Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → LEBENSRÄUME


SCHUTZGEBIET/882: Monumental geschützt - Das Grüne Band (BUND MAGAZIN)


BUND MAGAZIN - 3/2019
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany

von Liona Geidezis und Kai Frobel


30. Geburtstag feiert das Grüne Band zum Ende dieses Jahres. Die Jubiläumsbilanz kann sich sehen lassen. Der BUND hat daran großen Anteil.

Vogelgezwitscher, Bienensummen, Bachgesprudel, dazu der Geruch von frischem Gras. Andernorts schon verschwundene oder bedrohte Tiere und Pflanzen tummeln sich in blühenden Wiesen, glitzernden Fließen und vielfältigen Wäldern. Ein ganzer Fächer seltener Lebensräume entfaltet sich zu einem hochkarätigen Naturerbe, dem Grünen Band an der ehemals innerdeutschen Grenze.

Den 30. Geburtstag feiert das Grüne Band in guter Verfassung: politisch akzeptiert, administrativ getragen, institutionell verankert und ökologisch weitgehend in Schuss. Gegen den verbreiteten Reflex der Nachwende-Zeit, die Grenze auszuradieren, brachte vor allem der BUND eine bessere Idee auf den Weg: Aus dem Todesstreifen sollte eine Lebenslinie der Erinnerung werden. Ein modellhafter Verbund von Lebensräumen. Und ein Denkmal für die Einheit Europas, das überdies Perspektiven für einen naturnahen Tourismus schafft.

Heute gilt diese Idee als anerkannt. Das Grüne Band präsentiert sich als eines der bedeutendsten und komplexesten Naturschutzprojekte Deutschlands.

Lücken schliessen

Doch nur gut zwei Drittel des 177 Quadratkilometer großen Grünen Bandes stehen bisher unter effektivem Schutz. Rund ein Achtel wird derzeit noch intensiv beackert. Dies schränkt die Funktion des knapp 1400 Kilometer langen Biotopverbundes deutlich ein. Wer geht schon gerne über eine Holzbrücke, bei der so manche Bohle fehlt - oder auch mal zwei oder drei hintereinander? Noch zählen wir 26 markante Lücken, insgesamt etwa 170 Kilometer lang.

Diese Lücken zu schließen, darum bemüht sich der BUND mit viel Einsatz, Geld und Geduld (und gefördert vom Bundesprogramm Biologische Vielfalt). Wir überzeugen Menschen, ihr Grundeigentum naturverträglich zu nutzen, zum Beispiel auf großer Fläche von robusten Rindern beweiden zu lassen. Oder wir bewegen sie zum Verkauf oder Flächentausch. Seit dem Jahr 2000 konnte der BUND mit eigenen Ankäufen und dank vieler Spender*innen über tausend Hektar erwerben. So tragen wir erfolgreich dazu bei, die Lebensräume besser zu verbinden.

Naturmonument ...

Immer ist sich der BUND aber auch seiner Verantwortung für einen sensiblen Umgang mit der Geschichte bewusst. Dies belegen unsere vielen Projekte und Kooperationen mit den Grenzlandmuseen. Ohne das Grüne Band wäre so manches Relikt längst verschwunden. Unser Angebot von Führungen und Grenzwanderungen und die physische Unmittelbarkeit des Grünen Bandes haben unzählige - gerade junge - Menschen für die historische Dimension der deutschen Teilung und die Tragik der Grenzopfer sensibilisiert. Das Grüne Band ist damit kein Gleichnis für Trennung, sondern Ausdruck einer Symbiose von Naturschutz und Erinnerungskultur.

Die Dimensionen Ökologie und Geschichte verleihen dem Biotopverbund Grünes Band das, was man im Marketing ein »Alleinstellungsmerkmal« nennt. Im November 2018 wies Thüringen als erstes Bundesland seine gesamten 763 Kilometer am Grünen Band als Nationales Naturmonument aus. Diese neue Schutzkategorie bezieht auch kulturhistorisch-landeskundliche Aspekte mit ein. Sachsen-Anhalt mit dem zweitlängsten Anteil aller Anrainer - 343 Kilometer - will diesem Beispiel noch im Jubiläumsjahr 2019 folgen. Besonders erfreulich: Erstmals entwickeln westlich angrenzende Bundesländer wie Hessen und Bayern ebenfalls Pläne für ein räumlich abgegrenztes Grünes Band. Denn auch hier existieren wertvolle Lebensräume und kulturhistorische Anlagen. Hessen plant gar die Ausweisung als Nationales Naturmonument.

... und Welterbe?

Dass diese Schutzkategorie in Deutschland umgesetzt wird, ist auch ein starkes Signal für das Grüne Band Europa. Die Motive und Gründe gelten nämlich genauso im größeren europäischen Maßstab. Sie beflügeln die Nominierung des Grünen Bandes als UNESCO-Welterbe - in den Kategorien Natur und Kultur.

Der Dauereinsatz des BUND darf nicht nachlassen: Wir müssen die Lücken schließen, die Defizite bei der Pflege der Lebensräume angehen und dafür sorgen, dass jegliche Nutzung endet, die dem Naturschutz zuwiderläuft. Die Ausweisung als Naturmonument muss auch in den übrigen Bundesländern erfolgen. Zudem wollen wir in die Breite gehen und das Grüne Band künftig mit angrenzenden Lebensräumen in West und Ost verbinden.

Liana Geidezis, leitet den BUND-Fachbereich Grünes Band.
Kai Frobel, Vater des Grünen Bands.


info
MEHR ZUM THEMA
www.bund.net/gruenes-band

*

Quelle:
BUND MAGAZIN 3/2019, Seite 10 - 11
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Tel. 030/27586-457, Fax. 030/27586-440
E-Mail: redaktion@bund.net
Internet: www.bund.net/bundmagazin
 
Das BUNDmagazin ist die Mitgliederzeitschrift
des BUND und erscheint viermal im Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Oktober 2019

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang