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STANDPUNKT/907: Worten Taten folgen lassen - Euratom-Vertrag ändern (NABU NRW)


NABU Landesverband Nordrhein-Westfalen - 21. Februar 2017

Euratom-Vertrag muss dringend geändert werden

NABU NRW begrüßt Protest des Europaabgeordneten Elmar Brok gegen das belgische Atomkraftwerk Tihange | Tumbrinck: "Brok und das Europaparlament sollten Worten auch Taten folgen lassen!"


PM des NABU NRW zum "Offenen Brief" an den CDU-Europaabgeordneten Elmar Brok, 21.02.2017

Düsseldorf/Aachen/Straßburg - Der NABU Nordrhein-Westfalen hat den Protest des nordrhein-westfälischen Europaabgeordneten Elmar Brok (CDU) gegen den belgischen Schrottreaktor Tihange begrüßt und ihn aufgefordert, im Europaparlament (EP) endlich Schritte zur Änderung des Euratom-Vertrages einzuleiten. Da Großbritannien im Zuge des Brexit auch aus dem Euratom-Vertrag aussteigen wolle, biete sich jetzt die historische Chance, diesen seit 60 Jahren unverändert bestehenden Vertrag endlich zu ändern.

Brok hatte bei seiner Karnevalsrede am 11. Februar in Aachen bei der Verleihung des "Orden wider den tierischen Ernst" an Belgien appelliert, das AKW Tihange abzuschalten und zum Schluss seiner Rede ein Plakat "Stop Tihange!" entrollt. Belgien steht wegen der Laufzeitverlängerung des Reaktorblocks Tihange 1 und insbesondere des Weiterbetriebs des Reaktors Tihange 2 trotz schwerwiegender Sicherheitsmängel seit Jahren in der Kritik. Das AKW Tihange mit insgesamt drei Reaktoren liegt nur etwa 60 Kilometer von Aachen entfernt. Die Städteregion Aachen hat, inzwischen unterstützt von grenznahen Kommunen in den Niederlanden und Luxemburg, mehrere Klagen bei belgischen Gerichten gegen Tihange eingereicht.

NABU-Vorsitzender Josef Tumbrinck weist in seinem Schreiben an Brok aber darauf hin, dass die Entscheidung zur Abschaltung nach dem Euratom-Vertrag von 1957 alleine den Mitgliedstaaten zusteht. Tumbrinck wörtlich: "Wir würden es daher begrüßen, frei nach dem Motto `Taten statt Worte‹, wenn Sie und Ihre Fraktion sich im EP für entsprechende Änderungen im Euratom-Vertrag einsetzen würden".

Weiter heißt es in dem Schreiben: "Wie Sie wissen, stand der Euratom-Vertrag immer wieder in der Kritik, da er die ausschließliche Entscheidungssouveränität der Mitgliedstaaten festschreibt, und noch nicht einmal nach Fukushima mehr Kontrollbefugnisse auf die EU-Kommission oder Mitspracherechte für benachbarte Mitgliedstaaten durchgesetzt werden konnten. Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel seinerzeit eingesetzte Ethikkommission unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Töpfer hat daher bereits im Mai 2011 empfohlen, den Euratom-Vertrag zu ändern. Passiert ist, bis heute, nichts, und die Folgen eines Atomunfalls in Tihange wird überwiegend die in der vorherrschenden Westwindrichtung liegende Region Aachen tragen müssen."

Der NABU-Vorsitzende weist in seinem Schreiben auch darauf hin, dass gerade in letzter Zeit einzelne Mitgliedstaaten planen, die Laufzeit von Atomreaktoren weit über die technisch vertretbare und geplante Frist zu verlängern. Dies berge erhebliche Risiken auch für grenznahe Nachbar-Regionen, wie im vorliegenden Fall bei den AKW Tihange und Doel in Belgien, aber auch bei Anlagen wie Cattenom in Frankreich, Temelin in Tschechien und anderen älteren AKW, die ihre Laufzeit längst erreicht oder schon überschritten hätten.

Daher fordert er Brok auch auf, sich für eine Novellierung der UVP-Richtlinie einzusetzen. "Da die Laufzeitverlängerung oder das Wieder-Anfahren einzelner Reaktoren nicht als UVP-pflichtige Vorhaben in den Anhängen der UVP-Richtlinie (letzte Novelle 2013) aufgelistet sind, haben benachbarte Mitgliedstaaten und ihre betroffenen Regionen noch nicht einmal hier Mitwirkungsmöglichkeiten", weist Tumbrinck auf die geltende Rechtslage hin.

Abschließend regt der NABU an, diese Forderungen auch in die derzeit diskutierten Konzepte für die Weiterentwicklung der EU einfließen zu lassen, an denen Elmar Brok als einer der dienstältesten und erfahrensten deutschen Europaabgeordneten maßgeblich beteiligt ist. "Der NABU, und sicherlich alle Menschen der Region Aachen, hoffen auf Ihre Unterstützung!", so Tumbrinck abschließend.



Weitere Informationen unter:

https://nrw.nabu.de/news/2016/20206.html

https://www.euractiv.de/section/eu-innenpolitik/interview/brusseler-gesprache-uber-nukleare-sicherheit-gehen-aachen-nicht-weit-genug/

http://www.euractiv.de/section/energie-und-klimaschutz/news/mayr-die-brucke-schnellstens-abreissen/

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 8/2017, 21.02.2017
NABU Nordrhein-Westfalen
Völklinger Straße 7-9, 40219 Düsseldorf
Tel.: 0211/15 92 51-14, Fax: 0211/15 92 51-15
E-Mail: Presse@NABU-nrw.de
Internet: www.nabu-nrw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2017

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