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LAIRE/068: Giftmüll läßt sich exportieren - der Globalisierung sei Dank (SB)


So macht die Globalisierung richtig Spaß!

Die Industriestaaten verschenken generös ihren Giftmüll an die Länder des Südens


Einer der enormen Vorzüge der Globalisierung besteht darin, daß der Norden seine Giftabfälle bequem im Süden entsorgen kann. Die Armutsländer nehmen die gesundheitsgefährdenden Substanzen gerne auf, weil das ihre Wirtschaft stärkt. Zudem fällt der Unterschied zwischen einem Leben in erbärmlichen Verhältnissen und einem Leben in erbärmlichen Verhältnissen, die zusätzlich mit Cadmium, Asbest, Dioxin, PCBs und anderen Umweltschadstoffen belastet sind, angesichts der sowieso kurzen Lebenserwartung der Menschen des Südens nicht sonderlich ins Gewicht. Und wenn es um die Bekämpfung der Überbevölkerung geht, lassen sich nur wenige Szenarien denken, die wirksamer sind als die schleichende bis offene Vergiftung des Lebensraums marginaler Regionen.

Darüber hinaus ist zu bedenken, daß die Strände in Europa intensiv von Urlaubern genutzt werden. In Afrika hingegen liegen sie weitgehend brach, was völlig sinnlos ist. Deshalb kann man es mit Fug und Recht als Ausdruck der Freiheit bezeichnen, wenn sich nun auf einem Teil der westafrikanischen Strände in Ballen gepreßter Müll aus dem Norden stapelt. Daran stört sich niemand, und der eine oder andere Passant ist überglücklich darüber, sich etwas Brauchbares aus den Haufen klauben zu dürfen.

Ganz und gar unangebracht ist die Kritik miesepetriger somalischer Muselmanen, die behaupten, Reeder aus den Industriestaaten ließen vor der Küste am Horn von Afrika Fässer mit Strahlenstoffen oder gefährlichen chemischen Substanzen über Bord werfen. Erstens handelt es sich um unbedeutende Mengen verglichen mit der in den Wohlstandsländern produzierten Menge an Giftmüll, zweitens haben die Einheimischen auch was davon. Die Fässer sind in diesen ariden und semiariden Regionen begehrtes Strandgut, läßt sich darin doch vortrefflich Trinkwasser aufbewahren - als Reserve für die nächste Trockenperiode.

Politiker reden gern davon, die Computerisierung in Afrika voranbringen zu wollen, damit der Kontinent nicht den Anschluß an die Globalisierung verpaßt. Offenbar wissen sie nicht, daß längst ein reger Export von Computern nach Afrika stattfindet. Dort lernen die Kinder die Rechenmaschinen von der Pieke auf kennen, indem sie sie auseinanderschrauben und die Einzelteile nach Materialsorten trennen. Dabei erweitern die Kinder laufend ihren Horizont, da sie die unterschiedlichsten Rechnerarten kennenlernen. Das fördert das Verständnis für diese Technologie und kommt zugleich dem Spieltrieb der Kinder entgegen, die an den geheimnisvollen, bunten Innereien der Computer ihre Freude haben.

Sicherlich, man müßte die Bangladeshis nicht dafür einspannen, daß sie Schiffe aus den Industriestaaten abwracken und dabei mit toxischen Substanzen hantieren. Bitte schön, wer solche Einwände hegt, soll den Tausenden verarmten Menschen gefälligst einen anderen Job verschaffen. Außerdem fördert das Abwracken den Familienzusammenhalt, dürfen doch nicht selten Minderjährige ihren Vätern bei der Arbeit helfen und können dadurch sogar ein paar Takas im Monat dazuverdienen.

Solche Win-win-Geschäftsverhältnisse zwischen dem Norden und dem Süden sind die Crux der Globalisierung. Wir leben in EINER Welt. Damit diese Ordnung gewahrt bleibt, allen umstürzlerischen Versuchen zum Trotz, lohnt es sich zu kämpfen ... und den Kapitalismus neu zu erfinden, wie es der französische Präsident Nicolas Sarkozy vor wenigen Tagen gefordert hat. Die alte Weltordnung schmückt sich mit einem neuen Gewand.

24. Oktober 2008