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OFFENER BRIEF/002: An Ministerpräsident Sellering zum Thema Castor-Transporte nach Lubmin (Hans Fricke)


Offener Brief an Ministerpräsident Erwin Sellering zum Thema Castor-Transporte nach Lubmin

Von Hans Fricke, 14. November 2010


Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Sellering,

in Auswertung der Ereignisse beim jüngsten Castor-Transport nach Gorleben und angesichts des noch vor Weihnachten geplanten Transportes von Atom-Müll durch unser Bundesland nach Lubmin habe ich, ein besorgter Einwohner Mecklenburg-Vorpommerns, meinen Standpunkt und meinen Protest gegen den jüngsten Deal zwischen der Bundesregierung und der Atomindustrie formuliert (siehe: Anhang)(*).

Wie Sie, Herr Ministerpräsident, der die Dinge gern beim Namen nennt (z.B. Forderung nach Umgang mit uns Ostdeutschen auf Augenhöhe), wofür ich Ihnen schon einige Male meinen Respekt versichert habe, kommt es auch mir darauf an, meine persönliche Sicht der verfehlten Atom- und Energie-Politik der Bundesregierung und ihrer Folgen ohne Wenn und Aber darzulegen.

Wie ich heute im Radio hörte, wird sich unser Landtag am kommenden Mittwoch mit dem Castor-Transport nach Lubmin beschäftigen, der, wenn ich richtig verstanden habe, entgegen bisheriger Festlegungen auch Atom-Müll aus westdeutschen Forschungseinrichtungen umfassen soll. Wenn dem so ist, wären wir auf dem besten Wege, aus Lubmin ein "Atom-Clo" Deutschlands machen zu lassen. Eine Entwicklung, mit der die Einwohner unseres Bundeslandes und ihre von Jahr zu Jahr mehr werdenden Gäste auf keinen Fall einverstanden wären.

Bisherigen Meinungsäußerungen einzelner Politiker unseres Landes glaube ich entnehmen zu können, dass sie der sich anbahnenden Entwicklung insofern fatalistisch gegenüberstehen, als sie unter Hinweis auf das Entscheidungsrecht der Bundesregierung in diesen Fragen meinen, "doch nichts dagegen tun zu können".

Ich persönlich stehe dagegen auf dem Standpunkt, unser Landtag und unsere Landesregierung dürfen sich im Lebensinteresse unserer Bürger und der vielen nachfolgenden Generationen, die darunter zu leiden hätten, nicht darauf beschränken, offenkundig abenteuerliche Pläne der Bundesregierung und der Atomindustrie widerstandslos durchzuwinken. Dazu haben wir sie nicht gewählt !

Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass sich unser Landtag über Parteiengrenzen hinweg geschlossen gegen die Einlagerung von westdeutschem Atom-Müll in Lubmin stark macht und dass sich Abgeordnete und Mitglieder der Landesregierung in persönlichen Erklärungen öffentlich zur verfehlten Atom- und Energiepolitik der Bundesregierung positionieren. Es wird für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes bei der nächsten Wahl von großem Interesse sein, zu wissen, welche Abgeordneten und Politiker einer Verlängerung der Laufzeiten von AKW um im Durchschnitt zwölf Jahre und damit der Aufkündigung des sogenannten Atom-Konsens mit allen sich daraus ergebenden Folgen zugestimmt und welche sich, ihrer persönlichen Verantwortung eingedenk, verweigert haben.

Abschließend gebe ich der Hoffnung Ausdruck, dass Sie persönlich, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, und der Herr Innenminister unseres Landes alles in Ihrer Macht stehende tun werden, um beim Castor-Transport durch unser schönes Land uns und der Welt Bilder wie die vom Einsatz der Polizei gegen Demonstranten in Stuttgart und am 7. November an der Bahnstrecke kurz vor der Endstation des Castor-Transportes in Dannenberg zu ersparen. Bitte erlauben Sie mir, Ihnen den beigefügte Anhang zur Kenntnis zu geben.

Mit freundlichen Grüßen
Hans Fricke (79)


(*) Anmerkung der Schattenblick-Redaktion:

zu finden unter www.schattenblick.de → Infopool → Umwelt → Meinungen
STANDPUNKT/030: Atom-Lüge - Atom-Deal (Hans Fricke)


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Quelle:
© 2010 Hans Fricke
mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2010