzig. Ein lebendiger Flusslauf prägt die Aue. Wären da nicht die Altlasten aus der Chemieindustrie...
• Schubverband auf einem Kanal in Odergebiet. Spundwände und naturferne Ufer sind typisch für "erheblich veränderte" Gewässer.


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Quelle:
BUNDmagazin 2/2009
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
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Das BUNDmagazin ist die Mitgliederzeitschrift
des BUND und erscheint viermal im Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juli 2009