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STANDPUNKT/059: Mehr Klimaschutz statt medialer Show (NaturFreunde)


NaturFreunde Deutschlands - 18. Februar 2011

Mehr Klimaschutz statt medialer Show

Obwohl sich die Alarmsignale mehren, bleibt die Erderwärmung nur ein Modethema


Berlin, 18. Februar 2011 - "Der Klimawandel wird immer noch so behandelt, als ob er nur ein mediales Ereignis sei, das eigentlich niemanden betrifft. So ist es aber nicht", erklärt Michael Müller, Bundesvorsitzender der NaturFreunde Deutschlands und ehemaliger Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Müller ruft zu einer schnelleren und signifikanteren Reduktion von Treibhausgasen auf und empfiehlt die Einführung einer Kohlendioxid-Steuer.

Im Sommer 2010 schlug die Natur mit aller Härte zurück: gewaltige Überschwemmungen in Pakistan, brennende Wälder in Russland, extreme Kälte in den Andenstaaten, Hochwasser in Mitteleuropa. Die Extremereignisse kommen immer häufiger, zuletzt stand Australiens Bundesstaat Queensland unter Wasser, während der Nordwesten des Landes von Hitzewellen verbrannt wurde und in Brasilien litten ganze Landstriche unter Schlamm- und Wasserwellen.

Die globale Öffentlichkeit zeigt sich entsetzt, doch kaum werden die spektakulären Bilder durch andere abgelöst, erstirbt die Debatte. Dabei ist allein schon die Häufung der Extremereignisse alarmierend und ein weiterer Hinweis auf den längerfristigen Trend des dramatischen Klimawandels. Es bleibt nur noch wenig Zeit, um eine Katastrophe abzuwenden, immerhin hat die menschgemachte Erderwärmung einen langen Bremsweg. Doch der Klimawandel wird immer noch so behandelt, als ob er nur ein mediales Ereignis sei, das eigentlich niemanden betrifft. So ist es aber nicht.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten hatte Deutschland eine internationale "Führungsrolle" beim Klimaschutz eingenommen. Zwar beruht Deutschlands Erfolg bei der Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen auch auf dem Zusammenbruch der DDR-Industrie. Doch mehr noch haben politische Initiativen wie etwa das Erneuerbare-Energien-Gesetz für internationale Anerkennung der deutschen Klimaschutz-Bemühungen gesorgt.

Das ist vorbei. Weder hat der deutsche Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) die Wetterextreme als bestätigende Begründung genutzt, für mehr und konsequenten Klimaschutz einzutreten. Auch auf der Weltklimakonferenz im mexikanischen Cancún spielte Röttgen nur eine bescheidende Rolle. Nichts war beispielsweise zu hören vom groß angekündigten Ziel, die klimaschädlichen Kohlendioxid-Emissionen in der EU um 30 Prozent bis zum Jahr 2050 zu reduzieren. Auch begründet der Bundesumweltminister die Notwendigkeit von mehr Klimaschutz zuerst mit einem positiven Effekt für die heimische Wirtschaft. Kann dies das zentrale Argument sein? Mehr Klimaschutz ist zuerst im Interesse von Mensch und Natur notwendig.

Australien, dessen wirtschaftliche Kraft auch auf billiger Kohle beruhte, will nun Konsequenzen ziehen und eine Steuer auf Kohlendioxid einführen. Lange gehörte das Land zu den Bremsern in der internationalen Klimapolitik. Doch jetzt handelt es engagiert, während die Rolle der EU immer kraftloser wird.

Die Steuer auf Kohlendioxid, die ursprünglich auch die Klima-Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages wollte, ist wirksam und unbürokratisch. Zudem ist sie dem Emissionshandel, der sich über die UN-Klimaverhandlungen in Europa durchsetzen konnte, deutlich überlegen. Denn eine derartige Steuer kann auch in den Bereichen eingesetzt werden, die heute vom Emissionshandel ausgenommen sind, etwa dem Verkehrssektor.

Der Prozess der Erderwärmung muss endlich ernst genommen werden. Er ist keine mediale Show, sondern betrifft direkt unsere Lebensgrundlagen. Die Emission von Treibhausgasen muss schneller und signifikanter reduziert werden. Wir dürfen mit weiteren Anstrengungen nicht warten, bis etwa 2013 der nächste Sachstandsbericht des IPCC kommt oder bis auch unser Land den Klimawandel in aller Härte spürt.


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Quelle:
Presseinformation vom 18.02.2011
Herausgeber: NaturFreunde Deutschlands
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Februar 2011